Schünemann: Innenministerkonferenz übernimmt niedersächsische Positionen
ROSTOCK-WARNEMÜNDE. Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann sieht sich in vielen Punkten durch die IMK bestätigt. „Wir haben weitreichende Beschlüsse gefasst. Unter anderem wurde die Zusammenarbeit der Verfassungsschutzämter heute neu geregelt und zur Bewältigung des polizeilichen Einsatzgeschehens bei Fußballspielen klare Forderungen an die Verbände formuliert. Hierbei hat die IMK in vielen Punkten niedersächsische Positionen übernommen. Die Innenminister und -senatoren der Länder halten zur Neuausrichtung des Verfassungsschutzes eine Anpassung der gesetzlichen Regelungen im Bundesverfassungsschutzgesetz (BVerfSchG) über die Zentralstellenfunktion des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) sowie die Zusammenarbeit des BfV und der Landesbehörden für Verfassungsschutz (LfV) für erforderlich. „Um die praktische Zusammenarbeit im Sinne der angestrebten gesetzlichen Regelungen möglichst schnell umsetzen zu können, haben wir in einem ersten Schritt eine entsprechende Änderung der Richtlinie über die Zusammenarbeit von BfV und LfV (zukünftig: Zusammenarbeitsrichtlinie) beschlossen, die am 1. Januar 2013 in Kraft tritt“, sagte Schünemann.
Neuausrichtung des Verfassungsschutzes:
„Der Verfassungsschutz ist eine Institution des demokratischen Rechtsstaates und maßgebliche Bewertungsinstanz für Extremismus“, so Minister Schünemann. „Prävention und Aufklärung der Öffentlichkeit müssen im Aufgabenprofil stärkeres Gewicht bekommen. Eine neue Philosophie, sich nicht nur auf seine herkömmliche Aufgabe als Nachrichtendienst zu beschränken, sondern als aktiver Partner und Dienstleister in der Mitte der Gesellschaft zu stehen, soll helfen, das Vertrauen der Bevölkerung in den Verfassungsschutz zu stärken.“
Insbesondere folgende Punkte sind beschlossen worden:
- Zur Stärkung der Zusammenarbeit im Verfassungsschutzverbund übermitteln die Landesbehörden für Verfassungsschutz unverzüglich alle relevanten Informationen an das BfV. Das BfV koordiniert diese Informationsübermittlung. Die LfV erstellen jährliche Landeslageberichte zu den wesentlichen Phänomenbereichen, erforderlichenfalls auch länderübergreifend.
- Das BfV unterstützt als Zentralstelle die LfV bei der Erfüllung ihrer Aufgaben nach dem BVerfSchG. Es übernimmt die zentrale Auswertung aller Informationen, unbeschadet der Auswertungsverpflichtung der Länder. Es unterrichtet die LfV unverzüglich über alle relevanten Informationen, Auskünfte, Nachrichten und Unterlagen sowie die Ergebnisse seiner Auswertung.
- Das BfV hat als Zentralstelle insbesondere regelmäßig bundesweite Lageberichte in allen Aufgabenbereichen unter Berücksichtigung der entsprechenden Landeslageberichte zu erstellen, fortzuschreiben und den Ländern zu übermitteln, Methoden und Arbeitsweisen im Verfassungsschutz zu erforschen und zu entwickeln, Fortbildungsveranstaltungen in speziellen Bereichen der Arbeit im Verfassungsschutz durchzuführen und in technischen Angelegenheiten die Zusammenarbeit zu koordinieren.
- Die Zentralstellenfunktion des BfV wird gestärkt. Dazu soll ihm im Rahmen seiner Zuständigkeiten zusätzlich die Koordinierungskompetenz im Benehmen mit den Ländern übertragen werden.
„Der Einsatz von Vertrauenspersonen (VP) ist für die Erfüllung des gesetzlichen Auftrages als Frühwarnsystem von entscheidender Bedeutung. Die VP-Führung soll standardisiert werden“, so Innenminister Schünemann. Künftig sollen insbesondere Standards und Leitlinien zur VP-Führung bundeseinheitlich gelten.
- Die Zusammenarbeit der Verfassungsschutzbehörden bei VP-Einsätzen bedarf eines engen Informations- und Erkenntnisaustausches sowie einer intensiven Abstimmung zwischen den Verfassungsschutzbehörden. Diese wird durch das Bundesamt für Verfassungsschutz koordiniert. Die Landesbehörden melden diesem ausreichenden Grund- und Strukturdaten der Vertrauenspersonen sowie die Qualität der Informationen.
- Grundsätzlich werden keine VP eingesetzt, gegen die wegen erheblicher Straftaten ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde oder die wegen Verbrechen oder anderer erheblicher Straftaten verurteilt wurden.
- Der Einsatz und die Führung von VP müssen sich einer engen Kontrolle und einem standardisierten Qualitätsmanagement unterziehen. Die VP ist im Regelfall nach fünf Jahren einem anderen VP-Führer zuzuordnen.
Polizeiliche Einsatzgeschehens bei Fußballspielen – Gewaltprävention
„Wir beobachten nach wie vor mit Sorge die zunehmende Gewalt und Gewaltbereitschaft im Zusammenhang mit Fußballspielen. Der Gewaltprävention kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Die Finanzierung der Fanarbeit durch die Verbände muss substanziell erhöht werden. Wir erwarten, dass DFB und DFL ab der Spielzeit 2013/2014 für qualifizierte Fanprojekte Mittel im Umfang von mindestens 10 Mio. Euro jährlich zzgl. möglicher Strafgelder zweckgebunden zur Verfügung stellen“, so Schünemann. Die Innenminister und -senatoren der Länder sichern zu, ihre Mittel weiterhin wie bisher zur Verfügung zu stellen. Aufgrund des insgesamt hohen Finanzvolumens wird eine Einbeziehung der Amateurligen in diesem Zusammenhang ausdrücklich angestrebt. Über die Verwendung der Mittel werden die Verbände mit den Ländern gemeinsam beraten.
„Angesichts der aktuellen Ereignisse sehen wir deutlich die Notwendigkeit schnellen und entschlossenen Handelns. Das Bemühen von DFB und DFL wird daher grundsätzlich positiv gesehen. Die derzeit vom DFB vorgelegten „Richtlinien zur Verbesserung der Sicherheit bei Bundesligaspielen“ sowie die von der DFL vorgelegten Anträge hierzu weisen in die richtige Richtung. Wir erwarten, dass dieses Maßnahmenpaket zur Verbesserung der Sicherheit in und um Stadien beschlossen und von den einzelnen Vereinen unverzüglich umgesetzt wird“, so der Innenminister.
Folgende Maßnahmen müssen zügig und vollständig umgesetzt werden:
- Verbesserung der Videotechnik auf neuestem Stand, Qualifizierung der Ordnungskräfte, Intensivierung von Einlasskontrollen,
- die konsequente Durchsetzung von Stadionverboten mit der Rücknahme der Senkung der Höchstdauer von Stadionverboten von fünf auf drei Jahre sowie der Einführung der Höchstdauer von 10 Jahren in Fällen extremer Gewaltanwendung,
- die Ächtung sowie zeitnahe und konsequente Sanktionierung der illegalen Verwen-dung von Pyrotechnik auf der Grundlage verbindlicher Vereinbarungen zwischen den Verbänden, Vereinen und ihren Fans.
- die Festlegung von Standards für Fanprojekte, der Ausbau der Fanarbeit und
- die Ausweitung und Stärkung der Sportgerichtsbarkeit.
Ausstattung und Finanzierung der Bereitschaftspolizeien der Länder durch den Bund
„ Die Bereitstellung finanzieller Mittel für die Ausstattung der Bereitschaftspolizeien der Länder durch den Bund ist seit einigen Jahren rückläufig. Auf Grund stetig steigender Kosten, der vermehrten Einsatzbelastung sowie der regelmäßigen Kürzungen der entsprechenden Ansätze im Bundeshaushalt sehen wir die Handlungsfähigkeit und Mobilität der Einsatzeinheiten als
gefährdet an. Dies führt bereits seit Jahren zu einem erheblichen Investitionsstau, den auch die
Länder mit eigenen, umfangreichen Finanzmitteln nicht ausgleichen können“, sagte
Schünemann. Die Länder erwarten vom Bundesinnenminister, dass zukünftig – spätestens ab dem Haushaltsjahr 2014 – die Ansätze im Bundeshaushalt wieder auf das erforderliche Maß erhöht werden.
„Kann der Bund die Erhöhung der Finanzmittel nicht gewährleisten und kommt damit seiner
Verpflichtung aus dem Verwaltungsabkommen nicht nach, sehen wir die Einsatzfähigkeit der Bereitschaftspolizei und damit den Fortbestand des Verwaltungsabkommens mit dem Bund als gefährdet an“, so der Innenminister.
Umsetzung des Konzepts für die ergänzende Ausstattung des Bundes für den Katastrophenschutz
Der Bund hat sich verpflichtet, jährlich 57 Millionen für den Bevölkerungsschutz zur Verfügung zu stellen. Aufgrund des Rückgangs der entsprechenden Haushaltsansätze können erforderliche Investitionen, wie die Auslieferung von Fahrzeugen an die Länder, nicht erfüllt werden.
„Daher haben die Innenminister und -senatoren der Länder den Bund aufgefordert, sich dafür einzusetzen, die Ansätze des Bundeshaushaltes wieder auf das erforderliche Maß zu erhöhen“, so Schünemann.