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Bleiberecht für Flüchtlinge

Sitzung Nds. Landtag am 20.11.2003; TOP 9 Rede von Justizministerin Heister-Neumann i. V. von Innenminister Schünemann z. Antrag d. Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Es gilt das gesprochene Wort!


Anrede,

die Beratung des Entschließungsantrags in den Ausschüssen hat gezeigt, dass die Niedersächsischen Grünen mit diesem Entschließungsantrag in der aktuellen Diskussion um ein Zuwanderungsgesetz isoliert sind.

Die Forderung der Grünen:

Wer illegal nach Deutschland gekommen ist, ein erfolgloses Asylverfahren betrieben hat, danach evtl. noch Folgeanträge stellte oder vorübergehende Abschiebungshindernisse geltend machte, soll endgültig in Deutschland bleiben dürfen, wenn er eine Aufenthaltszeit von 5 Jahren erreicht hat.

Für Familien mit Kindern soll dies bereits nach drei Jahren möglich sein.

Damit fordern die Grünen, jede ungesteuert stattgefundene unerlaubte Zuwanderung nach einigen Jahren nachträglich zu legitimieren. Es wird deshalb niemanden überraschen, wenn ich heute für die Landesregierung erkläre, dass sie eine derartige Bundesratsinitiative sicher nicht ergreifen wird. Die Landesregierung ist mit den anderen CDU/CSU-geführten Regierungen der Auffassung, dass die Zuwanderung gesteuert und reduziert werden muss. Wer illegal einreist und nicht als Flüchtling anerkannt werden kann, muss umgehend wieder ausreisen. Es wäre ein völlig falsches Signal und würde die Zuwanderung erheblich verstärken, wenn jemand nach illegaler Einreise und mehreren erfolglosen Asylverfahren ein Daueraufenthaltsrecht erhielte.

Die Ausreise nach mehrjährigem Aufenthalt mag von den Betroffenen, insbesondere für hier aufgewachsene Kinder als sehr hart empfunden werden. Dabei darf jedoch nicht unbeachtet bleiben, dass lange geduldete Aufenthaltszeiten häufig auf die exzessive Ausschöpfung aussichtloser Rechtsmittel und die Verweigerung der freiwilligen Ausreise zurückzuführen und damit der Entscheidungssphäre der betroffenen Ausländer selbst zuzurechnen sind.

Auch unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten wäre eine solche allgemeine Bleiberechtsregelung doppelt verfehlt.

Erstens würden die Ausländer, die unter Verstoß gegen die Einreisebestimmungen illegal einreisen, besser gestellt als diejenigen, die nach Ablehnung eines beantragten Visums im Herkunftsland bleiben.

Zweitens würden die Ausländer, die nach Ablehnung mehrerer Anträge auf Asylgewährung und Aufenthaltsgenehmigung und damit trotz vollziehbarer Ausreiseverpflichtung nicht zurückkehren, besser gestellt, als diejenigen, die nach Ablehnung ihres Asylantrags freiwillig der Ausreiseverpflichtung nachgekommen und ausgereist sind.

In beiden Fällen würde somit nach der Forderung der Grünen derjenige, der sich gesetzestreu verhält, benachteiligt werden; - getreu dem Motto des Volksmunds: "Der Ehrliche ist immer der Dumme".

Aus Gründen der Gerechtigkeit machen deshalb die Innenminister von Bund und Ländern nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen von der gesetzlich bestehenden Möglichkeit zum Erlass von Bleiberechtsregelungen Gebrauch. Bei den letzten Regelungen ging es um berufstätige Flüchtlinge aus dem früheren Jugoslawien, die in den Betrieben weiter benötigt wurden. Auch die allgemeinen Bleiberechtsregelungen aus den Jahren 1996 und 1999 begünstigten nur Personen, die nach langjährigem, nicht selbst hinausgezögertem Aufenthalt sozial und wirtschaftlich integriert waren. Hierbei wurde der Vorrang inländischer Arbeitskräfte aufrechterhalten, d.h. es durfte nur bleiben, wer einen Arbeitsplatz gefunden hatte, für den kein Deutscher, EU-Bürger oder dauerhaft bleibeberechtigter Ausländer zur Verfügung stand. Wenn dies schon bei der damaligen Arbeitsmarktsituation als richtig angesehen wurde, kann bei der dramatisch verschlechterten Lage auf dem Arbeitsmarkt auf dieses Kriterium heute sicher nicht verzichtet werden. Angesichts der in den letzten Jahren von den Innenministern vereinbarten Bleiberechtsregelungen, durch die allein in Niedersachsen über 5.000 Personen ein Aufenthaltsrecht erhielten, wird die Landesregierung keine Initiative für eine weitergehende neue Regelung ergreifen.

Mit dem Entschließungsantrag sind die Grünen in Niedersachsen somit auf einem falschen Weg. Ob das auch für die Grünen bundesweit gilt, wird sich bei den Beratungen zum Zuwanderungsgesetz im Vermittlungsausschuss ergeben. Offensichtlich ist aber bei den Grünen schon erkannt worden, dass auch das von ihnen im Bundestag mit beschlossene Zuwanderungsgesetz nicht allen illegal eingereisten ausländischen Staatsangehörigen nach einigen Jahren ein Aufenthaltsrecht einräumt, - also wird vorsorglich schon jetzt eine allgemeine Bleiberechtsregelung gefordert.

Damit wird der eigenen Bundestagsfraktion ein denkbar schlechtes Zeugnis in Bezug auf das Zuwanderungsgesetz ausgestellt.

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