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Politisch motivierte Kriminalität in Niedersachsen 2018: Deutlicher Rückgang der Straftaten

Pistorius: „Die Landesregierung wird im Kampf gegen extremistische Aktivitäten nicht nachlassen“


Die Zahl der politisch motivierten Straftaten ist im Jahr 2018 in Niedersachsen erneut und deutlich zurückgegangen. Sie sank von 2.857 Straftaten im Vorjahr auf 2.501 (minus 12,5 %). Ausschlaggebend für diesen deutlichen Rückgang sind vor allem die Entwicklungen der Politisch motivierten Kriminalität (PMK) in den Phänomenbereichen -religiöse Ideologie- und -nicht zuzuordnen-. Rechtsmotivierte Straftaten haben sich geringfügig verringert, bilden aber nach wie vor den höchsten Anteil der PMK. Rechtsmotivierte Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte sind von 22 auf 11 Fälle gesunken. Zum Vergleich: 2016 hatte es 70 solcher Angriffe gegeben.

Der niedersächsische Minister für Inneres und Sport, Boris Pistorius, sagte bei der heutigen Vorstellung der Zahlen: „Das ist in der Fallzahlenkurve erneut ein erfreulicher „Knick“ nach unten - wenn auch nicht so markant wie im Vorjahr. Das ist für uns aber keine Beruhigungspille! Die Landesregierung wird im Kampf gegen extremistische Aktivitäten - aus welcher Richtung auch immer - nicht nachlassen.“

Die Zahl von Gewaltstraftaten im Bereich der politisch motivierten Kriminalität ist gegenüber dem Jahr 2017 mit 166 auf 217 angestiegen, liegt aber noch deutlich unter dem Fallzahlenniveau aus dem Jahr 2016 mit 399 Taten. Den größten Anteil dabei bilden 83 Gewaltstraftaten (2017: 84) mit einer linken Tatmotivation. Eine rechte Tatmotivation wurde zu 54 Gewaltdelikten (2017: 48) festgestellt. Deutlich zugenommen haben Gewaltdelikte aus der Motivation einer ausländischen Ideologie. Der Anstieg der Gewaltdelikte von 13 (2017) auf 51 für das Jahr 2018 in diesem Bereich, steht vor allem im Zusammenhang mit tätlichen Auseinandersetzungen zwischen nationalistischen Türken und pro-kurdischen Aktivisten aus Anlass der türkischen Militäroffensive auf die nordsyrische Gegend um Afrin.


PMK -links-

Unter den insgesamt 83 linksmotivierten Gewaltdelikten waren auch neun Brandstiftungen. Im Vorjahr waren es sechs. Dabei standen fünf dieser Taten in einem Begründungszusammenhang mit der türkischen Militäroffensive gegen kurdische Gebiete in Nordsyrien um die Stadt Afrin bzw. zum Antimilitarismus. Sie richteten sich u. a. gegen Fahrzeuge der Bundeswehr und Betriebsanlagen der Deutschen Bahn AG. Regionale Schwerpunkte der PMK -links- bilden Hannover und Göttingen. Insgesamt sank die Zahl der linksmotivierten Straftaten auf 548 nach 591 im Vorjahr.


PMK -nicht zuzuordnen-

Die Zahl der Straftaten im Bereich der PMK -nicht zuzuordnen- ist im Jahr 2018 mit 323 Delikten um insgesamt 208 Taten deutlich zurückgegangen (2017: 531). Beim Blick auf die hohe Fallzahl des Vorjahres im Bereich der PMK -nicht zuzuordnen- ist festzustellen, dass fast die Hälfte dieser Taten im Zusammenhang mit der Bundes- und Landtagswahl des Jahres 2017 begangen wurden. Dabei handelte es sich in der Mehrzahl um Sachbeschädigungen und Diebstähle z. B. von Wahlplakaten von Parteien aus dem rechtspopulistischen Spektrum. Auch wenn es zur jeweiligen Motivation der Taten oft Interpretationsmöglichkeiten gibt, werden sie als „nicht zugeordnet“ bezeichnet, wenn die Motivation nicht eindeutig zu erklären ist.


PMK -rechts-

Im Bereich der PMK -rechts- sind die Taten von 1.400 in 2017 auf 1.318 im vergangenen Jahr gesunken. Eine Auffälligkeit bildet dabei weiterhin das Phänomen der sogenannten Reichsbürger und Selbstverwalter. Die niedersächsischen Sicherheitsbehörden gehen von einem unveränderten Potenzial von etwa 1.400 Personen in diesem Bereich aus. Ihnen werden für das Jahr 2018 84 Straftaten zugeschrieben, bei denen es sich überwiegend um Beleidigungen und Nötigungen handelt. Eine landesweite vom Landeskriminalamt Niedersachsen erarbeitete Richtlinie wurde Ende Mai vergangenen Jahres vom Niedersächsischen Ministerium für Inneres und Sport in Kraft gesetzt. Dabei geht es um den Umgang der Polizei mit diesem Phänomen mit dem Ziel, den Besitz von Waffen und Explosionsstoffen möglichst auszuschließen oder zu beenden und Risiken im polizeilichen Einschreiten zu minimieren.

Die Straftaten gegen Amts- und Mandatsträger sind von 150 auf 103 im Vergleich zum Vorjahr gesunken. Minister Pistorius sagt dazu: „Diese Übergriffe sind aufs Schärfste zu verurteilen. Diejenigen, die sich für unser Gemeinwohl und unser funktionierendes Zusammenleben einsetzen, verdienen auch unseren besonderen Schutz. Aktuell wird dazu hier im Innenministerium ein Plan erarbeitet, der insbesondere Rettungskräfte und andere Ehrenamtliche bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben weiter unterstützen soll. Dabei geht es vor allem um Handlungsempfehlungen, die die Sicherheit am Arbeitsplatz und die Sensibilität im privaten Umfeld erhöhen sollen. Diese Empfehlungen sind vom Landeskriminalamt entwickelt worden und wurden den betreffenden Personen bereits zur Verfügung gestellt.“


PMK -ausländische und religiöse Ideologie-

Eine Neuerung im Bereich der Erfassung und Einordnung politisch motivierter Kriminalität bietet seit dem Jahr 2017 bundesweit eine differenzierte Betrachtung der Tatmotivation basierend auf einer religiösen Ideologie oder einer ausländischen Ideologie.

Der Anstieg der Gewaltdelikte von 13 (2017) auf 51 für das Jahr 2018 im Bereich der ausländischen Ideologie steht - wie oben dargestellt - im Zusammenhang mit tätlichen Auseinandersetzungen zwischen nationalistischen Türken und pro-kurdischen Aktivisten. Im Bereich der religiösen Ideologie hat die Bedrohung durch den islamistisch geprägten Extremismus/Terrorismus eine herausragende Bedeutung, auch wenn die Anzahl der in diesem Zusammenhang registrierten Straften im Vergleich zum Vorjahr von 72 auf 46 rückläufig ist. Innenminister Pistorius: „Der islamistisch motivierte Terrorismus stellt auch weiterhin eine hohe Gefahr dar. Die nachhaltige Bekämpfung des islamistischen Terrorismus hat für die Landesregierung und die niedersächsischen Sicherheitsbehörden höchste Priorität.“

Ausgesprochen gute Erfahrungen machen die Polizeibehörden und das LKA mit dem vermehrten Einsatz von Islamismusexperten, die die Ermittlungsarbeit in Strafverfahren und Gefahrenermittlungsvorgängen mit ihrer spezifischen Fachkompetenz und ihren Sprachkenntnissen unmittelbar unterstützen. Zur besseren Aufhellung insbesondere der islamistischen Szene und zur Früherkennung auch anderer terroristischer Bestrebungen, wird die Internetauswertung und die Datenanalyse intensiviert. Dazu wurden und werden im Zuge neuer Beschäftigungsmöglichkeiten weitere Experten – sogenannte „Financial Intelligence Officer“ – eingestellt. Mit ihrer Fachexpertise im Finanzwesen unterstützen sie in einem Analyseverbund u. a. den Ermittlungsbereich des polizeilichen Staatsschutzes bei der Bekämpfung der Terrorfinanzierung.

Pistorius: „Prävention und Repression sind gleichgewichtige, sich positiv ergänzende Säulen des ganzheitlichen Bekämpfungsansatzes der Landesregierung. Dazu wollen wir weitere Angebote schaffen und die Kompetenzstelle Islamismusprävention Niedersachsen – auch kurz KIP NI – weiter ausbauen und noch besser vernetzen. Ebenso wird auf Grundlage eines Kabinettsbeschlusses das bestehende Landesprogramm gegen ‚Rechtsextremismus – für Demokratie und Menschenrechte‘ zu einem umfassenden Landesprogramm gegen politischen Extremismus jeglicher Couleur erweitert.“

Presseinformation

Vorstellung des Berichts zur politisch motivierten Kriminalität (2018) durch Minister Pistorius

Artikel-Informationen

erstellt am:
06.05.2019
zuletzt aktualisiert am:
07.05.2019

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