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Konzeptionslose Standortauflösungen in Niedersachsen

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 25.06.2003; Aktuelle Stunde Rede von Innenminister Uwe Schünemann zum Antrag der Fraktion der CDU Es gilt das gesprochene Wort!


Im Zuge der Weiterführung der Bundeswehrreform hat Verteidigungsminister Dr. Struck am 21.05.2003 entschieden, dass zusätzlich zu den Standorten Achim, Bremervörde, Dörverden, Neu Wulmstorf, Osterode am Harz, Schwanewede, Stadtoldendorf, Wangerland und Werlte in Niedersachsen drei weitere Standorte geschlossen bzw. reduziert werden sollen. Hierbei handelt es sich um den Fliegerhorst Upjever/Schortens, die Flugabwehrraketengruppe 25 (Fla Rak Grp 25) in Ahlhorn/Großenkneten sowie in Barnstorf/Eydelstedt.

Diese Entscheidungen führen dazu, dass weitere 2.050 Dienstposten insgesamt verloren gehen und zwar für Upjever 670 Soldaten und 380 Zivilkräfte, in Barnstorf 370 Soldaten und 90 Zivilkräfte, in Ahlhorn 430 Soldaten und 110 Zivilkräfte.

Bei meinem Besuch in Barnstorf am 12. Juni 2003 sind mir Sachverhalte vorgetragen worden, wonach ich erhebliche Zweifel habe, ob die getroffenen Entscheidungen zu Ahlhorn/ Großenkneten sowie Barnstorf/Eydelstedt auf der Grundlage wirtschaftlich akzeptabler Überlegungen getroffen worden sind.

Eine Verlegung der Fla Rak Grp. 25 nach Stadum/Leck in Schleswig-Holstein wurde militärisch damit begründet, die Führungsfähigkeit des dortigen Fla Rak-Geschwaders zu verbessern, da die diesem Geschwader unterstellte Fla Rak Grp. 26 seit den 90er Jahren in Husum stationiert ist.

Die Verlegung nach Stadum/Leck würde in der dortigen Kaserne erhebliche Investitionen, deren Höhe mir - über die nächsten Jahre gerechnet - mit 40,9 Mio. € angegeben wurde, nach sich ziehen. Allein der unmittelbarerforderliche Baubedarf wird mit 15 Mio. € beziffert. Hinzu kämen die Sanierungen der bestehenden Gebäude, da zum einen die Keller zum größten Teil unter Wasser stehen und der Asbest auf den Dächern entfernt werden müsste. Notwendig und dringend erforderlich wäre dann auch der Neubau eines Wirtschaftsgebäudes mit Truppenküche. Hinzu kämen Baumaßnahmen, um eine Minimalbefähigung für den Einsatz der Patriot-Kampfstaffeln herbeizuführen, da die derzeitigen Anlagen auf die dort eingesetzten Hawk-Staffeln ausgerichtet sind und somit für das moderne System Patriot nicht geeignet wären. Bereits jetzt sind für derzeitige Verlegungen zweier Roland-Staffeln aus Wangerland Baumaßnahmen in einer Größenordnung von 3 Mio. € erforderlich.

Der Grund für diese erheblichen Kosten ist darin zu sehen, dass die Kaserne in Stadum bereits Mitte der 90er Jahre auf eine Auflösung in 10 Jahren ausgerichtet war und somit seitdem keine wesentlichen Baumaßnahmen mehr erfolgten.

Diese erheblichen Kosten würden bei Beibehaltung des Standortes der Fla Rak Grp 25 in Ahlhorn/Großenkneten weitestgehend entfallen.

Hinsichtlich der Stationierung der Fla Rak Grp. 25 wäre daher folgende Lösungs-möglichkeit denkbar: Verlegung der in Schweringshausen, Varelbusch und Barnstorf untergebrachten Staffeln nach Ahlhorn/Großenkneten. Dieses würde einerseits die Zusammenfassung der gesamten Gruppe in einer Kaserne zur Folge haben und andererseits durch Aufgabe der drei Liegenschaften eine Kostenersparnis in Höhe von 2,76 Mio. € pro Jahr mit sich bringen!

Neubauten bzw. Umbauten, die dann in Ahlhorn/Großenkneten erforderlich wären, werden mit insgesamt 3,5 Mio. € veranschlagt, die jedoch über Jahre gestreckt werden könnten.

Hinzu käme, dass die Hülsmeyer-Kaserne in Barnstorf im Rahmen der zivilberuflichen Aus- und Weiterbildung für die neuen Laufbahnlehrgänge der Unteroffiziere und Feldwebel sowohl als Schlaf- und Unterrichtsmöglichkeit bundesweit genutzt werden könnten.

Zusätzlich weise ich darauf hin, dass der Bund der Deutschen Bahn AG den Bahnanschluss in Ahlhorn erst im letzten Jahr für 1,2 Mio. € abgekauft hat, um u.a. die Verlegung der Kampfstaffeln der Fla Rak Grp. 25 zu Auslandseinsätzen über die Nordseehäfen jederzeit gewährleisten zu können.

Bei einer Verlegung nach Stadum/Leck wäre im Übrigen eine vernünftige Verschiffung beider Fla Rak Gruppen aus Schleswig-Holstein ebenfalls nur über die Nordseehäfen möglich.

Nach alledem erscheint mir bei Abwägung aller Gesichtspunkte eine Verlegung der Fla Rak Grp. 25 nach Stadum nicht sinnvoll. Ich hatte in einem Brief an Minister Dr. Struck gefordert, die getroffene Entscheidung deshalb zurückzunehmen.

Auch hinsichtlich der Aufgabe des Fliegerhorstes Upjever ist die durch den BMVg getroffene Entscheidung nicht nachvollziehbar. Zum einen handelt es sich um einen Standort mit den modernsten technischen Einrichtungen. Die Infrastruktur ist intakt. Das für die Liegenschaft notwendige Wirtschaftsgebäude wurde für 14 Mio. € neu errichtet und erst vor wenigen Tagen eingeweiht.

Zum anderen werden die Kosten der auf dem Flugplatz für die Unterbringung der Tornadostrahlflugzeuge vorhandenen Shelter von den USA getragen, da diese Shelter auch für die Unterstellung von amerikanischen Militärflugzeugen vorgesehen sind.

Entscheidend ist aber, dass der Standort Upjever für das fliegende Personal hervorragende Übungsmöglichkeiten bietet. So gibt es nur kurze Wege zum idealen Übungsgebiet Nordsee, als auch zur Nordhorn-Range. Dort genügt zumeist nur ein Anruf, um in kurzer Zeit Übungsflüge durchzuführen.

Hinzu kommt, dass die zivile Luftverkehrsentwicklung über der Bundesrepublik in Zukunft zu einer erheblichen Verdichtung gerade über den Ballungsgebieten unseres Landes führen wird, so dass Militärflugzeuge bei An- und Abflügen aus diesen Gebieten oder in diese Gebiete zunehmend mit Schwierigkeiten zu rechnen haben. Diese Verdichtung tritt im Gegensatz zu den in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz gelegenen Militärflughäfen in Upjever wegen seiner Randlage nicht auf, so dass auch hier in Zukunft ungestörte Flugmöglichkeiten bestehen. Alle diese Argumente sind auch im Bundesministerium für Verteidigung bekannt. Gleichwohl ist die Auflösung des Fliegerhorstes Upjever unbegreiflicherweise beschlossene Sache!

Diese Maßnahmen werden für strukturschwache Gebiete in Niedersachsen verheerende Folgen nach sich ziehen, da wiederum Gemeinden betroffen sein werden, die ohnehin sowohl mit wirtschaftlichen, als auch mit arbeitmarkpolitischen Problemen zu kämpfen haben.

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