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Beantwortung der Mündl. Anfrage der CDU zu Loccum (Teil 2) – Entschuldigt sich die Landesregierung beim Vater des Opfers?

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 4. Mai 2016; Fragestunde Nr. 15

Das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport antwortet namens der Landesregierung auf die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Angelika Jahns (CDU) wie folgt:

Vorbemerkung der Abgeordneten

Im September 2015 wurde die Leiche einer ermordeten jungen Frau aus Bad Rehburg im Loccumer Klosterwald von ihrem Vater gefunden. Nun wurde ein 48-jähriger Mann, der bereits mehrfach wegen Vergewaltigung verurteilt worden war und für den bereits die Sicherungsverwahrung angeordnet war, als mutmaßlicher Täter festgenommen. Dieser Mann war wegen seiner Alkoholsucht Patient des benachbarten Maßregelvollzuges und soll die Tat während eines Freiganges begangen haben.

Laut Hannoverscher Allgemeiner Zeitung vom 20. April 2016 räumte Innenminister Pistorius inzwischen Ermittlungsfehler der Polizei ein, für die man sich nur entschuldigen könne. So soll vor allem eine DNA-Spur, die nun zur Festnahme führte, infolge eines Kommunikationsfehlers zu spät ausgewertet worden sein.

Die Bild-Zeitung berichtete am 19. April 2016 („Schwester der toten Judith klagt an“), dass im Februar gegen den Vater des Opfers ermittelt worden sei. Die Wohnung soll durchsucht worden sein. Laut Bild sagte der Vater zu den Ermittlungen:

„In einem neunstündigen Verhör schrien sie mich an, ich hätte meine Tochter umgebracht, solle gestehen!“

Der Anwalt der Familie forderte im gleichen Artikel eine öffentliche Entschuldigung für die unberechtigte Verdächtigung.

Vorbemerkung der Landesregierung

Im Zusammenhang mit dem Mord an der 23-jährigen Judith T. wurden u. a. umfangreiche Ermittlungen seitens der eingerichteten Mordkommission der Polizeiinspektion Nienburg/ Schaumburg in enger Zusammenarbeit mit der zuständigen Staatsanwaltschaft Verden geführt. Das Gesamtverfahren ist derzeit noch anhängig und Gegenstand von Ermittlungen der zuständigen Polizeidienststelle und der Staatsanwaltschaft. Aus Rücksicht auf das Ermittlungsverfahren, insbesondere auf die Persönlichkeitsrechte von Beteiligten, kann die Landesregierung dazu keine weiteren Auskünfte erteilen.

1. Wie verlaufen die Ermittlungen einschließlich der Verhöre, und treffen die Vorwürfe der Familien zu?

Ziel des polizeilichen Ermittlungsverfahrens ist - in enger Abstimmung mit der zuständigen Staatsanwaltschaft als Herrin der Ermittlungsverfahren - die Ermittlung einer oder eines Tatverdächtigen durch Feststellung, Sicherung und Auswertung aller Umstände, die für die Beurteilung von Sachverhalten sowie für die Aufklärung von Straftaten von Bedeutung sind.

Dies geschieht in der Regel - unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben, u. a. der Strafprozessordnung - durch Maßnahmen des sogenannten Ersten Angriffs, Fahndung, Durchsuchung, Sicherstellung/Beschlagnahme relevanter Gegenstände, Vernehmung, erkennungsdienstliche Behandlung, Datenerfassung und -auswertung, Aktenführung sowie der forensischen Spurenuntersuchung und Bewertung erkennungsdienstlicher Ergebnisse von Untersuchungsstellen.

Bei Kapitaldelikten erfolgt - unter Schwerpunktbildung - in der Regel die Einrichtung einer Ermittlungsgruppe bzw. einer Ermittlungs- oder Sonderkommission, wobei Maßnahmen des Erkennungsdienstes zur Sicherung von Sachbeweisen - insbesondere bei Verbrechen ohne konkrete Ermittlungsansätzen - eine besondere Bedeutung zukommt.


Eine Vernehmung ist die Entgegenahme der Aussage von Personen, die - im Zusammenhang mit Sachverhalten - relevante Feststellungen getroffen haben. Die Vernehmung von Tatverdächtigen bzw. Beschuldigten soll Gelegenheit geben, die vorliegenden Verdachtsgründe zu beseitigen und entsprechende Tatsachen geltend zu machen, die diesen Tatverdacht ausräumen. Sie dient allerdings auch dazu, ein mögliches Geständnis zu dokumentieren und den staatlichen Strafanspruch zu sichern. Vor Beginn der Vernehmung sind Belehrungspflichten über Zeugnis- und Aussageverweigerungsrechte zu erfüllen, die zu dokumentieren sind. § 136 a StPO schließt aus, dass verbotene Vernehmungsmethoden zur Anwendung gelangen.

Die durch die Medienberichterstattung vom 19. April 2016 veröffentlichten Vorwürfe, insbesondere, dass der Vernommene angeschrien und zu einem Geständnis aufgefordert worden sein soll, gehören nicht zu der üblichen Durchführungspraxis polizeilicher Vernehmungen. Im konkreten Fall wurde die Vernehmung in Anwesenheit der zuständigen Staatsanwaltschaft Verden durchgeführt. Sofern entsprechende Unkorrektheiten durch Vernehmende seitens des oder der Vernommenen reklamiert werden, erfolgt eine entsprechende interne Überprüfung. Derzeit liegen keine konkreten Hinweise vor, die auf ein unkorrektes Verhalten der oder des Vernehmenden hindeuten. Der Vorwurf einer neunstündigen Vernehmung trifft nicht zu. Unter Berücksichtigung von Pausenzeiten sowie der Möglichkeit etwas zu essen und zu trinken, hat die Vernehmung insgesamt ca. sieben Stunden angedauert. In Anbetracht des hier vorliegenden Deliktes stellt dies keine außergewöhnliche Vernehmungslänge dar.

2. Wäre es zu dem Verdacht gegen den Vater gekommen, wenn die DNA-Spur schneller ausgewertet worden wäre?

Siehe Vorbemerkung.

3. Entschuldigt sich die Landesregierung für die Ermittlungen gegen den Vater?

Siehe Vorbemerkung.

Presseinformation

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erstellt am:
06.05.2016

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