Polizeieinsatz in Afghanistan
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 30.04.2010; Fragestunde Nr. 2
Innenminister Uwe Schünemann beantwortet die Kleine Anfrage der Abgeordneten Jan-Christoph Oetjen und Christian Grascha (FDP); es gilt das gesprochene Wort!
Die Abgeordneten hatten gefragt:
Deutschland unterstützt die afghanische Regierung beim Aufbau einer landeseigenen Polizei. Afghanistan soll in die Lage versetzt werden, selbst für die innere Sicherheit zu sorgen. Hierbei hat die Schaffung einer funktionierenden afghanischen Polizei eine wichtige Priorität. Nur eine funktionierende und gut ausgebildete Polizei kann das Vertrauen der Bürger gewinnen und langfristig einen demokratischen Rechtsstaat sichern.
Auch niedersächsische Polizeibeamtinnen und -beamte leisten nach Auffassung von Beobachtern wichtige Hilfe beim Wiederaufbau der afghanischen Polizei. Von den wiederkehrenden Polizeibeamtinnen und -beamten wird die Arbeit in der Mission als sinnvoll erachtet. Zwar sei die Arbeit oftmals mühselig, es gebe aber durchaus Fortschritte in der Qualifizierung der Sicherheitskräfte. Daher wird es von den Betreffenden auch als wichtig und richtig gesehen, weiter in den Aufbau Afghanistans zu investieren.
Der Einsatz in Afghanistan ist gleichzeitig schwierig und gefährlich. Die Sicherheitslage in Afghanistan ist angespannt, und es gilt daher, die Polizeibeamtinnen und -beamten auf die Situation vor Ort vorzubereiten und während der Zeit des Einsatzes zu begleiten. Ebenso müssen den Polizeibeamtinnen und -beamten nach deren Auffassung nach der Rückkehr aus dem Einsatz Hilfsangebote zur Verfügung gestellt werden, um sie bei der Aufarbeitung der Geschehnisse und Erlebnisse während der Zeit in Afghanistan zu unterstützen.
Wir fragen die Landesregierung:
- Wie werden die Polizeibeamtinnen und -beamten des Landes Niedersachsen auf den Einsatz in Afghanistan vorbereitet?
- Welche Betreuungsangebote stehen den Polizeibeamtinnen und -beamten des Landes Niedersachsen und ihren Angehörigen während des Einsatzes zur Verfügung?
- Welche Hilfsangebote stehen den Polizeibeamtinnen und -beamten des Landes Niedersachsen nach der Rückkehr aus dem Einsatz in Afghanistan zur Verfügung, um das Erlebte zu verarbeiten?
Innenminister Uwe Schünemann beantwortete namens der Landesregierung die Kleine Anfrage wie folgt:
Unsere Sicherheit, in einem freien demokratischen Rechtsstaat leben zu können, wird in der heutigen Zeit von Entwicklungen gefährdet, die weit außerhalb der deutschen Staatsgrenzen entstehen können.
Die Terrorangriffe des 11. September 2001 hatten ihre Wurzeln in den Ausbildungslagern der al Quaida in Afghanistan. Diese Angriffe, wie auch die Attentate in London und Madrid, sind Angriffe auf die Grundlagen und freiheitlichen Werte der Völkergemeinschaft. Auch Deutschland ist im Visier der Terroristen, was uns die vereitelten Pläne der sogenannten Sauerlandgruppe aber auch die Propagandavideos der islamistischen Terroristen im Internet zeigen.
Die Krisenherde dieser Welt sind Orte der Instabilität, an denen das staatliche Gewaltmonopol nicht mehr greift. Terrorismus, die Weitergabe von Massenvernichtungswaffen und zerfallende Staaten beeinflussen heute entscheidend unsere Sicherheitspolitik. Um diesen Herausforderungen wirksam zu begegnen, ist ein differenziertes Instrumentarium vernetzter Sicherheitspolitik vonnöten. Allein auf die militärische Karte zu setzen, schafft in Krisengebieten wie Afghanistan auf Dauer keine Stabilität. Deshalb muss der Fokus auf den Aufbau der zivilen Infrastruktur gerichtet sein, was in Afghanistan ohne flankierenden militärischen Beistand nicht möglich ist. Ziviler Aufbau und militärischer Schutz sind hier zwei Seiten derselben Medaille im Stabilisierungsprozess.
Öffentliche Sicherheit ist die Grundlage jeden Gemeinwesens und damit die Kernaufgabe jeder Staatlichkeit. Wir verfolgen mit unserem Engagement in Afghanistan das Ziel des Aufbaus stabiler Institutionen, eingebettet in eine funktionierende Sicherheitsarchitektur. Damit wollen wir die Institutionen des Landes langfristig und dauerhaft in die Lage versetzen, eigenständig für die Sicherheit ihrer Bürger zu sorgen.
Der Schlüssel für eine dauerhafte Sicherheit in Afghanistan liegt in einem konzentrierten Aufbau des afghanischen Polizei- und Sicherheitssektors. Dazu werden deutlich mehr und besser ausgebildete afghanische Polizisten benötigt – und dies zeitnah. Nicht nur die Innenministerkonferenz, die sich in den zurückliegenden Jahren wiederholt (letztmalig im Dezember 2009) mit dem deutschen Engagement beim polizeilichen Aufbau in Afghanistan befasst hat, ist dieser Auffassung. Auch die Bundeskanzlerin und alle Regierungschefs der Länder haben bereits im Juni 2009 darauf hingewiesen, dass zwischen dem Bund und allen Ländern in dieser Sache Einvernehmen besteht und einen verstärkten deutschen Beitrag zum Polizeiaufbau in Afghanistan befürwortet. Mit der Beteiligung deutscher Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamter an den Friedensmissionen in Afghanistan wird eine wichtige außenpolitische Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland wahrgenommen.
Eine Beteiligung an den Missionen ist – ungeachtet der Zuständigkeit des Bundes für die Außenpolitik – eine gemeinsame Aufgabe der Polizeien der Länder und des Bundes.
Niedersachsen beteiligt sich seit 1994 an internationalen Friedensmissionen der Vereinten Nationen und der Europäischen Union sowie an bilateralen Polizeiprojekten der Bundesrepublik Deutschland im Ausland. In der Mehrzahl der Fälle geht es dabei um den Aufbau und die Ausbildung bzw. die Kontrolle und Beratung der Polizei mit dem Ziel, die Respektierung von Grundrechten und eine unparteiische Amtsausübung sicherzustellen. Die Polizei Niedersachsen leistet so gemeinsam mit den anderen Ländern und dem Bund einen bedeutsamen Beitrag für den Aufbau demokratischer und rechtsstaatlicher Strukturen in den Einsatzgebieten. Dies ist auch unser Weg in Afghanistan. In der Londoner Afghanistan-Konferenz wurden mit der neuen afghanischen Regierung wichtige neue Weichenstellungen des bisherigen Vorgehens in Afghanistan vorgenommen. Es wurde die Strategie der vernetzten Sicherheit verabschiedet, in der die Sicherheitspolitik und die Entwicklungspolitik eng miteinander verbunden sind. Die Strategie sieht vor, die afghanischen Sicherheitskräfte so auszubilden, dass sie schnellstmöglich in die Lage versetzt werden, für die Sicherheit und Stabilität ihres Landes selbst zu sorgen. Dieser Ansatz und die dahinter stehenden friedenssichernden Maßnahmen werden von der Landesregierung ausdrücklich unterstützt.
Den niedersächsischen Polizeibeamtinnen und -beamten, die sich auf freiwilliger Basis bereit erklären und mit hoher Motivation und großen persönlichen Engagement im Afghanistan am Polizeiaufbau mitwirken, gebührt Anerkennung und Hochachtung. Ihnen und ihren Familien dankt die Landesregierung daher auch an dieser Stelle ausdrücklich. Sie verdienen nicht nur das Vertrauen und den Respekt der Landesregierung, sondern des gesamten Landtages. Von der Leistungsfähigkeit und der hohen Motivation dieser Polizistinnen und Polizisten, aber auch von den großen Herausforderungen denen sie sich in Afghanistan zu stellen haben, konnte ich mir im Februar anlässlich einer Inspektionsreise unmittelbar vor Ort im Einsatzgebiet in vielen Gesprächen und Kontakten ein unmittelbares Bild machen. Auch die Gespräche, die ich und die Spitze der niedersächsischen Polizei in meinem Hause mit den Missionsteilnehmern nach ihrer Rückkehr führen, bestätigen dieses Bild.
Sie machen aber auch immer wieder deutlich, dass die besonderen Gefahrenquellen eines Auslandseinsatzes einer besonderen Fürsorge bedingten. Bei aller Bedeutung des Engagements in Afghanistan steht daher außer Frage, dass die Sicherheit der eingesetzten Polizeikräfte höchste Priorität genießt.
Die Innenministerkonferenz hat in ihrer Sitzung im Dezember 2009 eine Evaluierung des bisherigen Polizeieinsatzes in Afghanistan in Auftrag gegeben, in der es ausdrücklich auch darum geht, der professionellen Betreuung des Personals eine besondere Bedeutung beizumessen.
Mit Blick auf die jüngsten sehr traurigen Zwischenfälle, bei denen auch deutsche Soldaten gefallen sind, ist von besonderer Wichtigkeit, hier einen weiteren Punkt zu betonen: Unsere Beamtinnen und Beamten werden nur in den Regionen und Distrikten eingesetzt, die nach Einschätzung der Bundesregierung auf der Grundlage aller verfügbaren Informationsquellen als sicher bewertet werden. Das hat uns der Bundesinnenminister schriftlich zugesichert. Und die Einschätzung erfolgt auf einer fortlaufenden Erhebung und Bewertung der Sicherheitslage.
Dies vorangestellt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1.:
Eine missionsspezifisch umfassende Vorbereitung der für einen Einsatz in Afghanistan vorgesehenen PVB ist die wesentliche Voraussetzung für eine angemessene, erfolgsorientierte aber eben auch sichere Aufgabenerfüllung vor Ort.
Nach erfolgreich absolviertem Auswahlverfahren erfolgt in Niedersachsen zunächst die Teilnahme an einem einwöchigen missionsvorbereitenden polizeispezifischen Englisch-Intensivkurs.
Auf Grundlage des einheitlichen Curriculums der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Internationale Polizeimissionen besuchen die niedersächsischen Beamtinnen und Beamten gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen der anderen Länder und des Bundes anschließend zunächst ein 2-wöchiges Basisseminar für Auslandseinsätze. Daran schließt sich ein missionsspezifisches Vorbereitungsseminar an. Umfang, Dauer und Inhalte dieser missionsspezifischen Qualifizierung werden auf Grund der von der Bund-Länder-Arbeitsgruppe festgeschriebenen Leitlinien ständig evaluiert und den Erfordernissen angepasst. So wurde zu Beginn der Missionen in Afghanistan bis zum Jahr 2006 mit einwöchigen Vorbereitungsseminaren sowie diversen Einzeleinweisungen von kürzerer Dauer begonnen. Um den stetig steigenden Einsatzanforderungen gerecht zu werden, wurden diese Seminare ab 2007 auf zwei Wochen und im Sommer 2008 auf drei Wochen verlängert.
Die Seminarinhalte wurden jeweils den Anforderungen angepasst. Wesentlicher Schwerpunkt in der Vorbereitung liegt in der Schulung und im Training von Eigensicherungsmaßnahmen, um Handlungssicherheit im Umgang mit den besonderen Führungs- und Einsatzmitteln aber auch mit möglichen Gefahrensituationen zu erlangen. Daneben erfolgt natürlich eine umfassende Einweisung in die Missionsstrukturen und die Aufgaben im Einsatzgebiet. Anlässlich der letzten Sitzung der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Mitte diesen Monats wurde beschlossen, das Vorbereitungsseminar auf nunmehr vier Wochen zu verlängern, insbesondere um durch praktische Anteile die handlungsorientierte Qualifizierung noch besser trainieren zu können.
Unsere Beamtinnen und Beamten werden insofern umfassend und auf hohem Niveau für ihre Tätigkeiten in Afghanistan vorbereitet. Die hohe Qualität der Vorbereitung zeigt sich auch dadurch, dass die Vorbereitungsseminare zunehmend auch von internationalen Partnern (Niederlande, Belgien, Österreich, Estland) nachgefragt werden.
Zu 2.:
Der Dienstherr übernimmt eine besondere Fürsorgepflicht für seine Beamtinnen und Beamten, die an Auslandsmissionen teilnehmen oder teilgenommen haben. Der Einsatz erfolgt in der Regel in Krisengebieten und konfrontiert die Beamtinnen und Beamten mit besonderen Belastungen. Dazu gehören der Kontakt mit menschlichem Elend und Leid, Zerstörungen sowie einem unterschiedlich motivierten Konflikt- und Gewaltpotenzial, verbunden mit einem häufig hohen Bewaffnungsgrad der Bevölkerung. Darüber hinaus wirken die alltäglichen Beeinträchtigungen wie mangelhafte Infrastruktur, Trennung von Familie und Angehörigen sowie die zum Teil schlechten Kommunikationswege im Missionsgebiet auf die Einsatzkräfte. Daher ist es geboten, die Polizistinnen und Polizisten bei der Bewältigung dieser Belastungen - neben der Sicher-stellung der erforderlichen Versorgungsmaßnahmen - durch eine der Situation angemessene Betreuung und Begleitung zu unterstützen. Hierzu werden durch den jeweiligen Mandatgeber, den Bund und die Länder vielschichtige Maßnahmen auf unterschiedlichen Ebenen und Verantwortlichkeiten durchgeführt.
Nach Afghanistan werden in regelmäßigen Abständen Inspektions-, Betreuungs- und seelsorgerische Reisen durch das Bundesministerium des Innern, die Geschäftsstelle der Bund-Länder-Arbeitsgruppe, das Kriseninterventionsteam, Vertreter der Entsendedienststellen sowie Seelsorger durchgeführt, bei denen - sofern es die örtlichen Gegebenheiten zulassen - alle Standorte, an denen deutsche Beamtinnen und Beamte eingesetzt sind, besucht werden. Im Rahmen dieser Reisen finden regelmäßig intensive Gespräche mit den vor Ort befindlichen Beamtinnen und Beamten statt. Insbesondere den Umfang der seelsorgerischen Betreuung gestalten die Beamtinnen und Beamten aktiv mit.
Durch die personelle Vorauswahl, die ärztlichen Eignungsuntersuchungen, die länderspezifischen Lehrinhalte bei den Vorbereitungsseminaren, die spezielle Einweisung des Führungspersonals sowie die begleitende Betreuung durch das Bundesinnenministerium beziehungsweise die Geschäftsstelle der Bund-Länder-Arbeitsgruppe während des Einsatzes ist bis dahin bereits ein engmaschiges Betreuungsnetz aufgebaut.
Es wird dadurch erweitert beziehungsweise ergänzt, dass jede Führungskraft wie aber auch jede Einsatzkraft bei tatsächlich oder subjektiv erlebten belastenden Ereignissen unmittelbar mit Angehörigen des ärztlichen und des psychologischen Dienstes beziehungsweise der Seelsorge Kontakt aufnehmen kann. Auf Hinweise oder Bitten der Führungskräfte oder der Einsatzkräfte kann jederzeit auch das für polizeiliche Auslandseinsätze gebildete Kriseninterventionsteam, das sich aus Ärzten, Psychologen, Notfallseelsorgern sowie missionserfahrenen Beamten zusammensetzt, angefordert werden, wobei es auch außerhalb einer konkreten Anforderung in Einzelfällen zur Kontaktaufnahme vor Ort kommen kann.
Im Bedarfsfall wird jede Einsatzkraft einer adäquaten und umfassenden Behandlung vor Ort oder wenn nötig und möglich in der Bundesrepublik Deutschland zugeführt. Im Camp Warehouse Kabul befinden sich zudem ein deutsches und ein französisches Krankenhaus, welche über qualifizierte Ärzte verfügen. Des Weiteren können Patienten bei Bedarf auch nach Mazar-e-Sharif in das deutsche Krankenhaus im Camp Marmal verlegt werden. Deutsche Krankenhäuser befinden sich zudem in den Provincial Reconstruction Teams (PRT) in Kunduz und Feyzabad. Weiter verfügt auch die EUPOL-Mission über einen ärztlichen Dienst.
Durch die Möglichkeit, sich jederzeit an Dienstvorgesetzte, den ärztlichen oder psychologischen Dienst beziehungsweise die Seelsorge der Bundeswehr wenden zu können, schließen sich die Betreuungsmöglichkeiten vor Ort.
Den Polizeibeamtinnen und -beamten stehen vor Ort auch vielseitige Möglichkeiten zum Ausgleich und zur Freizeitgestaltung zur Verfügung. Alle Liegenschaften verfügen über ein Fitnesscenter bzw. verschiedene Sportangebote und sonstige Freizeitangebote. An allen Standorten besteht die Möglichkeit, zollfreie Waren im Marketender einzukaufen. Diese PX-Läden verfügen über alle notwendigen Gegenstände des täglichen Bedarfs wie z. B. auch über Zeitschriften und vieles mehr.
Das Internet Café im Camp Marmal stellt mehrere Plätze bereit. Außerdem steht den Polizeibeamten an allen Standorten natürlich die Nutzung des Internets in ihren Büros zur Verfügung. Im Objekt "Green Village" in Kabul und im Camp Marmal in Mazar-e-Sharif sind Internetanschlüsse auch in den Unterkunftsräumen vorhanden.
Dem besonderen Fürsorgegedanken bei polizeilichen Auslandseinsätzen Rechnung tragend, ist in der niedersächsischen Polizei ein systematisches Betreuungsnetzwerk installiert.
Neben der Verantwortlichkeit der Vorgesetzten und der Personalstellen auf den unterschiedlichen Ebenen ist in der Zentralen Polizeidirektion die Organisationseinheit "Koordinierung und Betreuung Auslandsverwendung" eingerichtet und mit entsprechend qualifiziertem Personal ausgestattet. Sie ist landeszentral für die Missionsteilnehmerinnen und -teilnehmer sowie deren Familien und Angehörige, aber auch für die Geschäftsstelle der Bund-Länder-Arbeitsgruppe die Rund-um-die-Uhr-Ansprechstelle für alle mit der Auslandsverwendung verbundenen Anfragen und Informationen. Die von dort geleistete Betreuungsarbeit setzt bereits bei Interessentinnen und Interessenten an und erstreckt sich über das Auswahlverfahren, die Vorbereitungsphase und die Missionszeit bis hin zur Wiedereinreise. Weiterhin ist der Kontakt mit der Heimatdienststelle und -behörde besonders wichtig. Er ermöglicht den Beamtinnen und Beamten die Teilhabe am dienstlichen Leben in der Heimat, die Möglichkeit der Übersendung von Publikationen und Ausschreibungen sowie des allgemeinen Informationsaustausches mit den Dienststellen. In die Betreuung werden möglichst auch die Angehörigen der Polizeibeamten eingebunden, für die der Auslandseinsatz häufig ebenfalls eine besondere Belastung und Herausforderung darstellt.
Die Mitarbeiter der Koordinierungsstelle sind deshalb ebenso jederzeit für die Angehörigen erreichbar und bieten auch die Möglichkeit des Aufsuchens der Familie am Wohnort an, um Gespräche zu führen oder zu unterstützen.
Zu 3.:
Seit Beginn des deutschen Engagements in Afghanistan finden in der Regel zwei bis vier Wochen nach Einsatzende des Beamten jeweils einwöchige Nachbereitungsseminare beim Trainingszentrum der Bundespolizei in der Nähe von Berchtesgaden statt. Seit August 2009 werden für die nur kurzzeitig für einen Zeitraum von ein bis drei Monaten als Polizeiausbilder eingesetzten Beamtinnen und Beamten (sogenannte Kurzzeitexperten) verkürzte Nachbe-reitungsseminare in Brühl, Wertheim oder Lübeck angeboten. Das Seminar dient der Reintegration in das private und dienstliche Umfeld. Es dient auch des Erkennens von Auffälligkeiten und der Hilfestellung bei deren Bewältigung. Die Teilnahme an den Nachbereitungsseminaren ist für alle aus dem Einsatz zurückkehrenden Beamtinnen und Beamten verpflichtend.
Nach Missionsende bietet die niedersächsische Betreuungsarbeit neben einem obligatorischen Debriefing, das in Form eines vertraulichen Einzelgesprächs nach Rückkehr erfolgt, aktive Unterstützung bei der Reintegration in den Dienstalltag und soweit gewünscht im privaten Bereich. Dieses wird ermöglicht durch eine individuelle Betreuung, die auch außerhalb der normalen Dienstzeiten bei Bedarf jederzeit erreichbar ist und tätig wird. Zudem erfolgt in so genannten Angehörigenseminaren, die regelmäßig unter Leitung der niedersächsischen Koordinierungsstelle durchgeführt und von Vertretern des Ministeriums begleitet werden, eine Zusammenführung ehemaliger und künftiger Missionsteilnehmerinnen und -teilnehmer und deren Angehörigen.
Diese Seminare dienen insbesondere der Information, dem Wissenstransfer, der Reflexion sowie einer das familiäre Umfeld einschließenden Missionsvor- und -nachbereitung; sie fördern zudem das gegenseitige Kennenlernen und den Erfahrungsaustausch.
Aus den Gesprächen mit den Rückkehrern wird häufig auch erkennbar, wie sehr sich die niedersächsischen Missionsteilnehmer mit ihrer Arbeit und ihren helfenden Aufgaben im Einsatzgebiet identifizieren und für den Aufbau einsetzen. Sie beschreiben immer wieder die positiven Erfahrungen und heben dabei die Bedeutung sowie die Wichtigkeit des Engagements beim Aufbau hervor. Unterstrichen wird dies oftmals durch die persönliche Bereitschaft, auch weiterhin unterstützend tätig sein zu wollen und für eine erneute Missionsteilnahme zur Verfügung zu stehen.
Artikel-Informationen
erstellt am:
30.04.2010
zuletzt aktualisiert am:
20.05.2010