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Niedersächsische Kriminalstatistik 2005

Aufklärungsquote erneut auf Rekordhöhe Schünemann: Polizeireform zeigt Wirkung


HANNOVER. Der positive Trend im Kriminalitätsgeschehen Niedersachsens hat auch 2005 angehalten. Die Aufklärungsquote erreichte mit 55,72 Prozent den höchsten Wert in der Geschichte des Landes (2004: 53,91). Gleichzeitig verzeichnete die Polizei einen leichten Straftatenanstieg um 2,44 Prozent auf 601.557 Delikte (2004: 587.252). Innenminister Uwe Schünemann, der die Polizeiliche Kriminalstatistik am Mittwoch in Hannover vorstellte, bezeichnete die exzellente Aufklärungsquote als Beleg für die hohe Motivation der Polizeibeamtinnen und -beamten und für eine effektive Polizeireform. "Es ist uns offensichtlich gelungen, eine Organisation zu schaffen, die sich insgesamt günstig auf die polizeiliche Arbeit auswirkt." Schünemann erinnerte an die Polizeireform der Vorgängerregierung in den Jahren 1994/1995 mit genau gegenteiligen Effekten. So sei die Aufklärungsquote 1994 im Vergleich zum Vorjahr von 46,7 auf 43,5 Prozent gesunken. 1995 habe sie bei vergleichbarer Anzahl der Straftaten um 11,2 Prozentpunkte niedriger gelegen als 2005.

Den Straftatenanstieg im vergangenen Jahr führte der Minister auf die Aufhellung des Dunkelfeldes zurück als Folge einer Schwerpunktsetzung im Bereich Wirtschaftskriminalität und bei der Bekämpfung der Kinderpornografie im Internet. "Hier handelt es sich im Wesentlichen um so genannte Kontrolldelikte, die überhaupt erst durch Anstrengungen der Polizei bekannt werden", sagte Schünemann. Er dankte den Bürgerinnen und Bürgern, die offensichtlich immer öfter bereit seien, Straftaten anzuzeigen und sich der Polizei als Zeugen zur Verfügung zu stellen.

Eine positive Entwicklung ist nach Angaben Schünemanns besonders im Diebstahlsbereich zu verzeichnen. Hier gingen die Fallzahlen insgesamt um 3,8 Prozent zurück, der Anteil an der Gesamtkriminalität verringerte sich auf knapp 45 Prozent. Zum Teil deutliche Rückgänge registrierte die Polizei beim Kraftfahrzeugdiebstahl (-13,7%), beim Ladendiebstahl (-11,3%), beim Diebstahl aus Kraftfahrzeugen (-5,4%) und aus Wohnungen (-5,3%). Schünemann sagte, bei den kontinuierlich rückläufigen Wohnungseinbrüchen zahlten sich offenbar auch die gezielten Beratungsangebote im Rahmen von Tagen der offenen Tür bei den Polizeidirektionen aus sowie die mit der Umorganisation der Polizei erzielte verbesserte Tatortarbeit.

Eine erneute Zunahme um insgesamt elf Prozent auf jetzt 5.745 Fälle verzeichnete die Polizei bei den Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung. Die höheren Fallzahlen sind auf Vergewaltigung, dem sexuellen Missbrauch von Kindern und dem Besitz bzw. Verbreiten pornographischer Erzeugnisse zurückzuführen. Allerdings stieg die Aufklärungsquote mit 84,7 Prozent im Zehnjahresvergleich auf einen Spitzenwert.

Allein bei der Verbreitung von Kinderpornografie stiegen die Fallzahlen auf 423 Fälle bzw. um 74 Prozent an. Die Aufklärungsquote liegt bei 84 Prozent. Eine immer bedeutendere Rolle nimmt dabei das Internet ein. Schünemann hob hervor, dass daher in Niedersachsen die Bekämpfung der Kriminalität im Internet weiter intensiviert werde. "Wir haben hierzu umfangreiche Maßnahmen eingeleitet, die nachhaltig dazu beitragen sollen, diese abscheulichen Straftaten repressiv wie präventiv zu bekämpfen." Im Landeskriminalamt Niedersachsen werde dazu noch in diesem Jahr eine Einheit für anlassunabhängige Recherchen im Internet eingerichtet, um den Fahndungsdruck in den Datennetzen spürbar zu verstärken. Ergänzend würden die Kompetenzen in der polizeilichen Bearbeitung von Kriminalität "rund um die Informations- und Kommunikationstechnik" durch Aus- und Fortbildungsmaßnahmen ausgeweitet. Bereits jetzt, so Schünemann, bestehe durch die Anschaffung spezieller Hard- und Software die Möglichkeit, sichergestellte Datenträger wesentlich schneller als bisher auszuwerten.

Zuwächse registrierte die Polizei abermals bei den Körperverletzungsdelikten. Ihre Zahl stieg gegenüber 2004 um 9,5 Prozent. Die Aufklärungsquote liege mit 90,6 Prozent wie in den letzten Jahren erneut über der 90-Prozent-Marke. Schünemann sagte, eine weiterhin steigende Anzeigenbereitschaft deute darauf hin, dass die vielschichtigen Bemühungen der Vergangenheit dazu beigetragen hätten, die Toleranzgrenzen für Gewaltanwendung innerhalb der Gesellschaft zu senken. So seien im Bereich der Häuslichen Gewalt immerhin 6100 Fälle registriert worden. Das bedeute zwar einen Rückgang um 800 Fälle, zeige aber das weiterhin vorhandene Konfliktpotential in häuslichen Krisensituationen.

Vermögens- und Fälschungsdelikte erreichten 2005 den Höchstwert von fast 113.000 Fällen, eine erneute Steigerung von beinahe zehn Prozent. Etwa 80 Prozent davon betrafen den Betrugsbereich, hier vornehmlich den Warenbetrug und den Warenkreditbetrug. Allein in diesen Bereichen ergab sich eine Steigerung um 23,7 Prozent auf jetzt knapp 28.400 Fälle.

Schünemann wies darauf hin, dass hier der "Tatort" immer häufiger im Internet liege. Neben dem weit verbreiteten Online-Handel zeigten sich in hoher Geschwindigkeit immer neue Phänomene, wie zum Beispiel das so genannte Phishing, bei dem das Versenden offiziell wirkender E-Mails dazu verleiten soll, Pass- und Kennwörter preiszugeben. Schünemann: "Hier wird deutlich, dass wir in der Welt der Datennetze polizeilich so präsent sein müssen wie in der realen Welt. Auch in diesem Bereich wird die Einheit des LKA für anlassunabhängige Recherchen im Internet zukünftig die Ermittlungen intensivieren."

Die Fallzahlen im Bereich der Wirtschaftskriminalität sind von 5.500 im Jahr 2004 um 85,7 Prozent auf jetzt 10.200 angestiegen. Hier spielte ein bei der Polizei Oldenburg wegen Beteiligungsbetruges durchgeführtes Großverfahren mit rund 3.000 Fällen eine bedeutende Rolle. Hierbei hatten vier Beschuldigte bundesweit über das Internet einen Dienstleistungs- und Nutzungsvertrag mit Umsatzbeteiligung angeboten, die allerdings nicht ausgezahlt wurde. Den Geschädigten entstand ein Schaden von rund 2,5 Mill. Euro. Schünemann sagte, mit der "Landesrahmenkonzeption zur Intensivierung der Bekämpfung der Wirtschafts-kriminalität" werde hier ein eindeutiger Schwerpunkt gesetzt. Besonders der Einsatz qualifizierter Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter, eine größtmögliche Personalkontinuität in diesen Fachdienststellen und der verstärkte Einsatz von Buchprüferinnen und Buchprüfern seien wirkungsvolle Instrumente zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität.

Besonderes wies Schünemann auf die zunehmenden Übergriffe auf Polizeibeamte hin. Im vergangenen Jahr wurden 2.197 Fälle des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte angezeigt. Das entspricht einer Steigerung von 16,6 Prozent. "Diese Entwicklung macht deutlich, welchem Aggressionspotential die Polizeibeamtinnen und -beamten unseres Landes in ihrem Beruf mittlerweile ausgesetzt sind. Ich betrachte diese Entwicklung mit Sorge", sagte der Minister. Um dem entgegen zu wirken, werde den Beamtinnen und Beamten das so genannte Systemische Einsatztraining (SET) angeboten, um so Gewalt zu vermeiden und Gefährdungen für Polizeibeamtinnen und –beamten und anderer Personen zu verringern.

Die Zahl der Straftaten insgesamt, in denen Minderjährige als Tatverdächtige registriert worden sind, stieg um knapp 3.200 auf fast 55.000 Fälle an. Während die Anzahl der tatverdächtigen Kinder mit 12.424 einen geringen Rückgang um 241 Kinder aufweist, erhöhte sich die Anzahl bei den Jugendlichen um 707 auf 31.082 Tatverdächtige (+2,3%). Schünemann bekräftigte erneut, dass es das Ziel polizeilicher Jugendarbeit sei, im Zusammenwirken mit anderen Stellen der Verfestigung abweichenden Verhaltens durch frühzeitige Intervention energisch entgegen zu wirken.

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
29.03.2006
zuletzt aktualisiert am:
20.05.2010

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