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Wertgutscheinpraxis

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 17.09.2008; TOP 27/28


Rede von Innenminister Uwe Schünemann zu den Anträgen der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und DIE LINKE; Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Damen und Herren,

das letzte Mal haben wir hier im Plenum vor fast genau einem Jahr über die im Asylbewerberleistungsgesetz vorgesehenen Wertgutscheine diskutiert. Der Entschließungsantrag, den Sie von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erneut dazu gestellt haben, ist bis auf ein paar Formulierungen identisch mit Ihrem Antrag vom letzten Jahr.

Auch die Fraktion Die Linke hat das Thema jetzt auch für sich entdeckt und einen Kostenvergleich von Wertgutscheinpraxis und Barauszahlung fordert.

Die Rechtslage ist folgende:

Nach § 3 des Asylbewerberleistungsgesetzes des Bundes sind im Regelfall Sachleistungen zu gewähren. Eine Abweichung hiervon ist nur bei Vorliegen besonderer Umstände möglich. Liegen diese Umstände vor, können Leistungen in Form

1. von Wertgutscheinen

2. von anderen vergleichbaren unbaren Abrechnungen

oder

3. von Geldleistungen im gleichen Wert gewährt werden.

Hierbei handelt es sich um eine vom Gesetzgeber gewollte und obergerichtlich bestätigte Rangfolge.

Dieser gesetzlichen Vorgabe wurde und wird auch zukünftig in Niedersachsen gefolgt.

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit der Entschließung der Fraktion Bündnis 90/die Grünen wird von der Landesregierung gefordert, jegliche Vorgaben gegenüber den Kommunen aufzuheben, die darauf gerichtet sind, dass Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz vorrangig durch Wertgutscheine anstelle von Bargeld gewährt werden.

Fakt ist, dass die Erfüllung dieser Forderung gar nicht zu dem Ergebnis führen würde, das Sie sich wünschen! Das Gebot der Leistungserbringung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz in Form von Sachleistungen oder sonstigen unbaren Leistungen – dazu gehören auch Wertgutscheine - ergibt sich nämlich nicht aus erläuternden Erlassen des MI, sondern bereits unmittelbar aus dem Gesetz. Vorgaben – und andere Länder handhaben es auch so – sind nicht erforderlich bzw. können auch die gesetzliche Regelung nicht verändern. Auch ohne solche Arbeitshinweise gilt dieses Bundesgesetz und ist in der Praxis umzusetzen!

Wenn Sie in Ihrem Antrag auf das Modellkommunengesetz verweisen, dann ist dieser Vergleich absolut unpassend! Mit dem Modellkommunengesetz werden für einige niedersächsische Kommunen bestimmte landesrechtliche Regelungen außer Kraft gesetzt oder modifiziert. Eine ähnliche Handhabung kann für bundesgesetzliche Vorgaben nicht erfolgen. Vielmehr bin ich im Rahmen der Fachaufsicht nach der NGO und NLO sogar verpflichtet, sicherzustellen, dass die Aufgaben des übertragenden Wirkungskreises recht- und zweckmäßig ausgeführt werden.

Die von Ihnen genannten Kommunen wurden von mir auf die Rechtslage hingewiesen, so dass ich davon ausgehe, dass dort weiterhin das geltende Recht beachtet wird.

Sehr geehrte Damen und Herren,

in Ihrn Entschließungsanträgen nennen Sie die Länder, die nach Ihren Informationen von der Wertgutscheinpraxis Abstand genommen haben sollen. Auch ist einem Artikel der HAZ von letzter Woche Donnerstag zu entnehmen, dass die meisten Bundesländer das Asylbewerberleistungsgesetz "eher locker auslegen". Das verwundert insofern, als dass nach der amtlichen Statistik alle Länder bis auf Hamburg Wertgutscheine ausgeben. Hamburg zahlt aber nicht nur die von Ihnen geforderten Geldleistungen, sondern gewährt auch Sachleistungen. Was Sie in Ihren Anträgen nicht erwähnen, ist, dass es Länder gibt, die dem Sachleistungsprinzip noch stärker verhaftet sind als Niedersachsen. Nach der amtlichen Statistik haben Thüringen, Bayern, Sachsen, Bremen, Saarland und Brandenburg anteilig weniger Empfänger von Geldleistungen als Niedersachsen.

Sehr geehrte Damen und Herren,

in dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist auch davon die Rede, dass die Wertgutscheine "unbestritten" kostenintensiver als eine Bargeldauszahlung sein sollen. Die Fraktion Die Linke fordert mit ihrem Entschließungsantrag eine Kostengegenüberstellung, die als Grundlage dienen soll, um "über die Zukunft der Leistungserbringung zu entscheiden".

Der Bundesgesetzgeber geht wissend nicht von der vermeintlich kostengünstigsten Form der Leistungsgewährung aus, sondern will mittel- und langfristig die Kosten senken, da unbare Leistungen eine deutlich verminderte Anreizwirkung haben. Der Gesetzgeber nimmt durchaus in Kauf, dass bei der Leistungserbringung durch Sachleistungen der Verwaltungsaufwand höher als beim Bargeld sein kann. Unabhängig davon sollten Sie aber nicht verkennen, dass auch die Auszahlung von Bargeld mit Aufwand und Kosten verbunden ist. Eine Überweisung auf ein Konto scheidet aus, das Gesetz sieht bei Bargeld die persönliche Aushändigung vor. Viele Kommunen haben mittlerweile ihre Kassen aufgrund der damit verbundenen Kosten abgeschafft.

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Fraktion Bündnis 90/die Grünen schlägt vor, dass die vermeintlichen Einsparungen sinnvoller für Integrationsmaßnahmen verwendet werden könnten. Wie Sie wissen, hat Integration in Niedersachsen einen hohen Stellenwert. Die Aufgabe der Integration kann sich aber nur auf die Personen beziehen, die sich auf Dauer und rechtmäßig hier aufhalten. Empfänger von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz haben eben dies gerade nicht. Sie befinden sich noch innerhalb des Asylverfahrens, sind vollziehbar ausreisepflichtig oder haben allenfalls ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht. Dieser Personenkreis erhält bereits per Gesetz keine

Leistungen zur sozialen Integration. Diese Intention des Bundesgesetzgebers wurde bisher berücksichtigt und wird auch zukünftig in Niedersachsen berücksichtigt werden.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
18.09.2008
zuletzt aktualisiert am:
20.05.2010

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