Fahndungsmeldung im Fall Belm
Sitzung des Niedersächsischen Landtages; Fragestunde Innenminister Uwe Schünemann beantwortet die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Bockmann (SPD)
Die Abgeordnete hatte gefragt:
Ein seit dem 1. Juni flüchtiger Gefangener der offenen Justizvollzugsanstalt Lingen-Damaschke steht unter dem Verdacht, in der Nacht vom 23. auf den 24. Juni 2003 - somit 22 Tage, nachdem er nicht von einem Ausgang zu-rückgekehrt war - in Belm bei Osnabrück einen Mord begangen zu haben. Bei dem Opfer handelt es sich um den neuen Lebensgefährten der früheren Verlobten des Gefangenen. Die Tat geschah in der Wohnung der früheren Verlobten, die sich in derselben Wohnanlage befindet wie die Wohnung des Tatverdächtigen. Zwar handelte es sich nicht um einen als gewalttätig be-kannten Gefangenen, auch befand er sich lediglich zur Verbüßung einer Ersatzfreiheitsstrafe in Haft, doch verdient die Tatsache Beachtung, dass er der Polizei zum Zeitpunkt seiner eigenmächtigen Hafturlaubverlängerung als Waffenfreund bekannt war: Nachdem ein Gerichtsvollzieher an der Tür einen Hinweis auf Selbstschussanlagen gefunden hatte, hatte sogar ein Sondereinsatzkommando die Wohnung des Tatverdächtigen in Belm ge-stürmt und zahlreiche Schwerter, Säbel, Wurfsterne und Äxte, aber auch zwei Schusswaffen gefunden. Es stellt sich somit die Frage, ob mit der not-wendigen Intensität versucht worden ist, den flüchtigen Gefangenen aufzugreifen.
Ich frage die Landesregierung:
1.Wann wurde die eigenmächtige Verlängerung des Hafturlaubs des Gefan-genen von der JVA Lingen-Damaschke an die Polizei gemeldet, und ab wann hatte die Polizei am Wohnort des Gefangenen Kenntnis davon, dass er zur Fahndung ausgeschrieben war?
2. Wann und zu welchen Zeiten hat die Polizei innerhalb der 22 Tage zwischen Nichtrückkehr und dem Mord versucht, den zur Fahndung ausgeschriebenen Gefangenen in seiner Wohnung
anzutreffen, die sich in derselben Wohnanlage befindet wie die Wohnung, die sich seine
ehemalige Verlobte mit dem Mordopfer geteilt hat?
3. Wann und zu welchen Zeiten wurde versucht, den Gefangenen in der Wohnung seiner
ehemaligen Verlobten anzutreffen?
Innenminister Uwe Schünemann beantwortete namens der Landesregierung die Mündliche Anfrage wie folgt:
Die von der Bezirksregierung Weser-Ems berichteten Abläufe des Geschehens und der polizeilichen Fahndung stellen sich wie folgt dar:
• Am 01.06.03 hatte der spätere Tatverdächtige, ein Strafgefangener der JVA Lingen II, der noch einen Teil einer 250-tägigen Ersatzfreiheitsstrafe wegen Betruges und Körperverletzung zu verbüßen hatte, einen Tag Hafturlaub. An diesem Tag war es in dem von ihm mitbewohnten Mehrfamilienwohnhaus aufgrund einer zivilrechtlichen Auseinandersetzung zwischen ihm und der Freundin des späteren Opfers - seiner ehemaligen Verlobten - zu einem Polizeieinsatz gekommen. Gegenüber den eingesetzten Beamten bekundete er, am Abend in die JVA zurück zu kehren.
• Die JVA Lingen lI meldete der Polizeiinspektion Emsland (Sitz in Lingen) am 03.06.03, 09.24 Uhr per Telefax, dass der spätere Tatverdächtige aus einem genehmigten Urlaub nicht in die JVA zurück gekehrt war. Eine sofortige Unterrichtung der Polizei noch am 01.06.03 war nicht vorgenommen worden, weil der Gefangene von der JVA als eher unproblematisch und nicht als gefährlich eingestuft worden ist.
• Am selben Tag wurde von der Polizeiinspektion Emsland die EDV-Speicherung im polizeili-chen Fahndungssystem veranlasst.
• Ob danach -wie nach der Vorschriftenlage vorgesehen- eine unverzügliche Benachrichtigung der kriminalaktenführenden Polizeiinspektion Osnabrück-Stadt bzw. der für den Wohnort zuständigen Polizeiinspektion Osnabrück-Land zur Mitfahndung erfolgt ist, ist mangels Doku-mentation nicht nachvollziehbar. Am 06.06.03 ging bei der Polizeiinspektion Emsland im Ori-ginal die Fahndungsmeldung der JVA auf dem Postweg ein; daraufhin wurde eine Kopie die-ses Schriftstücks per Dienstpost an die Polizeiinspektion Osnabrück-Stadt (als der für die weitere Fahndung zuständigen Dienststelle) weitergeleitet.
• Gezielte Fahndungsmaßnahmen erfolgten weder von der Polizeiinspektion Osnabrück-Stadt, da fälschlicherweise davon ausgegangen wurde, dass dies bereits im Rahmen der Sofort-fahndung der Polizeiinspektion Emsland veranlasst worden ist, noch von der Polizeiinspektion Osnabrück-Land, die keine Kenntnis vom Fahndungsfall hatte.
• Am 25.06.2003 kam es zur Entdeckung des in Rede stehenden Tötungsdelikts in Belm, dabei wurde der o.a. Gefangene als Tatverdächtiger festgenommen.
Die einschlägige, bundesweit geltende Polizeidienstvorschrift "Polizeiliche Fahndung" in Verbin-dung mit ergänzenden niedersächsischen Regelungen ist eindeutig und regelt Fahndungsfälle und Zuständigkeiten bis ins Detail; die Vorschriften und Reglungen haben sich bewährt.
Fahndungsmaßnahmen sind im vorliegenden Fall ausgeblieben, weil offensichtlich nicht entsprechend der Vorschriftenlage verfahren worden ist und auch eine Dokumentation des Veranlassten unterblieb.
Nach Mitteilung der BR Weser-Ems hat es in vergleichbaren Fällen keine Versäumnisse dieser Art gegeben. Dort geht man von einem Einzelfall aus. Gegenteilige Erkenntnisse liegen der Landesregierung nicht vor.
Allerdings ist von hier der Fall zum Anlass genommen worden, die Angelegenheit mit den nachgeordneten Behörden zu erörtern und auf die Bedeutung der Vorschrift, deren Einhaltung und der Dokumentation der getroffenen Maßnahmen hinzuweisen.
Eine derartige Tat war weder für die Justiz noch für die Polizei vorhersehbar. Der Gefangene verbüßte eine Ersatzfreiheitsstrafe, d.h. bei Begleichung der Geldstrafe hätte er sich gar nicht in Haft begeben müssen bzw. hätte zur sofortiogen Haftentlassung geführt. Hinweise auf eine Ge-fährlichkeit lagen der JVA Lingen nicht vor, ansonsten wäre ihm Hafturlaub nicht gewährt worden.
Dieses vorausgeschickt beantworte ich die Fragen der Abgeordneten Bockmann (SPD) namens der Landesregierung wie folgt:
zu 1. – 3.:
Die JVA Lingen II meldete der Einsatzleitstelle der Polizeiinspektion Emsland am 03.06.2003, 09.24 Uhr, per Telefax, dass der spätere Tatverdächtige nicht aus dem Urlaub zurückgekehrt war. Da die Nichtrückkehr des Gefangenen bei der für seinen Wohnort zuständigen Polizeidienst-stelle nicht bekannt war, wurde weder seine Wohnung noch die seiner ehemaligen Verlobten überprüft.
Die von der Bezirksregierung Weser-Ems berichteten Abläufe des Geschehens und der poli-zeilichen Fahndung stellen sich wie folgt dar:
• Am Nachmittag des 01.06.03 hatte der spätere Tatverdächtige, ein Strafgefangener der JVA Lingen II, der noch 204 Tage einer 250-tägigen Ersatzfreiheitsstrafe wegen Betruges und Körperverletzung zu verbüßen hatte, einen Tag Hafturlaub. An diesem Tag war es in dem von ihm mitbewohnten Mehrfamilienwohnhaus aufgrund einer Auseinandersetzung zwischen ihm und der Freundin des späteren Opfers -seiner ehemaligen Verlobten- zu einem Polizeieinsatz gekommen. Die Frau hatte über Notruf die Polizei um Hilfe gebeten, weil der im Hafturlaub befindliche Gefangene angedroht haben soll, ihre Wohnungstür einzutreten. Hintergrund war, dass sie beim Auszug aus der mit ihm vorher gemeinsam bewohnten Wohnung in der gleichen Wohnanlage Gegenstände mitgenommen haben soll, die sich im Eigentum des Gefan-genen befunden hatten. Sie hatte vorher mit ihm zusammen in dessen Wohnung gelebt, die drei Etagen über der späteren Tatortwohnung in demselben Gebäude liegt. Nach dem poli-zeilichen Schlichtungsgespräch wurden die Gegenstände zurückgegeben. Bei dem polizeilichen Einsatz wurde festgestellt, dass es sich bei dem späteren Tatverdächtigen um einen Hafturlauber handelte, der am Abend des gleichen Tages (01.06.03) in die JVA Lingen II zurückkehren müsste. Gegenüber den eingesetzten Beamten bekundete er, dies auch tun zu wollen. Wie sich dann später herausstellte, kehrte er jedoch nicht zurück.
• Noch am selben Tag (03.06.03) wurde von der Polizeiinspektion Emsland die EDV-Speiche-rung im polizeilichen Fahndungssystem (POLAS) veranlasst.
• Ob eine unverzügliche Benachrichtigung der kriminalaktenführenden Dienststelle (Polizeiins-pektion Osnabrück-Stadt) bzw. der für den Wohnort zuständigen Dienststellen (Polizeiinspek-tion Osnabrück-Land bzw. PK Melle bzw. Polizeistation Belm) zur Mitfahndung erfolgt ist, ist mangels Dokumentation nicht mit letzter Gewissheit nachvollziehbar. Aus der Erinnerung kann dies in der Polizeiinspektion Emsland ebenfalls nicht mehr nachvollzogen werden. Ein Fax-Eingang ist jedenfalls weder bei der Polizeiinspektion Osnabrück-Stadt noch bei der Polizeiinspektion Osnabrück-Land, die solche Eingänge dokumentieren, feststellbar.
• Der bereits per Fax von der JVA Lingen II vorab übersandte Vordruck VG 38 ging am 06.06.03 bei der Polizeiinspektion Emsland im Original auf dem Postweg ein; daraufhin wurde eine Kopie dieses Schriftstücks (Ausgangs-/Eingangsdaten sind nicht dokumentiert worden) per Dienstpost an die Polizeiinspektion Osnabrück-Stadt (als kriminalaktenführende Dienststelle) weitergeleitet.
• In der (30-seitigen) Lagemeldung zur internen Information der Mitarbeiter/-innen der Polizeiinspektionen Osnabrück-Stadt und Osnabrück-Land über die allgemeine polizeiliche Lage im Zuständigkeitsbereich erschien für den Zeitraum vom 14. - 16.06.03 ein entsprechender Beitrag über die Fahndung nach dem o.a. Gefangenen. Diese Lagemeldungen werden per Fernschreib-Verteiler an alle Dienststellen der beiden Polizeiinspektionen Osnabrück-Stadt und –Land versandt. Polizeidienststellen ohne Fernschreibanschluss erhalten Kopien auf dem Postwege. Diese allgemeine Lagemeldung ist allerdings auch nach eigener Bewertung der BR Weser-Ems keine geeignete Grundlage für eine Auslösung oder Koordinierung von Fahndungsmaßnahmen.
• Weitere Maßnahmen im Bereich der Polizeiinspektion Osnabrück-Stadt bzw. Osnabrück-Land im Sinne einer gezielten Fahndung (z.B. übliche Wohnortüberprüfung) erfolgten nicht, da fälschlicherweise davon ausgegangen wurdet, dass dies bereits im Rahmen der Sofortfahndung der Polizeiinspektion Emsland vorgenommen bzw. veranlasst worden ist.
• Am 25.06.2003 kam es zur Entdeckung des in Rede stehenden Tötungsdelikts in Belm (Woh-nung der ehemaligen Verlobten des Gefangenen und jetzigen Freundin des Getöteten). Das Opfer wurde hier von der Polizei tot in der Badewanne aufgefunden, nachdem seine Freun-din - die ehemalige Verlobte des nicht in die JVA zurückgekehrten Gefangenen - die Polizei-station Belm informiert hatte. Dieser wurde ebenfalls in der Wohnung angetroffen; er wurde nunmehr festgenommen, da er in dringendem Tatverdacht steht, das o.a. Opfer getötet zu haben.
Die einschlägige, bundesweit geltende Polizeidienstvorschrift (PDV 384.1) "Polizeiliche Fahn-dung" in Verbindung mit dem für verbindlich erklärten niedersächsischen Landesteil ist eindeutig und regelt Fahndungsfälle und Zuständigkeiten bis ins Detail.
Der Landesteil bestimmt für die Fahndung nach flüchtigen Gefangenen folgendes:
"Für Sofortmaßnahmen im Rahmen der Fahndung nach flüchtigen Gefangenen ist die Polizeidienststelle des Entweichungsortes zuständig." (Anm.: also die am Sitz der JVA, hier die Polizeiinspektion Emsland).
Sie hat die aus den Sofortmaßnahmen gewonnenen Erkenntnisse unverzüglich der Kriminalakten führenden Dienststelle (Anm.: hier ist das die Polizeiinspektion Osnabrück-Stadt) mitzuteilen. Mit dem nachfolgenden FS-Verkehr sind die jeweilige Bezirksregierung/Polizeidirektion und das Landeskriminalamt Niedersachsen zu beteiligen. Für die weitere Fahndung ist grundsätzlich die kriminalaktenführende Dienststelle zuständig, die die Fahndungsübernahme gegenüber der fahndungsauslösenden Dienststelle zu erklären hat.
Ausnahmen:
Führt eine Polizeiinspektion mit Zusatzfunktion die Akte für den Bereich einer benachbarten Polizeiinspektion, so liegt die Fahndungszuständigkeit bei der Dienststelle (Polizeiinspektion oder Polizeikommissariat), die "Besitzer" der Kriminalakte ist. (Anm.: Das ist im vorliegenden Fall die für den Wohnort des Gefangenen zuständige Polizeiinspektion Osnabrück-Land mit dem ihr nachgeordneten Polizeikommissariat Melle und der Polizeistation Belm.). Sie übernimmt die weitere Fahndung und erklärt dieses der fahndungsauslösenden Dienststelle."
Das Ausschreibungsverfahren und die Zuständigkeiten sind eindeutig und abschließend geregelt und bereiten bei Beachtung in der täglichen Praxis keine Probleme. Fahndungsmaßnahmen sind im vorliegenden Fall ausgeblieben, weil offensichtlich nicht entsprechend der Vorschriftenlage verfahren worden ist.
Eine Übersendung des ersten, fahndungsauslösenden Telefaxes der Polizeiinspektion Emsland an die Polizeiinspektion Osnabrück-Stadt als Kriminalakten führende Dienststelle kann nicht mit absoluter Sicherheit nachvollzogen werden. Jedenfalls ist das Telefax dort nachweislich nicht angekommen. Dies legt die Vermutung nahe, dass es versehentlich gar nicht versandt wurde.
Da die Kriminalakten führende Stelle, die aufgrund der bei ihr vorhandenen Unterlagen auch die Gefährlichkeit des Betroffenen einschätzen kann, offensichtlich nicht informiert war, konnte sie zunächst auch die ihr obliegenden Fahndungsmaßnahmen nicht auslösen.
Zumindest aber sind die Polizeiinspektionen Osnabrück-Stadt und Osnabrück-Land mit der postalischen Nachsendung des Vordrucks VG 38 einige Tage später in Kenntnis gesetzt worden. Die BR Weser-Ems ist der Auffassung, dass man nach dem postalischen Eingang des Vorgangs in Osnabrück keine weiteren Maßnahmen ergriffen bzw. eingeleitet hat, weil man davon ausgegangen sei, dass alle notwendigen Fahndungsmaßnahmen – wie üblich – bereits aufgrund der Erstmeldung in die Wege geleitet worden seien. Den für die Fahndung vor Ort, also z.B. auch für die Wohnungsüberprüfung zuständige(n) Beamten/-innen des Polizeikommissariats Melle und der Polizeistation Belm sei so die Tatsache, dass der spätere Tatverdächtige aus der JVA abgängig war, gar nicht bekannt geworden.
Mit einer entsprechenden Dokumentation der Maßnahmen in dem Vorgang wäre dieses mögliche Missverständnis zu vermeiden gewesen. Die Polizeiinspektionen Osnabrück-Stadt und Osna-brück-Land hätten dann erkennen können und müssen, dass von ihnen noch kein Fahndungs-fernschreiben an die örtlich zuständigen Dienststellen PK Melle und Polizeistation Belm abge-sandt worden war. Ein solches Fernschreiben hätte u. a. auch die vorgeschriebene Rückmeldung an die fahndungsauslösende Polizeiinspektion Emsland sowie Personenerkenntnisse über den Gefangenen aus seiner Kriminalakte bei der Polizeiinspektion Osnabrück-Stadt enthalten.
Nach Mitteilung der BR Weser-Ems hat es in vergleichbaren Fällen keine Versäumnisse dieser Art gegeben. Dort geht man von einem Einzelfall aus. Gegenteilige Erkenntnisse liegen hier nicht vor. Insofern besteht kein Anlass, die Landesvorschrift zu ändern.
Es ist von hier aus allerdings der Fall zum Anlass genommen worden, die Angelegenheit mit den nachgeordneten Behörden zu erörtern und auf die Bedeutung der Vorschrift, deren Einhaltung und der Dokumentation der getroffenen Maßnahmen hinzuweisen.
Dass der Strafgefangene eine solch schwere Straftat während seines Hafturlaubes bzw. seiner anschließenden rechtswidrigen Abwesenheit aus der JVA begehen könnte, war weder für die Justiz noch für die Polizei vorhersehbar. Die unterlassene Inhaftierung ist auch nicht zwingend kausal für den Tod des Opfers. Tatgelegenheiten hätte es auch im Rahmen von weiteren Hafterleichterungen und spätestens nach der Verbüßung der Haftstrafe gegeben.
Dieses vorausgeschickt beantworte ich die Fragen der Abgeordneten Bockmann (SPD) namens der Landesregierung wie folgt:
zu 1.:
Die JVA Lingen II meldete der Einsatzleitstelle der Polizeiinspektion Emsland am 03.06.2003, 09.24 Uhr, per Telefax, dass der spätere Tatverdächtige nicht aus dem Urlaub zurückgekehrt war.
Bei der Polizeiinspektion Emsland wurde noch am selben Tage die Fahndungsspeicherung im polizeilichen Auskunftssystem POLAS veranlasst. Die gemäß dem Landesteil zur bundesweiten Polizeidienstvorschrift 384.1 geforderte unverzügliche Meldung an die aktenführende Dienst-stelle, hier die Polizeiinspektion Osnabrück-Stadt, erfolgte nicht. Die Polizei in Melle und Belm, dem Wohnort des Gefangenen, hatte daher keine Kenntnis von der Nichtrückkehr des Gefangenen in die JVA.
Die in der Lagemeldung enthaltene Information zur Nichtrückkehr wurde der Originalmeldung (VG 38) der JVA Lingen II entnommen, die auf dem Postwege am 06.06.2003 bei der Polizeiinspektion Emsland in Lingen eintraf und im üblichen Geschäftsgang an die Polizeiinspektion Osnabrück-Stadt weitergeleitet wurde. Bei Eingang dieses Bürovorgangs mussten die mit der Sache befassten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter davon ausgehen, dass die Fahndungsmaßnahmen im Sinne des Landesteils der PDV 384.1 bereits veranlasst waren.
zu 2. und 3.:
Da die Nichtrückkehr des Gefangenen bei der Polizei in Belm nicht bekannt war, wurde weder seine Wohnung noch die seiner ehemaligen Verlobten überprüft.
Die POLAS-Ausschreibung hätte nur dann zur Festnahme des Gefangenen geführt, wenn seine Personalien im Rahmen eines Einsatzes in anderer Sache überprüft worden wären und Polizeikräfte dann den Hinweis auf die Fahndungsnotierung erhalten hätten.
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