Versammlungsrecht in Niedersachsen
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 05.10.2010; TOP 5
Sehr geehrte Damen und Herren,
mit der Verabschiedung des von den Fraktionen der CDU und der FDP eingebrachten Gesetzentwurfes wird Niedersachsen ein modernes und versammlungsfreundliches Gesetz erhalten; ein Gesetz, das zudem anwenderfreundlich ist und die Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung stärkt.
Dieser Gesetzentwurf ist deshalb versammlungsfreundlich, weil er die Rechtsstellung sich friedlich versammelnder Bürgerinnen und Bürger stärkt. So wird beispielsweise die Kostenfreiheit für versammlungsbehördliche Maßnahmen ausdrücklich festgeschrieben. Mit dem Kooperationsgebot wird die Pflicht der Behörden zur Zusammenarbeit mit der Versammlungsleiterin oder dem Versammlungsleiter gesetzlich verankert.
Darüber hinaus werden im geltenden Recht bestehende unklare Eingriffsbefugnisse zulasten der Versammlung durch den Gesetzentwurf klargestellt. Zum Beispiel erweckt der Wortlaut des Bundesversammlungsgesetzes fälschlicherweise den Eindruck, dass bereits ein einmaliger Verstoß gegen versammlungsrechtliche Beschränkungen zur Auflösung einer Versammlung führen kann. Der Gesetzentwurf sieht hingegen im Einklang mit Artikel 8 des Grundgesetzes vor, dass Versammlungen nur dann verboten oder aufgelöst werden können, wenn eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit besteht und die Gefahr nicht mit milderen Mitteln abgewehrt werden kann.Dieser Gesetzentwurf ist anwenderfreundlich, weil er kurz und prägnant, aber auch umfassend sowohl die Rechte und Pflichten der Leiterinnen und Leiter sowie der Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer Versammlung als auch die Pflichten und Befugnisse der Versammlungsbehörden und der Polizei eindeutig regelt.
Dieser Gesetzentwurf stärkt die Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, weil die Eingriffsbefugnisse gegenüber Personen, die sich unfriedlich verhalten und die sich daher nicht auf den Schutz der Versammlungsfreiheit berufen können, konkretisiert werden.
Hierfür nenne ich beispielhaft das Friedlichkeitsgebot, das eine praktikable Bestimmung enthält, um die von „schwarzen Blöcken“ oder von Aufzügen, die SA-Aufmärsche nachahmen, ausgehenden Gefahren wirkungsvoll abzuwehren. Hervorzuheben ist auch die neue Regelung, nach der Beschränkungen oder Verbote rechtsextremistischer Versammlungen erleichtert werden, wenn von diesen durch den beabsichtigten Versammlungsort oder -tag oder durch volksverhetzende Inhalte eine Gefahr für den öffentlichen Frieden ausgeht.
Abschließend möchte ich noch zu der im Laufe der parlamentarischen Beratung geäußerten Kritik an der Bannmeile Stellung beziehen. Unabhängig davon, ob nicht auch die bisher geltende Bannmeilenregelung mit Artikel 8 des Grundgesetzes vereinbar ist, schafft die nunmehr vorgeschlagene Regelung zum befriedeten Bezirk für den Landtag einen ausgewogenen Interessenausgleich und wird sowohl dem Schutz der Funktionsfähigkeit des Parlaments einerseits als auch der grundlegenden Bedeutung der Versammlungsfreiheit andererseits in angemessener Weise gerecht. Ich halte es daher für ein vorgeschobenes Argument, wenn aus den Reihen der Opposition verlautet, man könne dem Gesetz wegen der Bannmeilenregelung nicht zustimmen.
Für mich ist dies ein hilfloser Versuch, eine Begründung für die Ablehnung des Gesetzentwurfs zu finden, dem zuzustimmen man sich offenbar nicht traut, weil er von den Fraktionen der CDU und der FDP eingebracht worden ist.
Um es klar zu sagen: Wer den Gesetzentwurf heute ablehnt, votiert für die Beibehaltung des über 50 Jahre alten Bundesversammlungsgesetzes und die Beibehaltung des Niedersächsischen Bannmeilengesetzes aus den 60er Jahren.
Wer also zugunsten der Versammlungsfreiheit, zugunsten der Rechtsklarheit und -sicherheit entscheiden will, den kann ich nur dazu aufrufen, dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der FDP zuzustimmen.