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Beantwortung der Mündl. Anfrage der FDP zum bundeseinheitlichen Presseausweis

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 15. Dezember 2016; Fragestunde Nr. 27

Das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport antwortet namens der Landesregierung auf die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Jan-Christoph Oetjen und Dr. Marco Genthe (FDP) wie folgt:

Vorbemerkung der Abgeordneten

Im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD auf Bundesebene steht, dass die Koalition eine Initiative der Länder zur Wiedereinführung des „amtlichen Presseausweises“ unterstützen wird.

Auf der vergangenen Innenministerkonferenz am 29./30. November 2016 wurde der Beschluss gefasst, einen „bundeseinheitlichen Presseausweis“ wieder einzuführen. „Seit 2008 hatte es keinen bundeseinheitlichen Presseausweis mehr gegeben. Mit der jetzt getroffenen Vereinbarung wird die Praxis des bundeseinheitlichen Presseausweises unter dem Dach des Deutschen Presserates wieder eingeführt. Der Ausweis soll dazu dienen, den Nachweis zu erleichtern, anerkannte Vertreterin bzw. anerkannter Vertreter der Presse zu sein.“ (Pressemitteilung der IMK vom 30. November 2016)

Innenminister Boris Pistorius äußerte sich im Vorfeld der IMK in der Neuen Osnabrücker Zeitung am 28. November 2016. Er sagte, dass die Arbeit der hauptberuflichen Journalisten und damit eine seriöse, faktenbasierte Informationskultur geschützt werden müsste. „Dazu gehöre ein offizieller Presseausweis, der Behörden und insbesondere auch Polizisten verdeutliche, einen professionellen Berichterstatter vor sich zu haben.“

Der Deutsche Fachjournalisten-Verband (DFJV) kritisiert die Einführung des Ausweises in mehreren Punkten (Pressemitteilung vom 30. November 2016). Der Verband beanstandet u. a., dass der Presseausweis ausschließlich an hauptberufliche Journalistinnen und Journalisten ausgestellt werden soll. Dies verstoße „nach Ansicht des DFJV gegen die in Art. 5 GG verankerte Pressefreiheit und den in Art. 3 GG festgeschriebenen Gleichbehandlungsgrundsatz“. Ebenfalls wird seitens des DFJV angezweifelt, dass ein derartiger Ausweis „das von der IMK angestrebte Ziel, die Sicherheit beim Passieren von polizeilichen Absperrungen zu gewährleisten, mit dem Kriterium der Hauptberuflichkeit erreicht werden könne. Hierfür wäre nur eine Sicherheitsüberprüfung geeignet. Nicht-hauptberufliche Journalisten unter Generalverdacht zu stellen, betrachtet der DFJV nicht nur rechtlich, sondern auch moralisch als verwerflich.“ Auch die zukünftige Vergabe des Ausweises wird kritisiert. Eine ständige Kommission, bestehend aus jeweils zwei Vertretern der Innenministerkonferenz und des Deutschen Presserats, soll darüber entscheiden, welche Verbände künftig den bundeseinheitlichen Presseausweis ausstellen dürfen.

Vorbemerkung der Landesregierung

Die Grundsätze zur Gestaltung und Ausgabe des bundeseinheitlichen Presseausweises richteten sich seinerzeit nach dem im Ministerialblatt Nordrhein-Westfalens vom 23. Dezember 1993 als „bestätigten Schriftwechsel“ veröffentlichten Runderlass. Danach waren nur die fünf großen Presseverbände (Deutscher Journalisten-Verband e.V.; Industriegewerkschaft Medien - Fachgruppe Journalismus; Deutsche Angestellten-Gewerkschaft - Bundesfachgruppe der Journalisten; Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger e.V.; Verband Deutscher Zeitschriftenverleger e.V.) ausstellungsberechtigt. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf beurteilte diese Beschränkung der Ausstellungsberechtigung mit Urteil vom 17. September 2004 (1 K 1651/01) als rechtswidrig. Eine von der Innenministerkonferenz angestrebte Neuregelung der Ausstellungsberechtigung schlug daraufhin fehl. Im Dezember 2007 kam es schließlich zur Abschaffung des „bundeseinheitlichen Presseausweises“, weil unter den Presseverbänden über die Frage, welche Verbände als ausstellungsberechtigt anerkannt werden sollten, trotz mehrerer Anläufe keine Einigung erzielt werden konnte. Sowohl die Presseverbände als auch die Behörden hatten weiterhin ein großes Interesse an diesem Dokument. Daher beschloss die Innenministerkonferenz auf niedersächsische Initiative im Dezember 2013, mit dem Deutschen Presserat Gespräche über eine mögliche Wiedereinführung des bundeseinheitlichen Presseausweises“ zu führen. Es gelang unter der Federführung Niedersachsens, sich auf die Inhalte der vorliegenden Vereinbarung über die Wiedereinführung eines „bundeseinheitlichen Presseausweises“ zu verständigen. Die Innenministerkonferenz beschloss am 30. November 2016 deren Unterzeichnung und damit die Wiedereinführung des bundeseinheitlichen Presseausweises. Die Inhalte dieser Vereinbarung basieren in wesentlichen Teilen auf den Grundsätzen und Kriterien, die die Innenministerkonferenz in ihrer Sitzung im Mai 2006 aufgestellt hat. Das Verfahren ist so konzipiert, dass die Anerkennung als ausgabeberechtigter Verband und die Ausgabe der „bundeseinheitlichen Presseausweise“ an Journalistinnen und Journalisten nach objektiven und transparenten Kriterien erfolgt. Im Gegensatz zum früheren Verfahren, wonach nur fünf Verbände ausstellungsberechtigt waren, kann künftig jeder Verband, der die Voraussetzungen erfüllt, als ausgabeberechtigt anerkannt werden. Eine wichtige Rolle im Rahmen dieses Verfahrens übernimmt die Ständige Kommission. Sie ist paritätisch aus Mitgliedern der Presseseite und der Innenministerkonferenz besetzt und entscheidet unter anderem darüber, welche antragstellenden Presseverbände die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Ausgabeberechtigung der bundeseinheitlichen Presseausweise erfüllen. Darüber hinaus wird es ein Selbstverwaltungsgremium geben, das von den ausgabeberechtigten Verbänden eingerichtet wird. Dieses Selbstverwaltungsgremium unterstützt die Ständige Kommission in beratender Funktion und kann auf dieser Basis auch an den Sitzungen der Ständigen Kommission teilnehmen. Schließlich ist nach zwei Jahren eine Evaluation der Vereinbarung durchzuführen.


Wie bewertet die Landesregierung den „bundeseinheitlichen Presseausweis“?

Die Wiedereinführung des „bundeseinheitlichen Presseausweises“ wird von der Landesregierung ausdrücklich begrüßt, da sie maßgeblich an den Verhandlungen im Auftrag der Innenministerkonferenz beteiligt war.


Wie beurteilt die Landesregierung den Vorwurf, der Ausweis verstoße gegen die in Art. 5 Abs. 1 gewährte Pressefreiheit?

Die Landesregierung erachtet den Vorwurf eines Verstoßes gegen die Pressefreiheit durch die Wiedereinführung des „bundeseinheitlichen Presseausweises“ als unbegründet. Sie erleichtert den Journalistinnen und Journalisten durch diesen Ausweis ihre Arbeit. Es ist nicht vorgesehen, durch den „bundeseinheitlichen Presseausweis“ andere Nachweise der Pressezugehörigkeit abzuschaffen. Es gibt zahlreiche Medienverbände und –organisationen, die nach den von ihnen aufgestellten Kriterien eigene Presseausweise ausstellen und auch weiterhin ausstellen dürfen. Diese Praxis wird durch den „bundeseinheitlichen Presseausweis“ nicht verhindert.


Wie soll sichergestellt werden, dass auch nicht-hauptberufliche Journalisten, die nicht durch den Presserat vertreten werden, ihrer Arbeit ungehindert nachgehen können?

Die Landesregierung kann keine durch die Wiedereinführung des „bundeseinheitlichen Presseausweises“ bedingte Behinderung von nicht-hauptberuflich tätigen Journalistinnen und Journalisten erkennen. Die Verein­barung zwischen der Innenministerkonferenz und dem Deutschen Presserat über den „bundeseinheitlichen Presseaus­weis“ hat nicht den Inhalt und das Ziel, andere Nachweise der Pressezugehörigkeit staatlicherseits abzuwerten. Ziel ist vielmehr eine Erleichterung der Identifikation von Pressevertreterinnen und -vertretern generell. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen.

Presseinformation

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erstellt am:
15.12.2016

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