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Positives Fazit nach der hybriden Herbst-Innenministerkonferenz in Stuttgart

Pistorius: „Wichtige innenpolitische Weichenstellungen auch unter dem Eindruck der vierten Corona Welle“


In den vergangenen drei Tagen haben die Innenministerinnen und Innenminister sowie die Innensenatoren der Länder in Stuttgart in hybrider Sitzung mehr als 80 Tagesordnungspunkte aus verschiedenen innenpolitischen Bereichen beraten. Neben dem Niedersächsischen Minister für Inneres und Sport und Sprecher der sozialdemokratischen Innenressorts, Boris Pistorius, war der Sprecher der CDU/CSU-geführten Innenressorts, der bayerische Staatsminister für Inneres, Joachim Herrmann, und als Gastgeber der aktuelle Vorsitzende der IMK, Baden-Württembergs Innenminister, Thomas Strobl, vor Ort. Alle weiteren Mitglieder der IMK wurden digital zu den verschiedenen Gesprächen zugeschaltet. Nach Abschluss des Plenums am heutigen Freitag (3.12.2021) bedankte sich Minister Pistorius bei seinen Länderkolleginnen und -kollegen für die guten und weitestgehend einvernehmlichen Gespräche: „Wie schon vor einem Jahr im Herbst konnten wir uns auch in Stuttgart wegen der Entwicklungen der Pandemie leider nur hybride treffen. Trotzdem haben wir sehr viele gute Beschlüsse gefasst. Besonders wichtig waren aus meiner Sicht die Themen Bevölkerungsschutz, Kriminalitätsphänomene wie die Sprengungen von Geldautomaten, der Umgang mit Migrantinnen und Migranten aus Afghanistan sowie die Entwicklungen bei Corona-Leugnern und ähnlichen Bewegungen.“

Im Einzelnen sagte der Minister:

Bevölkerungsschutz

„Es ist wichtig, dass im kommenden Jahr das gemeinsame Kompetenzzentrum Bevölkerungsschutz des Bundes und der Länder seine Arbeit aufnehmen kann. Wir sollten angesichts der Erfahrungen aus der Corona-Pandemie schon jetzt darüber nachdenken, einen Schritt weiter zu gehen. Darum ist richtig, dass beim Bundeskanzleramt ein Stab für nationales Krisen-Management eingerichtet wird. In einer nationalen Notlage brauchen wir eine zentrale und kooperative Steuerung unter enger Einbindung der Länder. Die Fähigkeiten aller betroffenen und beteiligten Stellen in Bund, Ländern und Kommunen müssen koordiniert zusammenarbeiten. Darum sollte der nationale Krisenstab beim Bundeskanzleramt als dauerhafte Einrichtung festgeschrieben werden. Ich habe in Stuttgart die Diskussion darüber angestoßen, ein neues Nationales Krisen-Kommando einzurichten. Dieses sollte sich im Krisenfall nach klar definierten Kriterien aus den unterschiedlichen Organisationen und Einheiten der allgemeinen Gefahrenabwehr zusammensetzen und gemeinsam unter einer einheitlichen Führung arbeiten. Ein Vorbild dafür könnte das sehr erfolgreich arbeitende Havariekommando an der deutschen Küste sein. Die Strukturen dieses Nationalen Krisen Kommandos müssten regelmäßigig geübt und von vornherein mit klaren Führungsstrukturen versehen werden. Zu einem wirksamen Bevölkerungsschutz gehört auch, gerade nach den Erfahrungen in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen im Sommer, dass zukünftig wieder über Sirenen gewarnt werden kann. Der Bund stellt 88 Millionen Euro für die Ertüchtigung der Sirenen in den Jahren 2021 und 2022 zur Verfügung, allerdings allen Ländern zusammen. Das reicht bei Weitem nicht aus. Allein Niedersachsen benötigt eine geschätzte Summe zwischen 80 und 100 Mio. Euro, also etwas das Zehnfache der uns bereitgestellten Summe. Darum haben wir auf der IMK beschlossen, dass der Bund diese Zahlungen verstetigen muss, insbesondere auch mit Blick auf Betrieb und Unterhaltung der Sirenen.“

Sprengungen von Geldautomaten

„In Niedersachsen haben gibt es seit kurzem ein gesondertes Lagebild zu Geldautomaten-Sprengungen. Es gibt mehrere Taten pro Monat, etwa die Hälfte davon verlaufen erfolgreich. Wir machen die Erfahrung, dass die Täter gerade aus den Beneluxländern für diese Taten über die Grenze nach Deutschland kommen. In den Niederlanden und in Belgien gibt es gesetzliche Verpflichtungen für die Banken, die Geldautomaten besser zu schützen. Bevor wir so etwas bei uns machen müssen, appelliere ich an die Banken hier in Deutschland, und die entsprechenden Verbände, dass sich die Bankinstitute zukünftig zunächst auf freiwilliger Basis besser schützen. Denn am Ende geht es auch um Gefahren für Bankkunden und Anwohner, die im schlechtesten Fall durch diesen Sprengstoff erheblich verletzt werden können.“

Extremistische Entwicklungen in Zusammenhang mit sog. Querdenkern und ähnlichen Pänomenen

„Wir haben es mit einer neuen Form des Extremismus zu tun, der nicht wie bisher oft als rechts, links oder islamistisch eingeordnet werden kann. Das Bundesamt für Verfassungsschutz nennt das verfassungsfeindliche Delegitimierung des Staates. Diese neue Form des Extremismus bietet insbesondere für den Rechtsextremismus Anknüpfungspunkte bis in die Mitte der Gesellschaft. Wichtiger Anknüpfungspunkt ist dabei oft eine Corona-skeptische Haltung. In dieser Szene werden verschiedene Aspekte von Verschwörungstheorien, esoterische Sichtweisen, rechte und völkische Theorien sowie gezielte Desinformation und Fake News zu einer neuen Weltsicht vermischt. Fakten spielen dabei kaum eine Rolle. Dabei übernehmen gerade auch Plattformen wie Telegramm eine wesentliche Rolle bei der Verbreitung dieses Gedankenguts. Wir achten sehr genau darauf, was hier passiert, wie sich diese Szene gerade abhängig von der Entwicklung der Pandemie und den weiteren Einschränkungen des öffentlichen Lebens in der vierten Welle entwickelt. Die Frage ist, inwiefern einzelne Personen in letzter Konsequenz auch bereit sein könnten, schwere Gewalt oder sogar Terroranschläge zu verüben. Wir werden das entsprechende Lagebild weiter fortschreiben, die Szene genau im Auge behalten und uns auch im Frühjahr in Würzburg wieder damit beschäftigen, wie die Entwicklung aussieht und wie man dem auch mit präventiven Mitteln entgegenwirken kann. Ich möchte deswegen den Appell an alle Menschen richten, die gegen die Maßnahmen demonstrieren wollen, was ihr gutes Recht ist. Sehen Sie sich genau an, mit wem Sie auf die Straße gehen. Gerade bei den Demos und ähnlichen Veranstaltungen gegen die Corona-Maßnahmen gelingt es Rechtsextremen, bürgerliche Kreise für sich zu vereinnahmen.“

Zukünftiger Umgang mit afghanischen Staatsangehörigen

„Auf meine Initiative hin haben wir die Bundesregierung aufgefordert, dass die aufgenommenen afghanischen Staatsangehörigen, die sich entweder noch in einem laufenden Asylverfahren befinden oder bereits seit längerem im Besitz einer Duldung sind, schnellstmöglich Klarheit über eine Bleibeperspektive in Deutschland erhalten. Denn auf absehbare Zeit werden freiwillige Ausreisen nur äußerst eingeschränkt und zwangsweise Rückführungen nach Afghanistan gar nicht möglich sein.“


Artikel-Informationen

erstellt am:
03.12.2021

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