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Polizeiliche Kriminalstatistik 2007

Immer mehr Jugendliche bei Körperverletzungen unter Alkoholeinfluss


HANNOVER. Alkohol spielt bei jungen Straftätern eine immer größere Rolle: Jeder fünfte Jugendliche (14-17 Jahre) und jeder zweite Heranwachsende (18-21 Jahre), der im vergangenen Jahr in Niedersachsen eine Körperverletzung begangen hat, war alkoholisiert. Dies geht aus der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) 2007 hervor, die Innenminister Uwe Schünemann am Donnerstag in Hannover vorstellte. "Exzessiver Alkoholgenuss führt offensichtlich zu einem erhöhten Risiko, gewalttätig zu werden", sagte Schünemann.

Die weitgehend parallele Entwicklung der Zunahme sowohl der registrierten Körperverletzungsdelikte um fast 2.000 auf 52.667 Fälle als auch des Anteils der unter Alkoholeinfluss begangenen Körperverletzungen sei auffällig, hob der Minister hervor.

Die Zahl minderjähriger Täter ist bei Körperverletzungen nach Angaben Schünemanns seit zehn Jahren kontinuierlich angestiegen – im Vergleich zu 1998 von 5.700 auf 10.600 und damit um 87 Prozent. Im Bereich gefährlicher und schwerer Körperverletzung verzeichnet die Polizei seit 2003 bei Kindern einen Anstieg um fast 40 Prozent (plus 300 Tatverdächtige) und bei Jugendlichen um fast 32 Prozent (plus 1.100 Tatverdächtige).

Die in Niedersachsen festgestellten Entwicklungen bezüglich des Alkoholkonsums decken sich mit den Ergebnissen einer aktuellen Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Danach haben 2007 vermehrt 12- bis 17-Jährige regelmäßig Alkohol getrunken (22% wenigstens einmal in der Woche) und dies vermehrt exzessiv (26% einmal im Monat mehr als fünf Gläser an einem Tag).

"Wenn wir wissen, dass der Konsum von Alkohol bei Kindern und Jugendlichen zugenommen hat und Alkohol gleichzeitig die Gewaltbereitschaft steigert, dann müssen wir reagieren", betonte Schünemann. Er kündigte an, dass die Polizei unbegleitete Kinder und Jugendliche, die in der Öffentlichkeit Alkohol konsumieren, zielgerichtet kontrollieren werde. "Die Polizei wird zukünftig noch stärker bei Verstößen gegen das Jugendschutzgesetz einschreiten." Nach den Worten des Ministers wird es auch gezielte Kontrollen an bekannten Treffpunkten geben, wie zum Beispiel an Tankstellen oder in Parks.

Die dann erforderlichen polizeilichen Maßnahmen reichten von der Identitätsfeststellung und Verhinderung des weiteren Alkoholkonsums über die Zuführung der Kinder und Jugendlichen zu ihren Eltern bis hin zur Information des Jugendamtes. Dabei sollen für den Transport in Fahrzeugen der Polizei Gebühren erhoben werden, die in der Regel etwa bei 65 Euro liegen.

Schünemann wies darauf hin, dass die Polizei auch gegen Betreiber von Gaststätten und Verkaufsstellen "unter Ausschöpfung aller rechtlichen Möglichkeiten" vorgehen werde: "Gesetzesverstöße können sogar bis zur Untersagung des Betriebes oder zum Widerruf der Erlaubnis führen." Zudem sollen die bewährten gemeinsamen Jugendschutzstreifen mit dem Jugendamt ausgeweitet und verstärkt Veranstaltungen wie Abifeiern, Volksfeste oder andere Wochenendveranstaltungen ins Auge gefasst werden.

Der Innenminister betonte aber: "Insbesondere die Eltern sind aufgefordert, dem übermäßigen Alkoholkonsum ihrer Kinder zu begegnen."

Die weiteren wesentlichen Eckdaten der PKS 2007:

Aufklärungsquote auf Rekordhöhe

Mit einer Aufklärungsquote von 56,86 Prozent der Straftaten hat Niedersachsen im vergangenen Jahr einen neuen Rekordwert erreicht. Damit hat sich der positive Trend in der Kriminalitätsbekämpfung auch 2007 fortgesetzt. Die Zahl der Gesamtstraftaten stieg nur leicht an um 0,58 Prozent (3.478 Fälle) auf 607.075. Mit 239.714 tatverdächtigen Personen konnten so viele Tatverdächtige ermittelt werden wie noch nie seit Einführung der elektronischen PKS-Erfassung zu Beginn der 70er Jahre.

Vollendete Fälle von Mord und Totschlag zu 100 Prozent aufgeklärt

Erfreulich ist die Entwicklung der Straftaten gegen das Leben mit einem Rückgang der Fallzahlen um mehr als 15 Prozent auf 413 Fälle. Sämtliche vollendeten vorsätzlichen Tötungsdelikte konnten aufgeklärt werden. Mit 61 Delikten wurde hier der zweitniedrigste Wert der letzten zehn Jahre erreicht.

Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung

Die Anzahl von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung hat gegenüber dem Vorjahr leicht zugenommen. Wesentlich verantwortlich für diese Entwicklung ist der Bereich der "Verbreitung pornographischer Erzeugnisse", vor allem "Besitz/Verschaffung von Kinderpornographie". Weniger Vergewaltigungen steht eine höhere Anzahl von Fällen sexuellen Missbrauchs von Kindern gegenüber (1.400 Fälle mit 1.895 Opfern).

Zur Prävention von Sexualdelikten ist im vergangenen Jahr die Konzeption zum Umgang mit rückfallgefährdeten Sexualstraftätern ("KURS") in Niedersachsen gestartet worden, die täterorientierte Maßnahmen im Umgang mit rückfallgefährdeten Sexualstraftätern beinhaltet. In diesem Programm werden zurzeit etwa 300 Sexualstraftäter betreut.

Kinderpornographie

Zur Bekämpfung steigender Fallzahlen bei Besitz oder Verbreitung kinderpornographischer Erzeugnisse – häufig über das Internet – hat Niedersachsen gezielte Maßnahmen ergriffen. So ist im LKA Niedersachsen ein eigenes Sachgebiet "Anlassunabhängige Recherche" eingerichtet worden, um diese Täter zu ermitteln. Das LKA stellte 627 Straftaten fest, zu einem gro-ßen Teil unter Nutzung von IP-Adressen aus dem Ausland. Bei etwa 60 Prozent der fast 200 inländischen Fälle scheiterte die Identifizierung der Tatverdächtigen allerdings daran, dass die Verkehrsdaten durch die Internetserviceprovider nicht mehr gespeichert waren.

Eine von Niedersachsen geforderte und mit Jahresbeginn 2008 in Kraft getretene Gesetzesnovellierung verpflichtet die Provider nunmehr, die Ver-kehrsdaten sechs Monate zu speichern. "Täter können somit nicht mehr allzu leicht unerkannt in der virtuellen Welt abtauchen", sagte Schünemann. Das Risiko, ermittelt zu werden, sei gestiegen.

Diebstahl

Der Diebstahl nimmt nach wie vor den größten Anteil an der Gesamtkriminalität ein. Allerdings hält der rückläufige Trend der vergangenen Jahre beim Diebstahl an, so dass der Anteil mit etwa 250.000 Fällen jetzt nur noch etwas mehr als 40 Prozent beträgt. Im Jahr 2003 lag die Quote noch bei annähernd 50 Prozent.

Beim so genannten Diebstahl unter erschwerenden Umständen verzeichnete die Polizei einen Anstieg der Aufklärungsquote um mehr als zwei Prozentpunkte. Hier spielten neben erfolgreichen Fahndungsmaßnahmen und einer qualifizierten Tatortarbeit auch bessere Auswertemöglichkeiten wie die DNA-Analyse eine Rolle. Um die Arbeit im Feld der Molekulargenetik, der DNA-Analytik und bei den anderen Untersuchungen im Bereich des kriminaltechnischen Instituts zu optimieren, wurden 2007 nochmals 500.000 Euro für den Kauf eines modernen Laborinformations- und Managementsystems zur Verfügung gestellt.

Vermögens- und Fälschungsdelikte

Die vermehrte Bedeutung moderner Kommunikationssysteme, wie z. B. die Nutzung des Internet als Handelsplattform, wird insbesondere bei den Vermögens- und Fälschungsdelikten deutlich.

Die Zahl der Straftaten mit dem Tatmittel Internet ist gegenüber dem Vorjahr um mehr als 44 Prozent auf etwa 21.500 Fälle gestiegen – bei einer Aufklärungsquote von fast 85 Prozent.

Neue Erscheinungsformen wie das Ausspähen von Bankdaten ("Phishing") sind auch in Niedersachsen vermehrt zu verzeichnen. Die Täter versenden fingierte E-Mails, so genannte Phishing-Mails. Diese sollen den Empfänger dazu veranlassen, persönliche Daten wie Zugangsdaten, Passwörter und Transaktionsnummern preiszugeben. Dabei werden die Methoden immer raffinierter. Kamen früher Mails im Umlauf, die - einfach gestaltet und schlecht formuliert - die Absicht des Absenders auf Anhieb verrieten, so ködern die Täter ihre Opfer heute mit in professionellem Design gestalteten Internet-Seiten, die denen von Banken sehr ähnlich und selbst von Profis nur schwer zu identifizieren sind.

Eine Reaktion auf diese Entwicklung ist mit dem Einsatz speziell ausgebildeter Ermittler oder der bereits genannten Einrichtung der anlassunabhängigen Recherche im Internet, also der Schaffung eines polizeilichen "Streifendienstes" im Internet, erfolgt.

Derzeit werden unter der Federführung Niedersachsens in einer bundesweiten Projektgruppe Vorschläge für eine zeitgemäße Anpassung der Polizei im IT-Zeitalter erarbeitet.

Rauschgiftkriminalität

Gezielte polizeiliche Maßnahmen führten bei der Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität zum Erkennen und Zerschlagen von Händler- und Verteilerstrukturen. Neben dem klassischen Handel mit Drogen aller Art werden in Niedersachsen immer häufiger so genannte Indoor-Plantagen entdeckt. Im vergangenen Jahr waren es zwei professionell betriebene Plantagen mit mehr als 1000 Pflanzen und 23 kleinere Plantagen mit bis zu 1000 Pflanzen.

Gestiegener Kontrolldruck, beispielhaft aufgezeigt an dem bei der Polizeidirektion Osnabrück angesiedelten "Gemeinsamen Polizeiteam (GPT)" der niedersächsischen Landespolizei, der Bundespolizei und der niederländischen Polizei, haben im grenznahen Raum zu einem maßgeblichen Anstieg von aufgedeckten Rauschgiftdelikten geführt. Mehr als 250 Ermittlungsverfahren konnten so eingeleitet werden, in über 30 Fällen wurde die Einfuhr nicht geringer Mengen Rauschgifts nachgewiesen. Das bisher spektakulärste Ereignis war die Sicherstellung von 101 kg Haschisch. Die Erfolge sind insbesondere der guten Zusammenarbeit mit den Niederlanden und mit der Bundespolizei zu verdanken.

 

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
21.02.2008
zuletzt aktualisiert am:
20.05.2010

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