Niedersachsen klar Logo

Niedersächsisches Gefahrenabwehrgesetz (NGefAG)

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 10.12.2003; TOP 3 Rede von Innenminister Uwe Schünemann zum Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der FDP


Anrede,

wir setzen heute mit der Neuregelung des NGefAG nach noch nicht einmal einem Jahr in der Regierungsverantwortung das um, was wir im Wahlkampf versprochen und in die Koalitionsvereinbarung zwischen CDU und FDP aufgenommen haben.

Wir werden noch in diesem Jahr in Niedersachsen ein modernes und effzientes Polizeigesetz haben, das dem Sicherheitsbedürfnis unserer Bürge-rinnen und Bürger entspricht.

Das Niedersächsische Polizeigesetz wird künftig auch wieder "Niedersächsisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung" heißen, um den Bürgerinnen und Bürgern deutlich zu zeigen, dass wir den Verwaltungsbehörden und der Polizei im Rahmen der Gefahrenabwehr alle rechtlich möglichen Eingriffsvoraussetzungen geben, die sie benötigen.

Denn durch die Wiederaufnahme der öffentlichen Ordnung als Schutzgut schließen wir eine Lücke. Wie bereits in 13 weiteren Ländern, schaffen wir damit eine Auffangnorm, um Störungen des Gemeinschaftslebens bei Fehlen einer spezialgesetzlichen Regelung begegnen zu können

Anrede,

mit dem Niedersächsischen Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung schließen wir nicht nur Lücken, die die vorherige Regierung geschaffen hat. Wir reagieren auch unmittelbar auf Veränderungen, sei es im Verhalten gefahrenverdächtiger Personen, sei es aufgrund von Entscheidungen der Gerichte, sei es wegen der rasanten technischen Weiterentwicklungen.

Wenn es erforderlich ist, handeln wir sofort, erarbeiten die notwendigen Eingriffsbefugnisse und ändern das Gesetz – dafür haben uns die niedersächsischen Wählerinnen und Wähler den Auftrag gegeben.

Anrede,

wir werden daher das niedersächsische Polizeigesetz auch durch die Einführung der präventiven Telekommunikationsüberwachung optimieren.

Straftäter und potentielle Straftäter haben sich sehr frühzeitig den technischen Fortschritt in der Telekommunikation zu nutze gemacht. Wir werden daher nicht die Augen davor schließen, dass mit Handy`s und unter Austausch von sim-Karten und prepaid-Karten konspirativ Straftaten ge-plant und Absprachen getroffen werden.

Für mich ist es daher schlichtweg nicht nachvollziehbar, dass nicht auch die Polizei alle techni-schen Möglichkeiten wie die Telekommunikationsüberwachung einschließlich des Einsatzes des IMSI-Catchers nutzen soll, um gerade im Bereich der Organisierten Kriminalität, der Bandenkriminalität oder auch im Bereich terroristischer Bedrohungslagen erkannte Gefahrensituationen bereits im Vorfeld konkreter Strafermittlungsverfahren effizient bekämpfen zu können.

Nichts spricht dagegen, der Polizei bereits im Bereich der Gefahrenabwehr unter klar definierten engen Voraussetzungen - wenn Tatsachen auf Straftaten von erheblicher Bedeutung hinweisen - und mit einer in allen Fällen erforderlichen richterlichen Anordnung, die Befugnis der Telekommunikationsüberwachung einzuräumen.

Wir folgen damit den Experten, die in der Anhörung keine verfassungsrechtlichen Bedenken geäußert, die keine Vorbehalte wegen der Eingriffsvoraussetzung angemeldet haben.

Anrede,

ausdrücklich verweisen möchte ich in diesem Zusammenhang auf Regelungen im NGefAG, die die SPD 1997 mit dem sog. Großen Lauschangriff in das Gesetz aufgenommen hat. Die Eingriffsvoraussetzungen für den viel tiefer in die Persönlichkeitsrechte eingreifenden Lauschangriff sind doch die gleichen, wie wir sie jetzt für die Telekommunikationsüberwachung formuliert haben.

Und vor dem Hintergrund Ihrer Forderung, die Eilkompetenz der Polizei einzugrenzen, will ich Ihnen auch gerne helfen, ihre eigenen gesetzlichen Regelungen in Erinnerung zu rufen. Hier scheint es in der Tat Wissenslücken zu geben.

Der Hinweis im bisherigen § 35 Abs. 3 NGefAG auf die entsprechende Anwendung des § 34 Abs. 3 NGefAG bedeutet schlichtweg, dass die Polizei bei Gefahr im Verzuge zunächst sogar selbst auch einen Lauschangriff anordnen kann.

Deshalb muss die Frage erlaubt sein, ob Sie heute auch Ihre eigenen gesetzlichen Regelungen zurücknehmen wollen oder haben sich aus der Sicht der SPD die Verhältnisse so geändert, dass die Polizei auf bereits eingeräumte Eingriffsbefugnisse verzichten sollte?

Anrede,

wir werden heute die Einführung der präventiven Telekommunikationsüberwachung in Niedersachsen beschließen.

Aber um keine unbegründeten Befürchtungen aufkommen zu lassen, versichere ich Ihnen, dass die Telekommunikationsüberwachung nicht zu einem alltäglichen Instrument der Polizei werden wird.

Die Polizei wird diese unter einem Richtervorbehalt stehende Befugnis verantwortungsvoll nur in den Fällen nutzen, in denen sie sozusagen als letztes Mittel unumgänglich sind. Die relativ geringe Anzahl der bisherigen Datenerhebungen mit besonderen Mitteln und Methoden zeigt, dass die Anzahl dieser präventiven Überwachungen ebenso eng begrenzt sein wird. Die geäußerte Behauptung, wir seien auf dem Weg in den Überwachungsstaat, entbehrt daher jeder Grundlage und schürt nur unnötige Ängste.

Anrede,

wir nehmen die Telekommunikationsüberwachung in das Niedersächsische Polizeigesetz auch heute schon auf, weil wir unsere Politik zukunftsorientiert ausrichten.

Wir wollen nämlich nicht wie Sie vor 2 Jahren von aktuellen Geschehnissen überrollt werden und nicht wie Sie Hals über Kopf Regelungen in das Polizeigesetz hineinschreiben müssen, die damals schon bundesweit Standard waren.

Anrede,

eigentlich sollten Sie aus dem blamablen Nachschieben der gesetzlichen Regelung für die Raster-fahndung gelernt haben.

Diese Hoffnung schien begründet, da Sie damals die Gelegenheit nutzten und die ebenfalls von uns bereits mehrfach geforderte Möglichkeit der Aufzeichnung von Videoaufnahmen noch schnell mit in die Gesetzesänderung aufnahmen.

Anrede,

wir von der CDU/FDP setzen in Niedersachsen einen anderen, einen neuen Standard. Wir setzen nicht darauf, Nachzügler zu sein, sondern vielmehr Vorreiter zu sein von Entwicklungen zur polizeilichen Gewährleistung der Inneren Sicherheit für unsere Bürgerinnen und Bürger.

Anrede,

lassen Sie mich zum Abschluss noch einige Worte zum sog. Finalen Rettungsschuss sagen.

Wer kann nun ernsthaft etwas dagegen vorbringen, dass wir eine Regelung in das Gesetz aufneh-men, die den niedersächsischen Polizeibeamtinnen und –beamten in einer für sie dramatischen Situation die notwendige Rechtssicherheit für Ihr Handeln schafft ? Das gilt auch und erst recht, wenn wir in Niedersachsen eine solche schwierige Lage bislang nicht hatten und hoffentlich auch nie haben werden.

Die Öffentlichkeit versteht die von Ihnen ideologisch besetzte Diskussion über das Für und das Wider einer klar formulierten gesetzlichen Regelung nicht, die bereits in zahlreichen Ländergesetzen Eingang gefunden hat und die in der Anhörung auch von allen Standesvertretungen der Polizei begrüßt wird.

Statt mit Ihrer differenziert ablehnenden Position nur weiterhin zur Verwirrung beizutragen, sollte die SPD in Niedersachsen einmal über die Landesgrenze nach Hessen schauen. Dort trägt die SPD-Landtagsfraktion eine entsprechende Initiative der dortigen Landesregierung mit und unter-stützt die Einführung des finalen Rettungsschusses.

Anrede,

wir in Niedersachsen brauchen klare Regelungen, kein Zaudern und Lamentieren.

Anrede,

wir setzen unsere klare politische Linie fort und beschließen heute eine Neuregelung des Polizeigesetzes wie wir es im Wahlkampf angekündigt und in der Koalitionsvereinbarung bestimmt haben.

Vielen Dank.

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen
zum Seitenanfang
zur mobilen Ansicht wechseln