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Beantwortung der Mündl. Anfrage der CDU zu Loccum (Teil 5) – Warum wurde die DNA-Spur auf einem Papierstück zunächst übersehen?

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 4. Mai 2016; Fragestunde Nr. 18

Das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport antwortet namens der Landesregierung auf die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Editha Lorberg (CDU) wie folgt:

Vorbemerkung der Abgeordneten

Im September 2015 wurde die Leiche einer ermordeten jungen Frau aus Bad Rehburg im Loccumer Klosterwald von ihrem Vater gefunden. Nun wurde ein 48-jähriger Mann, der bereits mehrfach wegen Vergewaltigung verurteilt worden war und für den bereits die Sicherungsverwahrung angeordnet war, als mutmaßlicher Täter festgenommen. Dieser Mann war wegen seiner Alkoholsucht Patient des benachbarten Maßregelvollzuges und soll die Tat während eines Freiganges begangen haben.

Die Bild-Zeitung berichtete in ihrer Ausgabe vom 18. April 2016 („Judith (23) von Freigänger erstickt - So schlampten Justiz und Polizei“), dass ein Stück Papier, das in der Nähe des Tatortes gefunden wurde, den genetischen Fingerabdruck des mutmaßlichen Täters trüge. Dieses Papier soll zwar zum LKA Niedersachsen gebracht worden sein. Es wurde dort aber laut Bild-Zeitung nicht auf DNA-Spuren untersucht. Erst nachdem die Nienburger Mordkommission alle Spurenträger noch mal überprüfte, wurde das Papier in Hamburg erneut untersucht. In Hamburg wurden dann die DNA-Spuren laut Bild-Zeitung gefunden.

Vorbemerkung der Landesregierung

Am 20. September 2015 wurde der Leichnam der getöteten 23-jährigen Judith T. im Klosterforst in 31547 Rehburg-Loccum aufgefunden. In diesem Zusammenhang wurde seitens der zuständigen Polizeiinspektion Nienburg/Schaumburg eine Mordkommission (Moko) eingerichtet, die bereits zu Beginn der Ermittlungen eine Vielzahl an Spuren (ca. 500) abzuarbeiten hatte. Unter diesen Spuren befand sich auch ein „zusammengeknülltes Blatt Papier“.

Um gemeinsam die weiteren Untersuchungsmethoden der Gegenstände festzulegen, führten Vertreter der Moko und des Landeskriminalamtes Niedersachsen (LKA NI) am 24. September 2015 gemeinsam eine sogenannte Spurenkonferenz durch. Hier wurde auch das o. g. „zusammengeknüllte Blatt Papier“ besprochen und festgelegt, dass das Papier mittels eines chemischen Tauchbades auf Fingerabdruckspuren untersucht wird. Bei der anschließenden Untersuchung im LKA NI Anfang Oktober wurde festgestellt, dass das Papier aufgrund seines Zustandes nicht im zuvor festgelegten Verfahren auf Fingerabdrücke untersucht werden kann.

Das Asservat wurde gemeinsam mit einer Vielzahl anderer Asservate aus dem Ermittlungsverfahren sowie dem Untersuchungsbericht seitens des LKA NI an die PI Nienburg/ Schaum-burg zurückgesandt. Leider kam es hier seitens der Mitarbeiter des LKA NI sowie der PI Nienburg/Schaumburg - gerade auch in Bezug auf das zusammengeknüllte Blatt Papier - zu keiner direkten Kommunikation hinsichtlich des Untersuchungsergebnisses. Zudem wurde das Untersuchungsergebnis im internen Verwaltungssystem des LKA NI fälschlich als „untersucht“ deklariert. Diese Umstände führten dazu, dass das Asservat erst Ende Februar im Rahmen eines Controllings erneut betrachtet und im Weiteren nach Absprache mit der zuständigen Staatsanwaltschaft Verden zwecks DNA-Untersuchung an das Institut für Rechtsmedizin (IfR) in Hamburg abgegeben wurde. An dieser Stelle ist anzumerken, dass ausschließlich Kommunikationsprobleme und keine fachlichen Gründe zu dieser Entscheidung geführt haben.

Im Rahmen der dort durchgeführten molekulargenetischen Untersuchung wurde Anfang April ein DNA-Identifizierungsmuster gesichert. Ein anschließender Abgleich in der DNA-Analy-sedatei führte anschließend zur Identifizierung und Festnahme des 48-jährigen Patienten des Maßregelvollzugszentrums Niedersachsen (MRVZN) Bad Rehburg.

Zu dieser Person wurde bereits zuvor seitens des damaligen stellv. Leiters des MRVZN Bad Rehburg ein vager Hinweis an die Polizei gegeben. Im Oktober 2015 teilte er einem Ermittlerteam der Mordkommission (Moko) im Anschluss an seine zeugenschaftliche Vernehmung mit, dass der jetzt beschuldigte Patient am 12. September 2015 (vermuteter Tattag) nach einer unbegleiteten Vollzugslockerung mit einer leichten Gesichtsverletzung (Kratzer) zurückgekehrt sei. Weiter teilte er mit, dass diese Person jedoch in keiner Weise zu der Beschreibung passe, welche zuvor durch die Presse veröffentlicht wurde. Hier ist anzumerken, dass es seitens der Medien eine Veröffentlichung einer groben Beschreibung eines Beifahrers im Pkw des Opfers gab.

Die Ermittler notierten den Namen handschriftlich in den eigenen Unterlagen, unterließen es jedoch, die hier in Rede stehende Information in die Vernehmung aufzunehmen sowie eine sog. „Personenspur“ anzulegen und in der gemeinsamen Spurenbesprechung u. a. mit dem Leiter der Moko anzusprechen. Vor diesem Hintergrund haben sich sowohl Herr Minister Pistorius als auch Herr Landespolizeipräsident Binias bereits öffentlich für die fehlerhafte Bearbeitung entschuldigt. Darüber hinaus wurde der Ausschuss für Inneres und Sport in der 91. Sitzung am 28. April 2016 umfänglich über den o. g. Sachverhalt unterrichtet. Unabhängig von diesem Hinweis wurde ein „Spurenkomplex Maßregelvollzug Rehburg-Loccum“ angelegt. Entsprechende Vorabsprachen mit der Klinikleitung und erste Ermittlungen im MRVZN wurden bereits ab Oktober 2015 geführt.

1. Wann wurde das fragliche Papierstück von wem und mit welchem Ergebnis auf DNA oder sonstige Spuren untersucht?

Siehe Vorbemerkung.

2. Wie soll sichergestellt werden, dass zukünftig alle Beweisspuren - wie dieses Papierstück - zeitnah und richtig in Niedersachsen ausgewertet werden?

Die Formulierung der Frage unterstellt, dass die Asservate nicht „zeitnah“ und nicht “richtig“ ausgewertet worden sind. Richtig ist, dass ein maßgeblicher Teil der rd. 500 sichergestellten Asservate/Spurenträger einer kriminaltechnischen Untersuchung im Landeskriminalamt ohne zeitlichen Verzug zugeführt worden sind. Dort sind diese - nach Durchführung einer sogenannten Spurenkonferenz - unverzüglich untersucht worden, wobei u. a. das hier in Rede stehende Asservat, das letztlich zu einem DNA-Treffer führte, zu einem späteren Zeitpunkt in Abstimmung mit der zuständigen Staatsanwaltschaft im Institut für Rechtsmedizin Hamburg untersucht und begutachtet worden ist.

Insoweit verweist die Landesregierung auch auf die Antwort zur Mündlichen Anfrage Nr. 2 - Drs. 17/5645 - (Vorbemerkung und Antwort zu Frage 3).

3. Wie wurde nach der Auswertung der DNA-Spur in Hamburg der Bezug zum mutmaßlichen Täter hergestellt?

Siehe Vorbemerkung

Presseinformation

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erstellt am:
06.05.2016

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