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„Internet-Wache“

Innenminister Uwe Schünemann beantwortet die Kleine Anfrage des Abgeordneten Althus-mann (CDU) Es gilt das gesprochene Wort!


Der Abgeordnete hatte gefragt:

Nach einem Bericht der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom 7. August 2006 plant das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport im Internet die Möglichkeit einzurichten, künftig dort Anzeigen und Fahndungshinweise an die Polizei abgeben zu können (so genannte Internetwache). Ein entsprechendes Projekt soll von der Polizeidirektion Lüneburg erarbeitet werden. Solche Internetwachen existieren bereits in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein-Westfalen.

Daher frage ich die Landesregierung:

1. Welche Vorteile ergeben sich durch die Nutzung des Internets zur Abgabe von Anzeigen im Vergleich zum bestehenden Verfahren?

2. Welche Erkenntnisse hat sie über Erfahrungen der genannten Bun-desländer mit den dort vorhandenen Internetwachen bzw. den Internetportalen für Anzeigen und Fahndungshinweise?

3. Sind durch den Betrieb einer landesweiten Internetwache zusätzliche Kosten für den Polizeihaushalt zu erwarten?

Innenminister Uwe Schünemann beantwortete namens der Landesregierung die Kleine Anfrage wie folgt:

Im Zuge der Verwaltungsmodernisierung kommt einem leistungsfähigen eGovernment eine entscheidende Bedeutung zu. Die Landesregierung hat sich daher das zentrale strategische Ziel gesetzt, alle online-geeigneten Dienstleistungen und internen Verwaltungsleistungen der Landesverwaltung zu identifizieren und optimierte Online-Verfahren bereit zu stellen.

Unter dem Aspekt der Optimierung weitet auch die Polizei Niedersachsen ihr bereits seit 1997 betriebenes Online-Angebot, das dem Bürger rund um die Uhr unter www.polizei.niedersachsen.de Informationen über aktuelle polizeirelevante Themen, Dienststellen, Stellenangebote und die eigene Nachwuchswerbung bietet, stetig aus. Soweit die Dienststellen ihre E-Mail-Erreichbarkeit veröffentlicht haben, hat der Bürger bereits heute die Möglichkeit, auf diesem Wege mit der Polizei in Kontakt zu treten und Hinweise allgemeiner Art bis hin zu strafbaren Sachverhalten zu übermitteln.

Um diesen Kommunikationsweg zu optimieren, wird angestrebt, zukünftig einen Online-Service im Sinne einer so genannten Online-Wache zusätzlich zur Anzeigenaufnahme und Hinweiserstattung bei den Polizeidienststellen anzubieten. Zurzeit erstellt die Zentrale Polizeidirektion unter Beteiligung aller Polizeibehörden und -einrichtungen ein fachliches Konzept, das auch die Erfahrungen anderer Bundesländer einbezieht.

Die diesbezüglich zum Teil schon über Jahre gemachten Erfahrungen von neun Bundesländern und der Bundespolizei belegen, dass der Bedarf an einem derartigen Serviceangebot beim Bürger vorhanden ist und entsprechende Angebote vermehrt in Anspruch genommen werden. Ein solcher Service ist unter anderem dazu geeignet, dem Bürger beziehungsweise den Opfern von Straftaten den ersten Schritt zur Polizei zu erleichtern und gegebenenfalls vorhandene Berührungsängste oder Hemmschwellen abzuschwächen. "Online-" bzw. "Internet-Wachen" sind damit ein zeitgemäßes, zusätzliches Angebot, um mit den Bürgern in Kontakt zu kommen. Sofortige Hilfe wird aber weiterhin nur über die Notrufnummer 110 gewährleistet; entsprechende Hinweise werden bei der Nutzung des Online-Angebotes gegeben.

Ein von Kritikern befürchteter Missbrauch eines solchen Service über das Internet wurde von den Polizeien anderer Bundesländer und des Bundes gar nicht oder, bezogen auf die jährlichen Vorgangszahlen, mit nur unter einem Prozent verzeichnet.

Die "Online-Wache" der Polizei Niedersachsen soll noch im Jahr 2006 realisiert werden. Eine Pilotierung in einer einzelnen Behörde, wie in der Presseberichterstattung in Aussicht gestellt, ist aufgrund des Mediums Internet nicht sinnvoll und daher auch nicht vorgesehen. Soweit in der Berichterstattung der Eindruck entsteht, es werde eine eigenständige Dienststelle zur Bearbeitung von Online-Anzeigen eingerichtet, so ist auch dies nicht geplant. Die "Online-Wache" ist lediglich ein Angebot im Internetauftritt der niedersächsischen Polizei mit einer direkten Anbindung an die Polizeibehörden. Eine systembedingte automatische Weiterleitung der Anzeige oder des Hinweises an die zuständigen Polizeibehörden/-dienststellen, die eine Rund-um-die-Uhr Entgegennahme gewährleisten, stellt eine sofortige Bewertung der Inhalte sicher. Die Bearbeitung erfolgt dann - wie bisher - grundsätzlich durch die örtlich und sachlich zuständige Polizeidienststelle.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1:

Mit der Einrichtung einer "Online-Wache" bei der Polizei Niedersachsen wird die schon per E-Mail praktizierte Anzeigenerstattung im Internetauftritt institutionalisiert; das derzeitige Online- Angebot wird für den Bürger durch Bereitstellung von spezifischen Formularen erweitert, um ihm damit die Übermittlung von Informationen unter anderem zu strafbaren Sachverhalten zu erleichtern.

Die Polizei erhält durch diese formulargestützte Datenübermittlung ein Mehr an Informationen, was bei Hinweisen und Anzeigen zu strafbaren Handlungen konkretere Ansatzpunkte für die Ermittlungen erwarten lässt.

Dieses Verfahren wird die bestehenden Möglichkeiten der Anzeigenerstattung im persönlichen Gespräch keinesfalls ersetzen oder den unmittelbaren Kontakt der Polizei mit dem Bürger verringern, sondern das bereits vorhandene Angebot sinnvoll ergänzen.

Zu Frage 2:

Zur Vorbereitung der konzeptionellen Arbeiten wurden die Erfahrungen anderer Bundesländer und des Bundes mit "Internet-Wachen" beziehungsweise der "Online-Anzeigenerstattung" bundesweit abgefragt.

Zu den Ländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein-Westfalen liegen uns folgende Daten vor:

Die Polizei Brandenburg hat bereits im Jahr 2002 die bundesweit erste "Internet-Wache" eröffnet.

Zwischen Februar 2003 und Mai 2006 wurden in den Lagezentren der Polizeipräsidien Potsdam und Frankfurt/Oder insgesamt 15.087 Eingänge registriert, davon 9.946 Strafanzeigen, 1.719 Hinweise, 717 Lob oder Beschwerden sowie 2.705 sonstige und allgemeine Kontaktaufnahmen.

Seit 2003 gingen lediglich 19 anonyme Strafanzeigen ein. Die Zahl der missbräuchlichen Eingänge liegt unter zehn.

Das Land Mecklenburg-Vorpommern bietet seinen Bürgern seit März 2005 den Service einer "Internet-Wache". Die dort ausgefüllten Online-Formulare zur Anzeigenerstattung sowie Lobes- und Beschwerdeschreiben werden automatisch an die jeweils zuständige Polizeibehörde weiter geleitet.

In knapp elf Monaten gingen dort 1.500 Anzeigen ein. Dabei gaben 98% der Anzeigenerstatter ihre Personalien an. Missbrauchsfälle wurden nicht verzeichnet.

In Nordrhein-Westfalen befindet sich die "Internet-Wache" seit 2004 flächendeckend im Wirkbetrieb. Sie bietet die Möglichkeit zur Kontaktaufnahme und Anzeigenerstattung. Daneben kann sich der Bürger beschweren oder Lob äußern. In gut zwei Jahren gingen dort rund 46.000 Strafanzeigen und 1.400 Beschwerde- und Lobesschreiben ein. Der Anteil an Missbrauchsfällen liegt hierbei unter einem Prozent.

Zu Frage 3:

Durch den Betrieb einer "Internet-Wache" sind aufgrund der Nutzung vorhandener Technik und bestehender Organisationsstrukturen sowie dort vorhandener personeller Ressourcen keine zusätzlichen Kosten zu erwarten.

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
15.09.2006
zuletzt aktualisiert am:
20.05.2010

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