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Beantwortung der Mündl. Anfrage der SPD zu Auseinandersetzungen bei Eishockeyspielen

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 22. Januar 2015; Fragestunde Nr. 59 - Innenminister Boris Pistorius beantwortet die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Marco Brunotte (SPD)


Der Abgeordnete hatte gefragt:

Beim Eishockeyspiel der „Hannover Indians“ gegen die „Hannover Scorpions“ am 9. Januar 2015 kam es zu Auseinandersetzungen beider Fangruppen und einem Polizeieinsatz. Dabei wurden durch die Polizei die Personalien von 65 Personen festgestellt. Fünf Personen wurden durch Pfefferspray verletzt.

Marco Stichnoth, Geschäftsführer der „Hannover Scorpions“, wurde in der Neuen Presse vom 12. Januar 2015 zitiert: „Als Verein ist man da machtlos gegen die Affen. Ich bin es einfach nur noch leid.“ Er kündigte bundesweite Stadionverbote für alle DEL- und DEB-Spiele für die Unruhestifter an.

In Internetforen berichten Teilnehmer, dass sich beim Spiel ein „schwarzer Block“ aus gewaltbereiten Fans gebildet hätte. Dieser bestehe aus ehemaligen 96-Anhängern, die sich aufgrund der Querelen in der dortigen Fanszene ein neues Betätigungsfeld suchten. Es wird aufgerufen: „Lasst uns mit bunten Farben zeigen, dass im Eishockey kein Platz für einen schwarzen Block ist.“

In den letzten Jahren kam es wiederholt zu Auseinandersetzungen und Polizeieinsätzen bei Eishockeyspielen der verschiedenen Ligen in Niedersachsen.

Ich frage die Landesregierung:

  1. Welche Erkenntnisse sie über die Auseinandersetzung anlässlich des Eishockey-Spiels „Hannover Indians“ gegen „Hannover Scorpions“ am 9. Januar 2015?
  2. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über eine Neuorientierung von Fangruppen des Fußballclubs „Hannover 96“ zu hannoverschen Eishockeyclubs?
  3. Wie beurteilt die Landesregierung das gewaltbereite (Kategorie B) oder gewaltsuchende (Kategorie C) Fanpotenzial der Eishockeyclubs in Niedersachsen?

Innenminister Boris Pistorius beantwortet namens der Landesregierung die Anfrage wie folgt:

Neben der großen Begeisterung für den Fußball hat auch der Eishockeysport viele Anhänger in Niedersachsen. Der höchsten deutschen Spielklasse im Eishockey, der Deutschen Eisho-ckey Liga (DEL) mit insgesamt 14 teilnehmenden Clubs, gehören auch die Grizzly Adams Wolfsburg an. In der DEL2 sind niedersächsische Mannschaften nicht vertreten. In der Ober-liga Nord ist Niedersachsen mit den Mannschaften des Adendorfer EC, der Harzer Falken Braunlage, des GEC Ritter Nordhorn, der Hannover Indians und der Hannover Scorpions vertreten. Alle niedersächsischen Vereine haben Anhängerschaften in unterschiedlichen Größenordnungen, welche ihre Mannschaften fantypisch unterstützen und sich als friedliche Fans präsentieren.

Wie im Fußball und auch anlässlich anderer Veranstaltungen ist jedoch nicht auszuschließen, dass auch bei Eishockeyspielen eine Minderheit von Personen in Erscheinung tritt, denen es in erster Linie nicht um fantypisches Verhalten geht. In diesem Zusammenhang ist jedoch deutlich festzustellen, dass hier nur wenige anlassuntypische Einzelfälle anlässlich von Eishockeyspielen in Niedersachsen bekannt geworden sind.

Im Übrigen gelten die vorhanden Konzepte der niedersächsischen Polizei im Zusammenhang mit der Bewältigung von Einsatzlagen anlässlich von Fußballspielen auch für den Umgang mit anderen Sportveranstaltungen. Analog verhält es sich auch mit entsprechenden Regelungen durch die Verbände. So hat die DEL in Anlehnung an den Fußball ebenfalls Richtlinien für den bundesweit einheitlichen Umgang mit Stadionverboten im Zusammenhang mit Eishockeyspielen herausgegeben.

Insgesamt liegen den niedersächsischen Polizeibehörden keine Erkenntnisse vor, dass sich Anhänger gewaltbereiter Gruppierungen aus dem Fußball neu orientieren und sich zum Beispiel dem Besuch von Eishockeyspielen zuwenden würden.


Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:

Das in Rede stehende Derby zwischen den Indians und den Scorpions war in der laufenden Saison das vierte Aufeinandertreffen der beiden Mannschaften aus Hannover. Davor fanden bereits zwei Heimspiele der Scorpions in der Eishalle Langenhagen sowie eine Begegnung in der Spielstätte der Indians im Eisstadion am Pferdeturm statt. Die Spiele in Langenhagen verliefen ohne polizeilich relevante Feststellungen, bei dem ersten Heimspiel der Indians war eine Körperverletzung angezeigt worden.

Die Begegnung im Eisstadion am Pferdeturm am 9. Januar 2015 wurde von ca. 4.600 Zu-schauerinnen und Zuschauern besucht. Unter den ca. 600 Anhängern der Scorpions befan-den sich eine ca. 50-köpfige Ultragruppierung der Scorpions sowie bis zu 30 Unterstützer dieser Gruppierung. Aus Anlass dieser Begegnung hatte die Polizeidirektion Hannover 31 Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte im Einsatz. Wie insbesondere anlässlich von Spielen mit Derbycharakter üblich, war im Vorfeld der Begegnung in sozialen Netzwerken für den Besuch des Spieles „geworben“ worden. Dabei gab es u. a. einen Aufruf, als „Ultra“-Block komplett in schwarz gekleidet zu dem Derby zu erscheinen. Die aufgeführten ca. 80 Personen folgten diesem Aufruf und erreichten gegen 18.30 Uhr das Eisstadion am Pferdeturm.

Feststellungen von polizeilicher Relevanz wurden vor und während des Spieles nicht getrof-fen. Während des Spieles stimmten beide Anhängerschaften die üblichen Fangesänge an. Wie alle übrigen Zuschauerinnen und Zuschauer verließen die Angehörigen des „Ultra“-Blockes nach Ende des Spieles gegen 22.15 Uhr das Eisstadion.

In der Abmarschphase wurde eine Körperverletzung zum Nachteil eines Fans der Indians festgestellt. Der dem „Ultra“-Block angehörende Tatverdächtige wurde durch eingesetzte Polizeibeamtinnen und -beamte vom Block der Ultras separiert und nach zum Teil heftiger Gegenwehr vorläufig festgenommen. Der Beschuldigte wurde zur Durchführung weiterer strafprozessualer Maßnahmen zur Polizeistation Kleefeld verbracht. Gegen ihn wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung sowie Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte eingeleitet, die Ermittlungen hierzu dauern an.

Im Ausgangsbereich des Eisstadions passierte der „Ultra“-Block eine dort aufhältige Gruppe von sieben bis zehn Personen, die das Spiel nicht besucht hatten. Diese Gruppe war polizeilichen Einsatzkräften zwar bereits vor Spielbeginn aufgefallen, jedoch gab deren Verhalten keinen konkreten Anlass zu polizeilichen Maßnahmen.

Im weiteren Verlauf wurde gegen 22.55 Uhr im Bereich der Aral-Tankstelle in Höhe der Clausewitzstraße eine körperliche Auseinandersetzung zwischen zwei größeren Gruppen festgestellt. Durch sofortiges und konsequentes Einschreiten der eingesetzten Polizeibeamtinnen und -beamten wurde die Auseinandersetzung beendet und die beiden Gruppierungen getrennt. Durch den Einsatz von Pfefferspray wurden insgesamt fünf Personen leicht verletzt, darunter ein Polizeibeamter.

Im Zusammenhang mit dieser Auseinandersetzung erfolgten insgesamt 51 Identitätsfeststellungen. Bei den Beteiligten handelte es sich einerseits um Teile der beim Spiel festgestellten Angehörigen des „Ultra“-Blockes der Hannover Scorpions sowie andererseits um die am Eis-stadion festgestellte Personengruppe, die inzwischen auf 20 bis 30 Personen angewachsen war. Derzeit sind gegen jeweils eine festgestellte Person der beiden Gruppierungen Ermittlungsverfahren wegen Verdachts des Landfriedensbruches eingeleitet. Die Ermittlungen auch gegen weitere Tatverdächtige dauern an.

Unter den festgestellten Tatverdächtigen sind den Szenenkundigen Beamten Fußball der Polizeidirektion Hannover vier Personen bekannt. Diese sind jedoch nicht der aktiven Fan- bzw. Ultraszene von Hannover 96 zuzuordnen. Eine Person hat darüber hinaus einen Datenbestand in der Datei Gewalttäter Sport. Zu zwei weiteren Personen liegen Erkenntnisse zu Körperverletzungen bzw. einem Verstoß gegen das Sprengstoffgesetz vor.

Zu 2.:

In der Polizeidirektion Hannover liegen derzeit keine Erkenntnisse vor, die darauf schließen lassen, dass in den Fan- bzw. Ultragruppierungen von Hannover 96 eine Umorientierung auf andere Sportarten stattfindet. Vielmehr hat sich seit Beginn der Saison 2014/2015 bestätigt, dass der von einem Großteil der Ultraszene angekündigte Boykott der Spiele von Hannover 96 in der Bundesliga umgesetzt worden ist und sich die Unterstützung zu den Spielen der U 23 in der Regionalliga Nord verlagert hat.

Zu 3.:

Im Zusammenhang mit den Anhängerschaften der niedersächsischen Eishockeyvereine ist lediglich in Hannover eine organisierte Gruppierung von ca. 50 überwiegend jungen Männern im Alter zwischen 17 und 25 Jahren bekannt, von denen 20 Personen der Kategorie B zugeordnet werden.

Presseinformation

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erstellt am:
22.01.2015

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