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Rückführungen von ausreisepflichtigen Ausländerinnen und Ausländern in das Kosovo

Rede des Innenministers Uwe Schünemann in der Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 23.02.2012; TOP 24 zum Antrag der Fraktionen Bündnis90/Die Grünen und der SPD


Sehr geehrte Damen und Herren,

vor einem Monat habe ich Ihnen hier sehr ausführlich die rechtlichen Grundlagen für die Rückführung der ausreisepflichtigen Ausländerinnen und Ausländer dargelegt.

Ich habe Ihnen auch erläutert, warum ein Winterabschiebungsstopp in die Republik Kosovo nicht erforderlich ist. Im Gegenteil, für eine nachhaltige Reintegration der Rückkehrer im Kosovo, wäre eine zeitlich befristete Aussetzung der Rückführung mit einer anschließenden Erhöhung der Rückführungszahlen kontraproduktiv. Die seit Jahren geübte Praxis, die Rückführung in kleinen Schritten, kontinuierlich mit überschaubaren Zahlen und eng mit den kosovarischen Behörden abgestimmt, hat sich bewährt. Diese Praxis trägt den Belangen der Betroffenen und ihrer Reintegration in der Republik Kosovo in besonderem Maße Rechnung.

Niedersachsen steht keineswegs allein mit dieser Haltung. Alle meine Innenminister-Kollegen teilen diese Einschätzung. Das zeigen auch die Rückführungszahlen des vergangenen Monats:

Aus zehn Bundesländern, darunter auch aus Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg, wurden insgesamt 39 Personen in die Republik Kosovo abgeschoben. Die Hilfsangebote für Rückkehrer, wie z.B. das Projekt URA 2, das ich Ihnen hier schon mehrfach vorgestellt habe, oder das Reintegrationsprogramm der kosovarischen Regierung haben sich in der Praxis bewährt. Ihr Erfolg hängt ganz wesentlich davon ab, dass die derzeitigen monatlichen Rückführungszahlen einigermaßen konstant bleiben. Nur so kann den Rückkehrern vor Ort umfassende Hilfe und Unterstützung angeboten werden. Nur auf der Basis der derzeitigen monatlichen Rückführungszahlen ist eine intensive Betreuung vor Ort möglich – und zwar unabhängig von den aktuellen Witterungsbedingungen vor Ort. Das müsste eigentlich auch im Sinne der Opposition sein!

Leider wird die Diskussion um die Rückführung von Minderheitenangehörigen in die Republik Kosovo nicht immer fair und sachlich geführt. Das ist vor allem deshalb bedauerlich, weil es eine Diskussion auf dem Rücken derjenigen ist, deren erfolgreiche Reintegration in ihrer kosovarischen Heimat eigentlich in unser aller Interesse sein müsste.

Seit Jahren werden mit schöner Regelmäßigkeit die angeblich unmenschlichen Lebens-bedingungen in der Republik Kosovo beschrieben.

Auch wird behauptet, Rückkehrer aus Deutschland würden im Kosovo von Hilfen ausgeschlossen und könnten nicht an den staatlichen Programmen zur Wiedereingliederung teilhaben. Erst gerade haben wir erleben müssen, dass die Situation der Familie Berisha, die am 7. Februar in den Kosovo zurückgekehrt ist, auch von einzelnen Mitgliedern dieses Hauses schlicht und ergreifend falsch dargestellt wurde. Von unbeheizten Hotelzimmern und fehlender Verpflegung mit Nahrungsmitteln und Getränken war da die Rede – obwohl die Berichte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Projekts URA 2 und der Botschaft genau das Gegenteil besagen.

Ich kann nur an die Opposition appellieren: Wagen Sie in dieser Debatte eine neue Ehrlichkeit!

Stellen Sie sich den positiven Entwicklungen in der Republik Kosovo anstatt auf dem Stand der 90er Jahre zu verharren!

Ich wiederhole es noch einmal: Die Rückführung erfolgt in einen demokratisch verfassten Staat, der für den Aufbau und zur Stärkung seiner wirtschaftlichen und sozialen Strukturen umfangreiche Hilfen erhält, u.a. auch von Deutschland und der EU. Diese Hilfen zeigen Wirkung. Die Lebensverhältnisse im Kosovo haben sich in den vergangenen Jahren kontinuierlich und erfreulich deutlich verbessert. Es wurden und werden, auch mit Hilfe der Bundesrepublik Deutschland, neue Wohnungen geschaffen. Ein soziales Sicherungssystem, das in dem jungen Staat erst aufgebaut werden musste, gewährt den Menschen – auch den Rückkehrern – wirksame Hilfen.

Diese Einschätzung teilt, ich erwähnte es bereits vor vier Wochen an dieser Stelle, auch mein nordrhein-westfälischer Kollege Ralf Jäger von der SPD, der im vergangenen Sommer das Kosovo besucht hat und sich vor Ort ein Bild von der Lage gemacht hat.

Erst vor wenigen Tagen konnten wir auch aus dem grün-rot regierten Baden-Württemberg Interessantes zur Situation im Kosovo vernehmen:

Mitglieder des baden-württembergischen Petitionsausschusses haben sich während einer mehrtägigen Reise ins Kosovo Ende Januar persönlich ein Bild von der dortigen Situation in der Winterzeit gemacht. Die TAZ hat am 13. Februar 2012 unter der Überschrift „Grün-Rot will Roma abschieben“ über diese Reise berichtet. Die Eindrücke, die die Ausschussmitglieder dabei gewonnen haben, werden in dem Artikel ausführlich beschrieben.

Ich zitiere wörtlich: „Supermärkte, neue Wohnanlagen, Autos deutscher Hersteller in den Straßen. Alles in allem eine zivilisierte Situation: das ist der Eindruck, den der baden-württembergische Petitionsausschuss von der Lage der Roma im Kosovo gewonnen hat.“

Und weil die Reiseteilnehmer offenbar ein ganz anderes Kosovo gesehen haben, als es hierzulande mancher wahr haben möchte, kommen die Baden-Württemberger auch zu der Erkenntnis – so ist es in der TAZ zu lesen, „...dass die Republik Kosovo ein toleranter Vielvölkerstaat sei, in den ausreisepflichtige Minderheitenangehörige im Regelfall auch abgeschoben werden sollen.“

Das Zitat stammt übrigens vom Innenpolitischen Sprecher der SPD-Landtagsfraktion in Baden-Württemberg [Nikolaos Sakellariou]. Leider, so ein grünes Delegationsmitglied [Daniel Lede Abal] hätten die Gesprächspartner „an den entscheidenden Stellen nicht die entscheidenden Dinge erzählt“.

Will heißen: Die deutlich verbesserte Situation im Kosovo steht nun offensichtlich auf einmal den (Wahlkampf-) Versprechungen der GRÜNEN in Baden-Württemberg entgegen [„Wir wollten eigentlich umfassende Bleibemöglichkeiten schaffen“, vgl. TAZ-Artikel a.E.].

Ich würde mich sehr freuen, wenn die Erkenntnisse, die bei dieser Reise gewonnen wurden, etwas bewirken. Wenn sie dazu beitragen, dass die Diskussion über Rückführungen in das Kosovo auch bei uns in Niedersachsen zukünftig ehrlicher, fairer und sachlicher geführt werden, wäre das ein erfreulicher Fortschritt.

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erstellt am:
24.02.2012

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