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DNA-Analyse

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 25.02.2005; Fragestunde Innenminister Uwe Schünemann beantwortet die Kleine Anfrage der Abgeordneten Bockmann (SPD)


Die Abgeordnete hatte gefragt:

Ausweislich der NWZ vom 7. Februar 2005 drängt Oldenburgs Polizeipräsident derzeit darauf, den Gentest so wie den Fingerabdruck zum Standard bei der erkennungsdienstlichen Behandlung der Polizei zu machen. Der so genannte Richtervorbehalt, wonach nur die Justiz Speichelproben von Tatverdächtigen genehmigen darf, sei nicht mehr zeitgemäß. Er wird mit der Behauptung zitiert, dass allein im Bereich der Polizei Oldenburg 1 000 freiwillige Speichelproben vorlägen, die nicht geprüft werden können, weil eine richterliche Anordnung fehle.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

1. Wie viele Speichelproben liegen derzeit bei den niedersächsischen Polizeidirektionen vor, die nur deshalb nicht bearbeitet werden, weil eine richterliche Anordnung fehlt (bitte nach Polizeidirektionen aufschlüsseln)?

2. In wie vielen dieser Fälle wurde mit welchem Ergebnis eine richterliche Anordnung beantragt, wie lang war die Bearbeitungsdauer der Gerichte, und aus welchen Gründen wurde in den übrigen Fällen auf die Einholung einer richterlichen Genehmigung verzichtet?

3. Wie ist die durchschnittliche Bearbeitungsdauer einer DNA-Analyse beim Landeskriminalamt?

Innenminister Uwe Schünemann beantwortete namens der Landesregierung die Kleine Anfrage wie folgt:

Vorbemerkung:

Die DNA-Analyse hat sich in der Praxis des Strafverfahrens bewährt und ist ein wichtiges Instrument bei der Aufklärung und Verhütung von Straftaten geworden. Unter Nutzung der beim Bundeskriminalamt eingerichteten DNA-Analyse-Datei (DAD) konnten zahlreiche, zum Teil weit zu-rückliegende, ungelöste Fälle schwerer und schwerster Kriminalität aufgeklärt werden.

Seit Einrichtung der DNA-Analyse-Datei am 17.04.1998 konnten insgesamt 26.037 Treffer (Stand 31.12.2004) erzielt werden. Dies führte zur Aufklärung von

- 371 Straftaten gegen das Leben

- 870 Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung

- 2.015 Raub- und Erpressungsdelikten

- 32.316 Diebstahlsdelikten

Die Durchführung des DNA-Verfahrens richtet sich nach dem DNA-Identitätsfeststellungsgesetz und der Strafprozessordnung. Ergänzend hat das Landeskriminalamt Niedersachsen für die Polizei Niedersachsen eine "Richtlinie für das DNA-Verfahren" herausgegeben.

Ohne Einverständniserklärung des oder der Betroffenen bedarf bereits die Körperzellenentnahme der richterlichen Anordnung, bei Gefahr im Verzuge kann die Entnahme auch durch die Staatsanwaltschaft und die Polizei angeordnet werden. Nach den bestehenden Regelungen erfordert die molekulargenetische Untersuchung in jedem Fall eine richterliche Anordnung.

Der Antrag auf richterliche Anordnung ist von der Polizei der zuständigen Staatsanwaltschaft und von dort der zuständigen Ermittlungsrichterin oder dem zuständigen Ermittlungsrichter mit Begründung vorzulegen.

Nach der geltenden Rechtslage ist die Entnahme von Körperzellen und deren Analyse zum Zweck der Identitätsfeststellung nur zulässig, wenn wegen der Art oder Ausführung der Tat, der Persönlichkeit des Beschuldigten oder sonstiger Erkenntnisse Grund zu der Annahme besteht, dass gegen ihn künftig erneut wegen der in § 81g StPO bzw. § 2 DNA-IFG genannten Straftaten Strafverfahren zu führen sind.

Der Versand des Probenmaterials von der Polizeidienststelle zur Untersuchungsstelle oder – im Falle eines ablehnenden Beschlusses – die Vernichtung des Probenmaterials, erfolgt erst mit Vorliegen eines richterlichen Beschlusses.

Die Fragestellung hinsichtlich der Bearbeitungsdauer einer DNA-Analyse beinhaltet Interpre-tationsvarianten. Insoweit ist es erforderlich, die relevanten Begriffe zu definieren. Ein Vorgang ist ein Antrag zur labormäßigen Untersuchung (hier: DNA-Untersuchung) einer Straftat. Eine DNA-Spur ist eine zellkernhaltige Anhaftung an einem Spurenträger (Asservat) in einem Vorgang zu einer Straftat. Auf einem Spurenträger können sich viele DNA-Spuren befinden. So wurden auf einem Spurenträger schon über 100 DNA-Spuren gezählt. Ferner kann ein einziger Vorgang zahlreiche Spurenträger beinhalten. In Einzelfällen bestand ein Vorgang aus bis zu 300 einge-sandten Asservaten. Dabei können sich insbesondere die Untersuchungen der Spurenträger auf DNA-Spuren zeitaufwendig gestalten.

Ein Mundhöhlenabstrich besteht aus kernhaltigen Zellen aus dem Wangenschleimhautbereich an einem Wattetupfer. Die Untersuchungen sind relativ schnell und teilautomatisiert abzuschließen.

Die Bearbeitungszeit einer DNA-Spur ist der Zeitraum von der Spurenbeschreibung, der ersten Spurenabnahme vom Spurenträger über die Extraktion der DNA aus den Zellen, die Verviel-fältigung, Auftrennung und Auswertung bis zum fertigen Buchstaben-/Zahlen-Code, inklusive eventueller Wiederholungen bis hin zur Gutachtenerstellung. Hier werden nur Minimal-/Maximal-zeiten angegeben, da die Voraussetzungen bei jeder Spur unterschiedlich sind.

Die Bearbeitungszeit kann schon nach zwei Tagen abgeschlossen sein oder auch mehr als ein Vierteljahr in Anspruch nehmen, wenn es sich z. B. um Mischspuren handelt. Die Bearbeitungszeit einer DNA-Analyse ist der Zeitraum von der Extraktion der DNA aus den Zellen über die Vervielfältigung, Auftrennung und Auswertung bis zum fertigen Buchstaben-/ Zahlen-Code.

Die Bearbeitungszeit einer DNA-Analyse kann mit ca. zwei Tagen angesetzt werden. Die weitere Beantwortung der Fragen bezieht sich ausschließlich auf Speichelproben.

Dies vorausgeschickt beantworte ich die Frage der Abg. Bockmann namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:

Das reine Mengenaufkommen der in den Dienststellen asservierten Speichelproben, zu denen noch kein richterlicher Beschluss nach § 81g StPO vorliegt, gestaltet sich nach Angaben der Polizeidirektionen wie folgt (Stand: 18.02.2005):

Polizeidirektion Braunschweig 566

Polizeidirektion Göttingen 477

Polizeidirektion Hannover 758

Polizeidirektion Lüneburg 303

Polizeidirektion Oldenburg 543

Polizeidirektion Osnabrück 646

Die in der Presse veröffentlichte Zahl von 1.000 beinhaltete nach Angaben der Polizeidirektion Oldenburg sowohl Fälle vorliegender freiwilliger Speichelproben als auch solche so genannter retrograder DNA-Verfahren nach § 2 DNA-IFG, zu denen jeweils bereits vor einer Speichelprobe eine richterliche Entscheidung angeregt wird.

Insgesamt lassen diese Zahlen keine Aussage darüber zu, seit wann diese Speichelproben bei den Polizeidienststellen asserviert sind. Statistiken über den Zeitraum von der Anregung eines Beschlusses nach § 81g StPO bei der zuständigen Staatsanwaltschaft bis zum Erlass eines richterlichen Beschlusses werden ebenso wenig geführt wie "Negativ-Listen", also Ablehnungen seitens der Staatsanwaltschaft oder des Gerichts. Eine verlässliche Auskunft über den jeweiligen Verfahrensstand könnte nur aufgrund einer Einzelerhebung sämtlicher derzeit bei den Staats-anwaltschaften anhängigen Verfahren erteilt werden. Eine solche manuelle Einzelüberprüfung stellt angesichts der bestehenden Arbeitsbelastung der Justiz einen Aufwand dar, der im Rahmen einer mündlichen Anfrage nicht geleistet werden kann. Dies gilt umso mehr, als die hierfür benötigte Arbeitszeit zu Lasten der originären Aufgaben der Strafverfolgungsbehörden und Gerichte ginge.

Zu 2.:

Statistiken, aus denen sich die Bearbeitungsdauer bzw. die Gründe der Anordnung, der Ablehnung oder des Verzichts auf eine Beantragung der Untersuchung einer DNA-Analyse ergeben könnten, werden nicht geführt.

Im Übrigen siehe Antwort zu Frage Nr. 1.

Zu 3.:

Siehe Vorbemerkungen.

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
25.02.2005
zuletzt aktualisiert am:
20.05.2010

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Fax: 0511/120-6555

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