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Niedersächsisches Landesamt für Statistik

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 31.10.2003; Fragestunde Innenminister Uwe Schünemann beantwortet die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Hagenah (GRÜNE) Es gilt das gesprochene Wort!


Der Abgeordnete hatte gefragt:

Das Niedersächsische Landesamt für Statistik führt vierteljährlich eine Konjunkturerhebung durch. Dabei werden auf Stichprobenbasis die Firmen hinsichtlich wirtschaftlichen Schwerpunkts, Umsatz und Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter befragt.

Aufgrund von Hinweisen aus der Wirtschaft wurde deutlich, dass das Landesamt für Statistik den Firmen offenbar Auskünfte über den tieferen Sinn der Befragung verweigert hat. Stattdessen reagiert das Landesamt mit der Androhung eines Bußgeldes von 5 000 Euro bei Nichtbeantwortung der Fragen. Dies erfolgte, obwohl sich in einem exemplarischen Fall der Betrieb verwundert zeigte, drei Jahre hintereinander bei der Stichprobe erfasst worden zu sein, und angesichts der dünnen Informationsbasis, die durch die Fragen gewonnen wird, Probleme mit der Einsicht in die Notwendigkeit der Fragen gewachsen waren.

Unmut bei befragten Betrieben wird auch dadurch hervorgerufen, dass die nachgefragten Daten nach deren Einschätzung ohne zusätzliche Betriebsbefragung über die Finanzämter leicht zu erhalten sein müssten.

Irritiert zeigen sich Befragte angesichts einer Unterrichtung zum Daten-schutz, der zu entnehmen ist, dass Dritten die Daten so anonymisiert zur Verfügung gestellt werden, dass sie nur mit großem Aufwand den befragten Unternehmen zuzuordnen sind. - Was im Umkehrschluss jedoch heißt, dass es sehr wohl möglich wäre, dies zu ermitteln.

Ich frage die Landesregierung:

  1. Wie teuer ist die vierteljährliche Konjunkturerhebung durch das Niedersächsische Landesamt für Statistik?

  2. Wie aussagekräftig ist diese Konjunkturerhebung und in welcher Hinsicht für die Wirtschaftspolitik der Landesregierung?

  3. Inwiefern sind die Daten der Unternehmen datenschutzrechtlich ausreichend geschützt, wenn Dritte diese - wenngleich mit großem Aufwand - den Unternehmen zuordnen können?

Innenminister Uwe Schünemann beantwortete namens der Landesregierung die Mündliche Anfrage wie folgt:

Zu 1.:

Die vierteljährliche Konjunkturerhebung im Dienstleistungsbereich kostet 175.000 Euro im Jahr 2003.

Zu 2.:

Die Statistischen Ämter der Länder führen auf der Grundlage der EU-Konjunkturstatistikverordnung, die der befristeten Erfüllung von Informationsanforderungen der EU dient, eine repräsentative Erhebung über die wirtschaftliche Entwicklung in gewerblichen Unternehmen und Einrichtungen zur Ausübung freiberuflicher Tätigkeiten in bestimmten Dienstleistungsbereichen durch. Die Konjunkturstatistikverordnung legt fest, dass bis zu 7,5 % der Unternehmen in bestimmten Dienstleistungssektoren zu der vierteljährlichen Erhebung befragt werden können. Zwischen dem Statistischen Bundesamt und den Statistischen Landesämtern wurde vereinbart, aus der Stichprobe der jährlichen Dienstleistungsstatistik für das Jahr 2000 eine Unterstichprobe per Zufallsauswahl für die vierteljährliche Konjunkturstatistik zu ziehen. Dies wurde aus Gründen der Datenplausibilität gemacht, da noch keine Vergleichszahlen für Vierteljahresdaten vorliegen. Die Unterstichprobe wurde für die Jahre 2003 bis 2005 gezogen.

Konjunkturerhebungen sind notwendig, um zeitnah und aktuell ein Bild über die konjunkturelle Situation der jeweiligen Branche zu erhalten und um wirtschaftspolitisch agieren und reagieren zu können. Sachgerechte Entscheidungen – insbesondere im wirtschaftlichen Bereich – sind nur bei hinreichender Kenntnis der zugrunde liegenden Fakten möglich. Die Bereitstellung von verlässlichen, aktuellen, neutralen und objektiven Daten bildet die Grundlage zur Steuerung von politischen und ökonomischen Prozessen. Aus diesen Gründen ist die Konjunkturerhebung des Niedersächsischen Landesamtes für Statistik insbesondere für die Wirtschaftspolitik auf Bundes- und Landesebene von großer Bedeutung.

Der Dienstleistungssektor ist der am stärksten wachsende Sektor unserer Volkswirtschaft. Unter diesem Gesichtspunkt ist die Beurteilung der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands hin zu einer Dienstleistungsgesellschaft auch auf Landesebene für wirtschaftspolitische Entscheidungen unerlässlich. Der Stichprobenumfang der auf drei Jahre befristeten Verordnung über konjunkturstatistische Erhebungen in bestimmten Dienstleistungsbereichen wurde deshalb so festgesetzt, dass damit valide und belastbare Länderergebnisse ermittelt werden können.

Zu 3.:

Es ist allgemein anerkannt, dass der Schutz des Statistikgeheimnisses weiter geht, als der Schutz personenbezogener Daten nach den Datenschutzgesetzen. Nach dem Bundesstatistikgesetz (BStatG) ist die Übermittlung von Einzelangaben nur sehr beschränkt erlaubt. Dieses folgt u.a. aus der hohen Bedeutung des Statistikgeheimnisses, wie sie das Bundesverfassungsgericht im sog. Volkszählungsurteil als Ausfluss des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung konstituiert hat. Bei der Novellierung des BStatG sind darum als Folge dieser Rechtssprechung hohe Anforderungen für die Übermittlung von Daten aus einer Statistik für andere Zwecke gesetzlich vorgeschrieben worden. Grundsatz des BStatG ist gem. § 1, dass die für eine Bundesstatistik erhobenen Einzelangaben ausschließlich für den in der die Bundesstatistik anordnenden Rechtsvorschrift festgelegten Zwecken dienen dürfen. Die Übermittlung von Daten aus einer Bundesstatistik wird in § 16 BStatG geregelt. Danach sind Einzelangaben von den Amtsträgern, die mit der Durchführung von Statistiken betraut sind, grundsätzlich geheim zu halten. Ausnahmen gelten nur in den gesetzlich in § 16 geregelten Sonderfällen; so regelt beispielsweise § 16 Abs. 6, die Übermittlung von faktisch anonymisierten Einzelangaben an Hochschulen und wissenschaftliche Einrichtungen zur Durchführung wissenschaftlicher Vorhaben. Die sog. "faktische Anonymisierung" bedeutet, dass Einzelangaben übermittelt werden dürfen, wenn sie nur mit einem unverhältnismäßig großen Aufwand an Zeit, Kosten und Arbeitskraft zugeordnet werden können.

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