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Beantwortung der Mündl. Anfrage der CDU zu Personal bei der Polizei

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 7. April 2017; Fragestunde Nr. 54

Das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport antwortet namens der Landesregierung auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Thomas Adasch (CDU) wie folgt:

Vorbemerkung des Abgeordneten

Ausweislich des Plenarprotokolls 17/85 erklärte Innenminister Boris Pistorius (SPD) am 20. Januar 2016 im Landtag: „Wir haben dafür gesorgt, dass Niedersachsen aktuell so viele Stellen für die Polizei hat wie noch nie zuvor in der über 60-jährigen Geschichte unseres Landes.“

Ausweislich der Beantwortung der Kleinen Anfrage zur schriftlichen Beantwortung „Polizei Niedersachsen“ der Abgeordneten Jan-Christoph Oetjen (FDP) und Christian Grascha (FDP) durch die Landesregierung in der Drucksache 17/7554 (neu) ist die Anzahl der Vollzeiteinheiten (VZE) von 2013 zu 2016 in vier von sechs regionalen Polizeidirektionen sowie bei der Zentralen Polizeidirektion, dem Landeskriminalamt und der Polizeiakademie gesunken.

1. Wie erklärt sich der Rückgang der Anzahl der (VZE) in vier von sechs regionalen Polizeidirektionen, der Zentralen Polizeidirektion, dem Landeskriminalamt und der Polizeiakademie von 2013 zu 2016?

Bezug nehmend auf die in Drs. 17/7554 (neu) enthaltenen Übersichten zur Stärke der regionalen Polizeidirektionen (PD), des Landeskriminalamt Niedersachsen (LKA), der Polizeiakademie Niedersachsen (PA) und der Zentralen Polizeidirektion (ZPD) stellen sich die Veränderungen bei den Vollzeiteinheiten (VZE) im Zeitraum von 2013 bis 2016 wie folgt dar:

Anlage

* Für die Polizeiakademie Niedersachsen sind nur die Daten für das sogenannte Stammpersonal ausgeworfen. Darüber hinaus befanden sich zum Stichtag 2013 an der Polizeiakademie Niedersachsen 1.924 Polizeikommissaranwärterinnen und Polizeikommissaranwärter im Studium, 2016 waren dies 2.549. Diese sind in obiger Aufstellung nicht enthalten.

Wegen der Umsetzung der sogenannten Zielvereinbarung III der vormaligen Landesregierung wurden zwischen 2012 und 2014 100 Stellen des Polizeivollzugs abgebaut (25 Stellen zum 31. Dezember 2012 und 75 Stellen zum 31. Dezember 2013). Die Auswirkungen dieser einschneidenden Personalmaßnahmen zeigten sich im Jahr 2014. Dadurch reduzierte sich zwischenzeitlich die Zahl der Vollzugsstellen auf 18.069 im Jahr 2014. Mittlerweile hat diese Landesregierung die Anzahl der Stellen für den Polizeivollzug wieder auf 18.148 erhöht.

Damit setzt sie die mit dem 2. Nachtragshaushalt 2015 begonnene Verstärkung des Polizeibereichs auch in 2016 und mit dem Haushalt 2017/2018 konsequent fort. In diesem Zusammenhang sei an die bisher 85 neuen Stellen und Beschäftigungsmöglichkeiten für die Polizeiverwaltung sowie 50 neue Stellen für den Vollzug erinnert.

Als erste sogenannte „Vorratseinstellungen“ wurde zum 1. April 2016 durch diese Landesregierung wieder ein zweiter Einstellungstermin eingeführt und zusätzliche 150 Polizeikommissaranwärterinnen und -anwärter (PKA) in den Dienst gestellt. Vorratseinstellungen bedeutet, dass eventuell zurückgehenden Nachwuchszahlen in den folgenden Jahren bereits jetzt durch zusätzliche Neueinstellungen durch diese Landesregierung aktiv begegnet wird. Jeweils zum 1. April werden in 2017 weitere 230 sowie in 2018 voraussichtlich weitere 150 zusätzliche Studierende eingestellt, sodass das Prinzip der Vorratseinstellungen verstetigt wird. Nach der Ausbildung werden demnach ab 2019 den Polizeibehörden insgesamt 530 zusätzliche Polizistinnen und Polizisten zur Verfügung stehen. Diese sollen nach derzeitigen Planungen ausschließlich den regionalen Polizeidirektionen zur Verfügung gestellt werden.

Diese Maßnahme erfolgt einerseits vor dem Hintergrund einer möglicherweise andauernd erhöhten Belastung. Sie schafft schon jetzt die notwendige Flexibilität und die erforderlichen Spielräume, um auch auf eine dauerhafte Verstetigung der im Moment angespannten Arbeitssituation reagieren zu können. Andererseits erfolgt sie aus Gründen der Vorsorge im Kontext des demografischen Wandels und der zu erwartenden „Bewerber/-innenver-knappung“.

Nochmals 50 neue Stellen des Polizeivollzugs wurden in 2017 für das kurzfristige Hinausschieben des Ruhestandes bereitgestellt und sollen den Vollzug sofort spürbar stärken. Insgesamt 150 neue Stellen und Beschäftigungsmöglichkeiten in der Polizeiverwaltung dienen kurzfristig der weiteren Entlastung von vollzugferneren Aufgaben sowie der Stärkung der Bekämpfung neuer Kriminalitätsformen.

Mit der vom Kabinett beschlossenen Neugestaltung der IT-Infrastruktur der Polizei Niedersachsen („Ein-Plattform-Lösung“) und Aufgabenverlagerung zu IT.Niedersachsen verbleiben der Polizei Niedersachsen nach Umsetzung 135 freigezogene Stellen/Beschäftigungsmög-lichkeiten für andere Tätigkeiten und Freisetzungen. Das führt dazu, dass diese bereits ab Ende 2018 zur weiteren Stärkung der Polizei Niedersachsen zur Verfügung stehen und für polizeiliche Kernaufgaben durch vorhandene PVB genutzt werden können, also noch bevor die ersten PKA aus den Vorratseinstellungen ihr Studium beenden.

Die erkennbaren Veränderungen haben im Wesentlichen folgende Hintergründe:

a) Verlagerungen von Aufgaben (damit einhergehend Personal) durch Schwerpunktsetzungen im Hinblick auf bestimmte Erscheinungsformen der Kriminalität, technischen Fortschritt oder zunehmende Bedarfe in der Lehre durch Aufwachsen der Studierendenzahlen und damit eine stärkere Bündelung und zentralisierte Aufgabenwahrnehmung

  • Für den Bereich der Kriminalitätsbekämpfung ist hier für das LKA neben der Intensivierung der Bekämpfung der politisch motivierten Ausländerkriminalität insbesondere hervorzuheben: die Einrichtung des RDZ-TKÜ (Rechen- und Dienstleistungszentrum Telekommunikationsüberwachung der Polizeien im Verbund der norddeutschen Küstenländer) oder der Zentralstelle PIAV (Polizeilichen Informations- und Analyseverbund).
  • Bei den notwendigen Schwerpunktsetzungen im Bereich der Technik und damit in der ZPD sind vor allem zu nennen die Neugestaltung der IT-Infrastruktur mit Einführung des „PolizeiClient“, der Betrieb und die Weiterentwicklung des Digitalfunks und die Einführung von mobilen Endgeräten für die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten.
  • Die Stärkung der Polizeiakademie erfolgte vor dem Hintergrund des Anwachsens der Ausbildungszahlen von Polizeianwärterinnen und Polizeianwärtern, also dem Beginn der sogenannten Vorratseinstellungen und damit der Erhöhung der Anwärterstellen.

b) Organisationsänderung:

Mit Wirkung vom 1. Januar 2016 wurde die Wasserschutzpolizei aus der ZPD herausgelöst und in die PD Oldenburg verlagert. Hierdurch verringerten sich die Stellen in der ZPD um 92, die Stellen und VZE der PD Oldenburg stiegen entsprechend stark an.

c) Die den Polizeibehörden und der PA zur Verfügung stehende Arbeitskraft (VZE) unterliegt im Verlauf eines Jahres bedingt durch z. B. Teilzeitarbeit und/oder Beurlaubungen, durch Elternzeiten, vorzeitigen Ruhestand wegen Erkrankung oder auch Versterbens nicht planbaren Schwankungen.

Aus den gleichen Gründen sind auch Schwankungen von Jahr zu Jahr vorhanden. Diese sind selbstverständlicher Teil einer alltäglichen Personal- und Stellenbewirtschaftung. Dieser Entwicklung wird im Übrigen Rechnung getragen bei der Berechnung der jährlichen Einstellungszahlen, indem auf Basis von Erfahrungswerten dazu Aufschläge bei den Einstellungen erfolgen.

Im Ergebnis ergibt sich insgesamt eine Stärkung der Polizei um 1.000 Stellen und Beschäftigungsmöglichkeiten. Kurz- und mittelfristig, in allen Beschäftigungsgruppen, wohlerwogen, schlüssig und miteinander verzahnt sowie insbesondere auch nachhaltig. Und sie entfaltet ausbildungsbedingt ihre unmittelbare Wirkung, ohne sich zwangsläufig sofort direkt in Zahlen für den Polizeivollzugsdienst, insbesondere in den Polizeiinspektionen (PI), niederzuschlagen.

Im Übrigen verweise ich auf die Antwort der Landesregierung zu der Anfrage „Polizei Niedersachsen“ (Drs. 17/7554 (neu).

2. Wie erklärt sich der Umstand, dass bei der Polizeiinspektion Celle unter Berücksichtigung des Wegfalls des „Range-Zuschlags“ (12 Polizeivollzugsbeamtinnen/-beamte) und der Inbetriebnahme der Einsatz- und Rettungsleitstelle in Lüneburg (6 Polizeivollzugsbeamtinnen/-beamte) die Anzahl an Köpfen von 2013 zu 2016 von 327 auf 301 und die Anzahl der (VZE) von 305,2 auf 278,7 gesunken sind?

Grundlage für das Planstellenverteilungsmodell der Polizeidirektion Lüneburg im Bereich Vollzug ist aktuell das Planstellenverteilungsmodell auf Landesebene. Gemäß Ziffer 4 des dazu ergangenen Erlasses erfolgt die konkrete Zuordnung der Planstellen durch die jeweils verantwortliche Polizeibehörde für die Ebene der Polizeiinspektionen (PI). Dabei hat die Polizeidirektion in einem Säulenmodell den Schwerpunkt auf die belastungsorientierte Verteilung zu setzen. Regionale Besonderheiten und Schwerpunkte sind zu berücksichtigen.

Die konkrete Zuordnung von Stellen durch die PD Lüneburg erfolgt mit dem Schwerpunkt einer belastungsorientierten Verteilung unter Berücksichtigung regionaler Besonderheiten und besonderer Schwerpunkte. Der belastungsorientierte Personalanteil (u. a. Zahl Straftaten, Bevölkerungszahlen) unterliegt dabei aufgrund der jährlichen Aktualisierungen der Kennzahlen durch die Behörde Schwankungen, die sich entsprechend auf die Personalsituation in den PI und somit auch in der PI Celle auswirken. Gegenüber dem 1. Oktober 2013 waren am 1. Oktober 2016 in der PI Celle 26,5 VZE weniger Arbeitskraft (26 Personen) verfügbar.

Das begründet sich in den bereits in der Frage aufgeführten Abzügen durch den Wegfall von Aufgaben für den „Objektschutz Generalbundesanwalt“ (12 VZE) sowie Aufgabenverlagerung von der Einsatzleitstelle der PI Celle zur Kooperativen Leitstelle Lüneburg (6 VZE).

Im Jahr 2013 wurden der PD Lüneburg 2.225 Stellen zugewiesen, von denen 1.531 belastungsorientiert auf die PI verteilt wurden. Bei der behördeninternen belastungsorientierten Verteilung lagen die Zahlen der PI Celle bei 15,98 Prozent für die faktorisierte Fallzahlen und im Hinblick auf die Bevölkerungszahl bei 14,23 Prozent.

Demgegenüber wurden der PD Lüneburg in 2016 insgesamt 2.206 Stellen zugewiesen. Aus der belastungsorientierten Verteilmenge (1.503 Stellen) erhielt die PI Celle entsprechend ihres aktualisierten Anteils an faktorisierten Fallzahlen 15,37 Prozent, der Anteil für die Bevölkerungszahl betrug nunmehr 14,22 Prozent. Allein aus diesen beiden Belastungsparametern ergibt sich damit für die PI Celle eine Differenz von minus 7 VZE gegenüber 2013.

Im Übrigen stellen die tatsächlichen Personalzahlen zum 1. Oktober eines Jahres „Momentaufnahmen“ der Personalsituation einer Dienststelle dar, die unabhängig von Planstellen ständigen Schwankungen (z. B. infolge Elternzeiten) unterworfen sind. Die vorgenommenen Planstellenberechnungen berücksichtigen u. a. auch die Personalabgänge durch den Eintritt in den Ruhestand in dem Zeitraum sechs Monate vor und sechs Monate nach dem jeweiligen Versetzungstermin zum 1. Oktober eines Jahres, so dass auch in dieser Hinsicht personelle Schwankungen je nach Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand entstehen.

Die Differenz von 305,2 VZE in 2013 auf 278,7 VZE in 2016 erklärt sich somit durch den Wegfall von Aufgaben, Änderungen in belastungsorientierten Kennzahlen sowie in Schwankungen, die sich als selbstverständlicher Teil einer alltäglichen Personal- und Stellenbewirtschaftung ergeben.

3. Wie ist das Planstellen-Verteilungsmodell im Detail aufgebaut, und was sind die belastbaren Kriterien, nach denen die Planstellen für den Polizeivollzugsdienst den regionalen Polizeidirektionen, der Zentralen Polizeidirektion, dem Landeskriminalamt und der Polizeiakademie zugewiesen werden?

Im Rahmen der Umorganisation der Polizei 2005 wurde ein Berechnungsmodell für die Verteilung der Planstellen für den Polizeivollzugsdienst (PVD) in den regionalen Polizeidirektionen (PD) entwickelt. Die Planstellenverteilung diente damals und dient auch heute dem übergeordneten Ziel der niedersächsischen Landespolizei, für die Bürgerinnen und Bürger unter Berücksichtigung regionaler Strukturen landesweit gleiche Sicherheitsstandards zu gewährleisten. Sie ist im Wesentlichen auf eine belastungsorientierte Verteilung ausgerichtet.

Durch eine Landesprojektgruppe unter Beteiligung aller Behörden wurde 2013 eine Überprüfung der bestehenden Verteilungsparameter vorgenommen.

Das Planstellenverteilungsmodell wurde mit Erlass des MI vom 11. Juni 2015 umgesetzt, wobei die bisherigen Grundsätze, insbesondere hinsichtlich einer belastungsorientierten Ausrichtung, beibehalten wurden. Von den mit Haushaltsgesetz zur Verfügung gestellten Stellen für den PVD werden zunächst die Kontingente für das Landeskriminalamt Niedersachsen (LKA), die Polizeiakademie Niedersachsen (PA) und die Zentrale Polizeidirektion (ZPD) in Abzug gebracht. Vor dem Hintergrund, dass sich Aufgaben, Organisation und Personalstrukturen fortentwickeln, wird das Verteilungskonzept bei Bedarf fortgeschrieben.

Die verbleibende Anzahl an Stellen wird entsprechend dem Verteilungsmodell auf die Flächenbehörden verteilt. Dabei wird eine Anzahl von Stellen für bestimmte organisationsbezogene Funktionen (Leitungs- und Funktionsaufgaben, die unabhängig von der unmittelbaren Belastung einzurichten sind), für besondere Aufgaben (z. B. Objektschutzwachen) oder fachlich-organisatorische Schwerpunktsetzungen gesockelt.

Im Weiteren erfolgt eine belastungsorientierte Verteilung, die auf den Einflussgrößen Fläche, Bevölkerung und faktorisierte Fallzahlen basiert. Die drei Einflussgrößen werden im Einzelnen wie folgt berücksichtigt: Fläche zu 20 Prozent, faktorisierte Fallzahl zu 35 Prozent und Bevölkerung zu 45 Prozent.

Die Planstellen werden den Behörden ohne Unterscheidung der einzelnen Dienstzweige insgesamt zugewiesen. Innerhalb einer PD erfolgt die konkrete Verteilung der Planstellen eigenverantwortlich in Anlehnung an das Landesmodell.

Auf dem Planstellenverteilungsmodell basieren auch die Erlasse zum Personalnachersatz jeweils zum 1. Oktober eines Jahres.

Auf Basis des vorstehend erläuterten Planstellenverteilungsmodells wird also im nächsten Schritt im Rahmen der konkreten Personalnachersatzberechnung die tatsächlich zur Verfügung stehende Arbeitskraft (nicht alle Stellen sind z. B. in Vollzeit besetzt), gemessen in Vollzeiteinheiten (VZE), geschlüsselt und sachgerecht auf die Polizeibehörden und die Polizeiakademie Niedersachsen verteilt.

Es besteht seit vielen Jahren in der Polizei landesweit ein breiter Konsens über die Richtigkeit des Verteilungsprinzips.

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erstellt am:
07.04.2017

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