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Niedersächsische Änderungsvorschläge für Zuwanderungsgesetz

Schünemann: Möglichkeiten der Zuwanderung für Hochqualifizierte verbessern


BERLIN. Innenminister Uwe Schünemann hat im Bundesrat auf zahlreiche Änderungsvorschläge des Landes Niedersachsen für das neue Zuwanderungsgesetz hingewiesen. Der Innenminister sagte am Freitag während der Bundesratssitzung, es habe sich gezeigt, dass die Hürden für den Zuzug Hochqualifizierter und Selbstständiger zu hoch seien. Hier müsse entsprechend dem niedersächsischen Antrag im Bundesrat nachgebessert werden. Weiterhin verwies Schünemann auf die drei niedersächsischen Änderungsanträge zum Zuwanderungsgesetz. Darin wird ein vereinfachtes Bleibe- und Wiederkehrrecht für Jugendliche gefordert, ein Wegfall der Vorrangprüfung bei der Arbeistplatzsuche von Geduldeten bereits nach einem Jahr sowie eine Beibehaltung der Absenkung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz für Geduldete und Asylbewerber.

Die Rede des niedersächsischen Innenministers im Bundesrat hat folgenden Wortlaut:

Dieser Gesetzentwurf der Bundesregierung ist überfällig. Die Umsetzungsfrist einiger EU-Richtlinien ist bereits abgelaufen. Deshalb besteht besondere Dringlichkeit.

Unabhängig von den EU-Richtlinien besteht auch sonst dringender Handlungsbedarf im Ausländerrecht. Hierzu wurde in der Großen Koalition sehr lange gestritten. Das Ergebnis ist in wichtigen Fragen eher mager.

Ich darf insbesondere auf folgende Punkte hinweisen:

In den beiden letzten Jahren hat sich gezeigt, dass die Hürden für den Zuzug Hochqualifizierter und Selbständiger zu hoch sind. Es sind deutlich weniger gekommen, als erwartet wurden.

Als Land ohne größere Rohstoffvorkommen ist Deutschland jedoch in besonderem Maße daran interessiert, dass Menschen mit besonderen Fähigkeiten und Energien zu uns kommen, um hier zu arbeiten, zu forschen, zu investieren. Hiervon profitieren wir alle, weil diese Menschen Arbeitsplätze schaffen und dazu beitragen, den Wirtschaftsstandort Deutschland im globalen Wettbewerb zu stärken. Die Vorschläge im vorliegenden Gesetzentwurf werden diesem Interesse unseres Landes nicht gerecht. Darauf ist während der diesjährigen Hannover-Messe von Seiten der Wirtschaft noch einmal hingewiesen worden. Kleine und mittlere Unternehmen sind vielfach gar nicht in der Lage, ihren Fachkräften die im bisherigen Recht für eine Aufent-haltserlaubnis geforderten 84.000 Euro Jahresgehalt zu bezahlen. Die Einstiegsgehälter deutscher Akademiker bewegen sich in der Regel zwischen 35.000 und 45.000 Euro und liegen somit weit unter dieser Grenze. Deshalb muss der Gesetzentwurf in diesem Punkt unbedingt nachgebessert werden. Niedersachsen schlägt vor, dass ein Einkommen in Höhe des Ein-einhalbfachen der Beitragsbemessungsgrenze der Sozialversicherung ausreichend ist: Das wären rund 5.300 Euro pro Monat. In einem zweiten Schritt könnte diese Summe sogar noch weiter reduziert werden, z.B. auf den einfachen Bemessungssatz, rund 3.500 Euro.

Auch für die gewünschten Investitionen ausländischer Selbstständiger ist eine Erleichterung erforderlich. Bisher dürfen sich Zuwanderer nur dann in Deutschland als Selbstständige niederlassen, wenn sie 1 Mio. Euro investieren und zehn Arbeitsplätze schaffen. Diese Bedingungen wirken auf potentielle Investoren eher abschreckend als einladend.

Die Ansiedlung vieler kleiner und innovativer Unternehmen in Deutschland und damit die Schaffung wichtiger Arbeitsplätze wird dadurch verhindert. Der vorliegende Gesetzentwurf der Bundesregierung halbiert zwar diese Mindestinvestitionssumme auf 500 T€. Das genügt aber nicht. Die Mindestinvestitionssumme muss noch deutlicher gesenkt werden, nach meinen Vorstellungen mindestens auf 150 T€, so wie in den Ausschussempfehlungen vorgeschlagen.

Während die Bundesregierung also beim "Wettbewerb um die fähigsten Köpfe" merkwürdig ängstlich und kleinmütig bleibt, ist sie an anderer Stelle außerordentlich großzügig:

Mit der im Gesetz vorgesehenen Bleiberechtsregelung sollen alle Asylbewerber trotz Ablehnung ihres Asylantrags und alle Bürgerkriegsflüchtlinge trotz Ende des Bürgerkriegs eine Aufent-haltserlaubnis bis zum 31. Dezember 2009 erhalten, und zwar ohne Rücksicht darauf, welche Integrationsbemühungen sie in der Vergangenheit unternommen haben, ohne Rücksicht darauf, ob sie überhaupt willens und in der Lage sind, sich in Zukunft zu integrieren und ohne Rücksicht darauf, dass sie jederzeit ohne Gefahr für Leib oder Leben in ihre Heimatland hätten zurückkehren können. Die einzige Voraussetzung ist, dass sie sich lange genug in Deutschland aufgehalten haben und bestimmte Ausschlussgründe nicht vorliegen. Erst bei einer Verlängerung dieser Aufenthaltserlaubnis ab 01. Januar 2010 wird danach gefragt, inwieweit eine Erwerbstätigkeit aufgenommen wurde. Und auch dann reicht es aus, dass nur der Familienvater für sich ein ausreichendes Einkommen erreicht hat. Selbst wenn alle übrigen Familienmitglieder Sozialhilfe beziehen, kann die ganze Familie für immer bleiben.

Soweit diese - geringen – Anforderungen an die wirtschaftliche Integration letztlich nicht erfüllt werden, ist im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgesehen, dass die von der Bleibe-rechtsregelung begünstigten Personen ab Januar 2010 wieder in den Status der Duldung zurückfallen, d.h. sie werden wieder ausreisepflichtig. Diese Menschen befinden sich dann aber bereits mindestens achteinhalb Jahre, überwiegend aber weit über zehn Jahre in Deutschland.

Auch können sie erneut die Gerichte anrufen, wodurch sich ihr Aufenthalt weiter verlängert.

Es ist jetzt schon klar, dass wir dann wieder eine Diskussion über das Problem der Ketten-duldungen bekommen werden und es nicht möglich sein wird, die Ausreisepflicht auch tatsächlich durchzusetzen. Im Ergebnis bekommen wir durch den in der Großen Koalition ausgehandelten Kompromiss eine weitere Belastung unserer Sozialsysteme, die wir unsere Bevölkerung kaum erklären können. Diese gravierenden Mängel des Gesetzentwurfs sind alle bereits jetzt erkennbar. Es wäre besser gewesen, es bei der bereits beschlossenen Bleiberechtsregelung der Innenminister zu belassen, die all diese Nachteile vermeidet.

Dies ist der Widerspruch, den ich am Vorschlag der Bundesregierung kritisiere:

Einerseits sieht er nur unzureichende und halbherzige Lockerungen bei dem im wirtschaftlichen Interesse unseres Landes liegenden Zuzug Hochqualifizierter und Selbstständiger vor.

Andererseits enthält er eine merkwürdig großzügige, unstimmige und in sich widersprüchliche Regelung für ein Bleiberecht abgelehnter Asylberber und nicht schutzbedürftiger ehemaliger Bürgerkriegsflüchtlinge.

Niedersachsen möchte mit den vorliegenden Plenaranträgen drei Themenkomplexe noch einmal gesondert aufgreifen:

Erstens: Die Bundesregierung schlägt im Zusammenhang mit ihrer gesetzlichen Bleiberechtsregelung als gesonderte Regelung ein eigenständiges Bleiberecht für Jugendliche vor. Mit dieser Zielsetzung stimme ich durchaus überein. Auch ich sehe für die hier aufgewachsenen ausländischen Jugendlichen dringenden Handlungsbedarf für den Bundesgesetzgeber.

Der vorgeschlagene § 104 b greift jedoch einerseits zu kurz, weil er in einer einmaligen Aktion nur die aktuell sich hier aufhaltenden Jugendlichen im Alter von 14 bis 17 Jahren begünstigt und die Gewährung einer Aufenthaltsperspektive für diese Jugendlichen auch noch davon abhängig macht, dass die Eltern zuvor ausreisen.

Andererseits schießt der Gesetzesvorschlag über das Ziel hinaus, weil der Lebensunterhalt nicht sichergestellt sein muss, so dass die geduldeten Jugendlichen damit besser gestellt würden, als die Jugendlichen mit einem rechtmäßigen Aufenthalt. Dies ist - auch wiederum unter dem Gesichtspunkt der Belastung der Sozialsysteme - ein schwer nachzuvollziehendes Ergebnis.

Besser wäre es, statt einer einmaligen Stichtagsregelung die bereits vorhandenen gesetzlichen Regelungen des Wiederkehr- und Bleiberechtrechts für Jugendliche und junge gut integrierte Erwachsene dauerhaft zu verbessern. Es macht Sinn, jungen Menschen, die hier aufgewachsen und einen guten Schulabschluss erreicht haben, eine Perspektive zu bieten, und zwar unab-hängig davon, ob auch die Eltern ein Aufenthaltsrecht erhalten oder ausreisen. Dazu liegt ein Plenarantrag Niedersachsens vor, zu dem ich Ihre Zustimmung erbitte.

Zweitens: Nach derzeitiger Rechtslage haben Personen mit dem Status der Duldung - egal, ob sie unter eine wie auch immer ausgestaltete Bleiberechtsregelung fallen oder nicht - nur dann Zugang zum Arbeitsmarkt, wenn für die gewünschte Beschäftigung keine deutschen Arbeitnehmer oder bevorrechtigte Ausländer zur Verfügung stehen. Diese sog. Vorrangprüfung führt häufig dazu, dass der Aufenthalt geduldeter Ausländer durch öffentliche Sozialleistungen finanziert werden muss.

Es ist meiner Ansicht nach vernünftig und richtig, geduldeten Ausländern generell - und nicht erst nach zeitaufwändiger Prüfung durch die Arbeitsagenturen - den Zugang zum Arbeitsmarkt zu ermöglichen, sie also in die Lage zu versetzen, ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen.

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht lediglich eine Ermächtigung der Bundesagentur für Arbeit vor, Geduldeten die Arbeitsaufnahme nach vier Jahren ohne Vorrangprüfung erlauben zu dürfen.

Dies reicht nicht aus, da eine Vierjahresfrist zu lang ist und außerdem die Ausgestaltung als Ermessensnorm eine unterschiedliche Handhabung seitens der jeweils örtlich zuständigen Arbeitsagenturen erwarten lässt. Auch hierzu liegt Ihnen ein Plenarantrag Niedersachsens vor mit dem Ziel, geduldeten Ausländerinnen und Ausländern die Sicherung ihres Lebensunterhaltes durch eigene Arbeitsleistung anstelle der Inanspruchnahme von Sozialleistungen bereits nach einem Jahr zu ermöglichen.

Ich komme zum dritten und letzten Punkt:

Es geht um das Asylbewerberleistungsgesetz.

Es muss alles getan werden, um eine Zuwanderung in die Sozialsysteme zu vermeiden. Vor diesem Hintergrund ist es sachgerecht und erforderlich, ausreisepflichtige Ausländer anders zu behandeln als solche, die in die hiesige Gesellschaft integriert werden sollen. Diejenigen, die sich gegen den Vollzug von rechtsstaatlich getroffenen Entscheidungen stellen, dürfen nicht durch höhere Sozialleistungen belohnt werden.

Der Gesetzentwurf sieht zwar vor, dass die Dauer der Gewährung verminderter Leistungen von drei auf vier Jahre verlängert wird. Damit bleibt es jedoch dabei, dass auch Asylbewerber und Geduldete - also Ausländer ohne Aufenthaltsperspektive - nach einer bestimmten Aufenthaltszeit Anspruch auf die höheren Leistungen analog dem Sozialgesetzbuch XII haben, sofern sie die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben.

Der Vorschlag Niedersachsens hierzu lautet:

Künftig sollen nach einer Aufenthaltszeit von vier Jahren nur noch die Leistungsempfänger und deren Familienangehörige erhöhte Leistungen bekommen, die zwischenzeitlich eine Aufenthaltserlaubnis erhalten haben. Für die übrigen Personengruppen des Asylbewerberleistungsgesetzes gilt:

Sie haben keinerlei Bleibeperspektive im Land, im Gegenteil:

Diese Ausländer sind vollziehbar ausreisepflichtig. Erhöhte Leistungen in Höhe des Sozialgesetzbuches XII darf der Staat hier nicht mehr gewähren. Für den Fall, dass die ersatzlose Streichung des § 2 Asylbewerberleistungsgesetzes hier im Plenum keine Mehrheit findet, bitte ich daher um Unterstützung für den niedersächsischen Kompromissvorschlag.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
11.05.2007
zuletzt aktualisiert am:
20.05.2010

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