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Elektroimpulsgeräte für die niedersächsische Polizei

Sozialministerin Mechthild Ross-Luttmann be-antwortet in Vertretung von Innenminister Uwe Schünemann die Kleine Anfrage des Abgeord-neten Briese (GRÜNE)


Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 09.12.2005; Fragestunde

Der Abgeordnete hatte gefragt:

Verschiedene Landesregierungen planen derzeit, ihre Polizeikräfte mit Elektroimpulswaffen auszurüsten. Mit der geplanten Änderung des Polizeiaufgabengesetzes in Bayern sollen "Elektroimpulsgeräte und vergleichbare Waffen" generell zugelassen werden und nicht nur einzelnen Spezialeinheiten der Polizei zur Verfügung gestellt werden. So soll z. B. ein so genannter Taser, der eine Elektroimpulswaffe ist, in der Lage sein, einen Gegner für Minuten außer Gefecht zu setzen. Die Waffen werden häufig als Betäubungswaffen und vermeintlich sanfte Alternative zu Schusswaffen verharmlost. Dabei verzeichnete amnesty international in Kanada und den USA mehr als 70 Todesfälle, die durch Elektroimpulswaffen verursacht wurden.

Ich frage die Landesregierung:

1. Beabsichtigt die Landesregierung ebenso wie u. a. Bayern, das SOG zu ändern und die Polizei mit Elektroimpulsgeräten und vergleichbaren Waffen auszustatten? Wenn ja, zu welchen Anlässen und unter welchen Bedingungen?

2. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über die Folgen, die der Einsatz von Elektroimpulswaffen unterschiedlicher Arten bei Herzkranken, Schwangeren, gesundheitlich Beeinträchtigten oder Drogensüchtigen auslösen könnte, und können Stürze der Getroffenen, Augenverletzungen und gesundheitliche Spätfolgen ausgeschlossen werden?

3. Ist zu befürchten, dass solche angeblich nicht tödlichen Waffen schneller und häufiger als Schusswaffen eingesetzt werden würden?

Sozialministerin Mechthild Ross-Luttmann beantwortete namens der Landesregierung die Kleine Anfrage wie folgt:

Das Elektroimpulsgerät "Taser" wurde im September 2001 als Hilfsmittel der körperlichen Gewalt für den polizeilichen Gebrauch ausschließlich in Einsätzen des Spezialeinsatzkommandos Niedersachsen im Rahen einer Pilotierung zur weiteren Erkenntnissammlung zugelassen. In den Ausführungsbestimmungen zu § 69 des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Nieders. SOG) wird für den Gebrauch der Reiz- und Betäubungsstoffe vorgegeben, dass diese nur zulässig sind, wenn der Einsatz körperlicher Gewalt oder anderer Hilfsmittel der körperlichen Gewalt keinen Erfolg verspricht und wenn durch den Gebrauch dieser Stoffe die Anwendung von Waffen vermieden werden kann. Neben der analogen Anwendung dieser Voraussetzung wurde darüber hinaus durch Erlass der Einsatz des "Tasers" zusätzlich ausdrücklich auf die Fälle beschränkt, bei denen durch den Gebrauch des Elektroimpulsgerätes die Anwendung von Schusswaffen vermieden werden kann.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Frage des Abg. Briese namens der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1:

Die Landesregierung beabsichtigt nicht, das Niedersächsische SOG zu ändern. Es ist nicht vorgesehen, die Polizei des Landes Niedersachsen allgemein mit Elektroimpulsgeräten auszustatten.

Zu Frage 2:

In Fällen, in denen die Notwendigkeit einer möglichst schnellen Aktionsun-fähigkeit der betroffenen Person besteht, ist dessen Gefährdungsrisiko beim Einsatz von Taser-Waffen gegenüber dem von Schusswaffen deutlich geringer. Darüber hinaus dürfen Elektroimpulsgeräte nur von an den Geräten fortgebildeten Bediensteten geführt und eingesetzt werden. Die Fortbil-dung beinhaltet eine eingehende Einweisung in die Bedienung, die Wirkungsweise und die medizinischen Risiken des Einsatzes. Sekundäre Verletzungen durch die plötzliche Bewegungsunfähigkeit, wie z. B. Sturzverletzungen, Verletzungen durch Abstürze aus der Höhe oder in Wasser, sind beim Einsatz des Gerätes durch entsprechende Vorkehrungen zu berücksichtigen.

Zu Frage 3:

Die Befürchtung, dass Elektroimpulsgeräte schneller und häufiger als Schusswaffen eingesetzt werden, wird von der Landesregierung nicht ge-teilt. Die Anzahl von lediglich sieben Einsatzfällen seit der Einführung belegt den verantwortungsvollen Umgang mit diesem Einsatzmittel.

Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass der "Taser-Einsatz" gerade auf die Vermeidung der Anwendung von Schusswaffen abstellt. Dies ist aber nicht gleichzusetzen damit, dass für den Einsatz des "Tasers" die Voraussetzungen für den Schusswaffengebrauch vorliegen müssen (vgl. §§ 76 ff. Nds.SOG). Der "Taser" soll gerade auch zu einem Zeitpunkt eingesetzt werden können, wenn die Voraussetzungen für den Schusswaffengebrauch eben (noch) nicht vorliegen, es sich aber abzeichnet, dass die Situation sich so entwickeln wird, dass ein Schusswaffengebrauch zur Abwendung der Gefahr bzw. zum Erreichen des Einsatzzweckes erforderlich werden würde. So muss auch zum Beispiel der Gebrauch des "Tasers" zur Vereitelung eines Suizidversuches möglich sein.

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
09.12.2005
zuletzt aktualisiert am:
20.05.2010

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