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Alkoholtestkäufe

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 16.01.2009; Fragestunde


Innenminister Uwe Schünemann beantwortet die Kleine Anfrage des Abgeordneten Focke (CDU); Es gilt das gesprochene Wort!

Der Abgeordnete hatte gefragt:

In einer Pressemitteilung vom 7. November 2008 berichte der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann von den ersten Erkenntnissen der Alkoholtestkäufe. Die erste Bilanz der in Hannover durchgeführten Testkäufe zeigt, dass diese Testkäufe dringend notwendig waren. In 77 % der Fälle verkauften Handelsketten, Tankstellen und Kioske Alkohol an die jugendlichen Testkäufer. Inzwischen haben weitere Testkäufe in ganz Niedersachsen stattgefunden.

Ich frage die Landesregierung:

  1. Liegen bereits weitere detaillierte Erkenntnisse der Alkoholtestkäu-fe in anderen Städten vor?
  2. Hält es die Landesregierung für sinnvoll, durch eine Änderung/ Erweiterung des § 28 Abs. 4 des Jugendschutzgesetzes die Durchführung von sogenannten Testkäufen als Kontrollmöglichkeit bezüglich der Einhaltung der Jugendschutzbestimmungen per Gesetz zu legitimieren?
  3. Hat sich der Einsatz von jugendlichen Polizeifachoberschülern in der Praxis bewährt?

Innenminister Uwe Schünemann beantwortete namens der Landesregie-rung die Kleine Anfrage wie folgt:

Der unvermindert festzustellende Trend zum exzessiven Alkoholkonsum durch Kinder und Jugendliche ist weiterhin alarmierend. So wurden im Zeitraum von Juli bis September 2008 in Niedersachsen rund 5.000 zum Teil stark betrunkene Kinder und Jugendliche aufgegriffen. Dies ist einen Anstieg um 800 Kinder und Jugendliche im Vergleich zum II. Quartal 2008.

Im Hinblick auf den zunehmenden Alkoholmissbrauch durch Minderjährige und die steigende Zahl der unter Alkoholeinfluss begangenen Gewaltdelikte jugendlicher Täterinnen und Täter wurden bereits vielfältige Präventionsmaßnahmen initiiert, die Bemühungen um Aufklärung intensiviert und gezielte Kontrollmaßnahmen verstärkt.

Die Landesregierung hält eine wirksame Überwachung von Einzelhandel und Verkaufsstellen und eine konsequente Ahndung von Verstößen bei unrechtmäßigem Alkoholverkauf an Minderjährige für unverzichtbar. Dazu wurden und werden in gemeinsamer Verantwortung und durch Beteiligung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Jugendschutzes und der Polizei Testkäufe durchgeführt.

Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1:

Die Ergebnisse erster Testkäufe im Einzelhandel in Hannover zeigen in aller Deutlichkeit, dass die jugendschutzrechtliche Überwachung des Einzelhandels verbessert werden muss: Obwohl die Testkäufe zuvor in den Medien angekündigt worden waren, gelang es den Testkäuferinnen und Testkäufern in 51 Fällen (77%), Alkohol zu erwerben, der an sie nach dem Jugendschutzgesetz (JuSchG) nicht hätte abgegeben werden dürfen.

Nicht zuletzt vor dem Hintergrund dieses erschreckenden Ergebnisses habe ich die Polizeipräsidenten gebeten, mit den kommunalen Jugendschutzbehörden die Möglichkeiten gemeinsamer Testkäufe zu erörtern und zu initiieren. Auch die kommunalen Spitzenverbände habe ich um entsprechende Unterstützung bei der Durchsetzung des Jugendschutzgesetzes gebeten.

Erneute Testkäufe in Hannover und weitere Testkäufe in Braunschweig ergaben wiederum besorgniserregende Ergebnisse: So wurden in Hannover 47 Testkäufe im Einzelhandel durchgeführt. In 30 Fällen gelang es den jugendlichen Testkäufen Alkohol zu erwerben, der gem. JuSchG nicht hätte abgegeben werden dürfen. Auch in Braunschweig ergaben Testkäufe eine ähnliche Bilanz: Bei 53 Testkäufen wurde in 30 Fällen verbotswidrig Alkohol an jugendliche Testkäufer abgegeben.

Weitergehende Informationen liegen der Landesregierung derzeit noch nicht vor.

Zu 2:

Der Bußgeldtatbestand des § 28 Abs. 4 JuSchG steht auch in seiner geltenden Fassung dem Einsatz jugendlicher Testkäufer nicht entgegen. Ordnungswidrig handelt danach nur, wer bei den Jugendlichen ein Verhalten herbeiführt, das durch die Verbote des JuSchG verhindert werden soll. Durch das jugendschutzrechtliche Verbot, bestimmte alkoholische Getränke an Jugendliche abzugeben, soll verhindert werden, dass Jugendliche Alkohol konsumieren.

Der Tatbestand des § 28 Abs. 4 JuSchG ist daher nicht erfüllt, wenn die Testkäufe so organisiert werden, dass durch eine enge Begleitung der Jugendlichen ausgeschlossen werden kann, dass sie erworbene Produkte behalten und konsumieren. Diese Bedingungen sind zwingender Bestandteil der Testkäufe in Niedersachsen.

Zu 3:

Der bisherige Einsatz jugendlicher Testkäuferinnen und Testkäufer erfolgte in Begleitung einer verantwortlichen Amtsperson, die die Kontrollen plant und leitet.

Die Testkäuferinnen und Testkäufer wurden außerhalb ihres persönlichen räumlichen Umfeldes eingesetzt und konnten ihren Einsatz jederzeit ohne Angabe von Gründen abbrechen. Sie beschränkten sich darauf, alkoholische Getränke zur Bezahlung vorzulegen und das Geschäft abzuwickeln. Sie wirkten darüber hinaus nicht auf die Willensbildung des Verkaufspersonals ein.

Erworbene Waren wurden im Anschluss an das Geschäft den Testkäuferinnen und Testkäufern abgenommen.

Der Einsatz von Schülerinnen und Schüler der Fachoberschule Verwaltung und Rechtspflege / Schwerpunkt Polizeivollzugsdienst hat sich bewährt.

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
16.01.2009
zuletzt aktualisiert am:
20.05.2010

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