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Beantwortung der Mündl. Anfrage der FDP zum Brandschutz (Teil 2)

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 15. April 2016; Fragestunde Nr. 47

Das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport antwortet namens der Landesregierung auf die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Hillgriet Eilers, Gabriela König, Jan-Christoph Oetjen und Jörg Bode (FDP) wie folgt:

Vorbemerkung der Abgeordneten

Die Aufgabe des Havariekommandos in Cuxhaven ist die Bündelung der Verantwortung für die Planung, Vorbereitung, Übung und Durchführung von Maßnahmen zur Menschenrettung, zur Schadstoffunfallbekämpfung, zur Brandbekämpfung, zur Hilfeleistung und zur gefahrenabwehrbezogenen Bergung bei komplexen Schadenslagen auf See sowie zur strukturierten Öffentlichkeitsarbeit. Bei komplexen Schadenslagen wird durch das Havariekommando eine einheitliche Einsatzleitung sichergestellt. Einsatzleitende Zuständigkeiten hat das Havariekommando nur im Falle komplexer Schadenslagen bzw. dann, wenn der Leiter des Havariekommandos aufgrund einer unmittelbar bevorstehenden komplexen Schadenslage von seinem Selbsteintrittsrecht Gebrauch macht oder wenn er um die Übernahme der Einsatzleitung ersucht wird; zur Stellung eines Übernahmeersuchens ist jeder Vereinbarungspartner berechtigt. In diesen Fällen werden alle verfügbaren Einsatzkräfte und -mittel des Bundes und der Küstenländer dem Leiter des Havariekommandos im Wege der Auftragstaktik unterstellt. Damit sollen sowohl eine Parallelzuständigkeit, Parallelvorhaltung von Ressourcen als auch die Möglichkeit negativer Kompetenzkonflikte ausgeschlossen werden. Mit der Einrichtung des Havariekommandos am 1. Januar 2003 haben Bund und Küstenländer in einem parteiübergreifendem Konsens eine gemeinsame Einrichtung geschaffen, die zwei für ein effektives Notfallmanagement zentral wichtige Anforderungen erfüllt: Das Notfallmanagement bei schweren Schiffshavarien („komplexe Schadenslage“) erfolgt aus einer Hand, und es gibt kein Zuständigkeitsgewirr und auch keine negativen Kompetenzkonflikte.

Seit Ende März 2016 heißt es unter der Überschrift „Das ist kein Sparkonzept“ (Nordsee-Zeitung, 30. März 2016), dass das Havariekommando umgebaut werden solle und einige Berufsfeuerwehren entlang der Küste ihre Kompetenzen im Bereich der Schiffsbrandbekämpfung verlieren könnten. Laut Berichterstattung entspann sich bei der Berufsfeuerwehr in Cuxhaven „eine aufgeregte Diskussion, ob die städtische Berufsfeuerwehr weiter für die Schiffsbrandbekämpfung zuständig sein soll“ (Ostfriesen Zeitung, 30. März 2016). In der Emder Zeitung (30. März 2016) hieß es: „Emden wird ausgemustert“ und „Kompetenzverluste“. Und in der Nordsee-Zeitung (30. März 2016) war zu lesen, dass der Bund eine Reduzierung des Gesamtaufwandes forderte. Es soll Post hierzu aus dem Innenministerium geben.

Vorbemerkung der Landesregierung

In der Nord- und Ostsee sind sowohl der Bund als auch die Küstenländer bei Unfällen auf See aufgrund von Rechtsvorschriften sowie internationalen und nationalen Vereinbarungen zu Vorsorge- und Abwehrmaßnahmen verpflichtet.

Die maritime Notfallvorsorge auf hoher See außerhalb der Zwölf-Meilen-Zone ist eine Bundesaufgabe, die der Bund per Vereinbarung auf die Länder übertragen hat. Innerhalb der Zwölf-Meilen-Zone ist das Land Niedersachsen für den wasserseitigen Brandschutz zuständig; auf den Seewasserstraßen innerhalb der Zwölf-Meilen-Zone der Bund für den verkehrsbezogenen Brandschutz, der per Vereinbarung ebenfalls durch das Land Niedersachsen für den Bund wahrgenommen wird.

In Niedersachsen werden die Bundesaufgaben zusammen mit den Landesaufgaben des wasserseitigen Brandschutzes an der Küste und in den sechs Landeshäfen Emden, Wilhelmshaven, Brake, Nordenham, Cuxhaven und Stade wahrgenommen. Die praktische Durchführung liegt bei den kommunalen Feuerwehren, die diese Aufgabe durch Vereinbarung zwischen dem Land Niedersachsen und den Kommunen übernommen haben.

Finanziert wird der Verkehrsbezogene Brandschutz und die maritime Notfallvorsorge zurzeit je zur Hälfte vom Bund und vom Land Niedersachsen, die landeseigenen Aufgaben werden allein vom Land finanziert. In Brake, Nordenham und Stade betrifft das vor allem Ausrüstungs-, Ausbildungs- und Einsatzkosten. In Emden, Wilhelmshaven und Cuxhaven werden darüber hinaus insgesamt gut 30 Dienstposten der Berufsfeuerwehr bzw. hauptamtlichen Wachbereitschaft finanziert.

Das Konzept zu den bestehenden Kapazitäten der maritimen Notfallvorsorge an Nord- und Ostsee als Aufgabe von Bund und Ländern ist in Teilen über zwanzig Jahre alt. Insbesondere der Bund drängt auf eine Überarbeitung, die aufgrund der gemachten Erfahrungen den Ressourceneinsatz effektiver, schneller, schlagkräftiger und auch effizienter gestalten soll. Seit 2013 befasst sich damit eine gemeinsame Arbeitsgruppe von Bund und Ländern. Deren Beratungen haben ergeben, dass der Mindestaufwand für eine effektive Brandbekämpfung und Verletztenversorgung auf hoher See in Nord- und Ostsee insgesamt geringer ausfallen kann als bislang praktiziert. Auch deshalb sollen die benötigten Einheiten künftig örtlich konzentriert und durch Luftverlegung schneller und flexibler eingesetzt werden können. Zugleich sollen die Durchhaltefähigkeit durch Selbstablösung und die Wirtschaftlichkeit erhöht werden. Das heißt, dass Brandbekämpfungseinheiten mit den erforderlichen Fähigkeiten im Einsatz möglichst von einem Standort aus nachbesetzt werden und somit länger verfügbar sein können. Damit einhergehend wird eine häufigere Einsatzfrequenz und eine längere Einsatzdauer erwartet. Hierbei sind die vorhandenen Kapazitäten der Standortfeuerwehren ebenso wie die räumlichen Bezüge, also etwa der Verlauf von Schifffahrtsrouten und die besondere Situation auf der Elbe als meist befahrenste Schifffahrtsstraße, im Gesamtkonzept zu berücksichtigen.

In der 26. Sitzung des Kuratoriums maritime Notfallvorsorge haben der Bund und die Küstenländer die Aufnahme der komplexen Rettungssituation in die Aufgaben des Havariekommandos beschlossen. Eine komplexe Rettungssituation liegt vor, wenn eine technisch anspruchsvolle und zeitkritische spezielle Rettung mit individualmedizinischer Notfallversorgung eines oder mehrerer Betroffener notwendig ist oder die Beseitigung dieser Gefahrenlage eine einheitliche Führung mehrerer Aufgabenträger erfordert und die pflichtige unternehmerische Vorhaltung zur zielgerichteten Gefahrenabwehr nicht greift. Es besteht Einigkeit darüber, dass die Tätigkeit des Havariekommandos bei komplexen Rettungssituationen (wie z. B. der Höhenrettung einer Person von einem Containerschiff oder einer Offshore-Windenergie-Anlage) subsidiär gegenüber der unternehmerischen Gefahrenabwehr ist. Der Beschluss geht davon aus, dass es sich bei komplexen Rettungssituationen um sehr wenige Einzelfälle handelt, die einer komplexen Schadenslage gleicht und somit das Selbsteintrittsrecht des Havariekommandos rechtfertigt.

1. Wie wird sich der beabsichtigte Umbau des Havariekommandos mit der geplanten Anschaffung von drei Hubschraubern auf die etablierte Luftrettung im Bereich der Offshore-Windindustrie auswirken?

Hinsichtlich der Offshore-Windindustrie ist nach der geographischen Lage der Offshore-Windparks zu differenzieren. Nur der Nordsee-Windpark „Riffgatt“ liegt innerhalb der zum Hoheitsgebiet zählenden Zwölf-Seemeilen-Zone. Für die Luftrettung an der Küste bzw. den Verletztentransport im Hoheitsgebiet ist neben der Sicherstellung der rettungsdienstlichen Versorgung durch die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) der Rettungshubschrauber Christoph 26 in Sanderbusch stationiert. Bei der Maschine handelt es sich um den leistungskräftigen Typ EC H145, der über eine Winde verfügt.

Darüber hinaus haben sich betriebliche Luftrettungsdienste für den Betrieb von Offshore-Windparks etabliert. So haben mehrere Windparkbetreibergesellschaften ein einheitliches Rettungskonzept für vier Nordsee-Windparks entwickelt. Im Rahmen einer europaweiten Ausschreibung hat die Firma Northern HeliCopter (NHC) den Auftrag erhalten und versorgt seit Mai 2015 mit einem in St. Peter Ording stationierten Hubschrauber zum einen den in der Zwölf-Seemeilen-Zone liegenden Offshore-Windpark „Riffgatt“ und zum anderen die drei in der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ, 200-Seemeilen-Zone) liegenden Windparks „alpha ventus“, „Trianel Windpark Borkum“ und „Global Tech I“. Sowohl bei dem Einsatz von Christoph 26 als auch bei dem Einsatz des Offshore-Helikopters von NHC handelt es sich um rettungsdienstliche Versorgung, nicht um Havarielagen bzw. die Bereitstellung von Transportkapazitäten für komplexe Schadenslagen. Daher ist eine negative Auswirkung auf die etablierte bzw. privatwirtschaftlich organisierte Luftrettung nicht erkennbar.

2. Können bereits heute mit den vorhandenen Mitteln und Fahrzeugen Spezialisten zur Brandbekämpfung auf See gebracht werden, und welcher Hubschraubertyp soll dies ab 2017 besser bewerkstelligen?

Der Transport von Brandbekämpfungseinheiten erfolgte bisher mit im Einsatzfall durch von Bundespolizei, Bundeswehr, Fa. Wiking Helikopter Service GmbH ad hoc bereitgestellten Hubschraubern. Die in der Vorbemerkung beschriebene Neuausrichtung der Einsatzeinheiten beruht ganz wesentlich auf einer stärkeren Luftverlastung. Sie wird dazu beitragen, die Kräfte schneller und effektiver einsetzen zu können, erfordert aber zugleich eine weitere Absicherung dieser Fähigkeiten. Deshalb werden im Bedarfsfall auch künftig vorhandene Kapazitäten genutzt (etwa den Hubschrauber Super Puma der Bundespolizei oder auch private Anbieter). Ergänzend dazu sollen zusätzlich beschaffte Hubschrauber in jedem Fall und jederzeit den Zugriff auf benötigte Kapazitäten sicherstellen. Sie sind insofern als Verstärkung und nicht als Ersatz bestehender Möglichkeiten geplant. Geplant ist auch weiterhin die bei der Bundespolizei eingesetzten Hubschrauber vom Typ Super Puma einzusetzen.

3. Welche Institutionen (z. B. Behörden der Länder und des Bundes oder die deutsche Marine), Vereine (z. B. der ADAC) und Firmen können bereits jetzt und in welcher Anzahl Hubschrauberfähigkeiten und -kapazitäten bereitstellen, wie sie ab 2017 bei der Fliegerstaffel der Bundespolizei bereitstehen sollen?

Der vom ADAC betriebene Rettungshubschrauber Christoph 26 sowie der von NHC betriebene Offshore-Helikopter sind beide ausschließlich in Angelegenheiten der notfallmedizinischen Versorgung und des Transports von Erkrankten und Verletzten in der Luft tätig und dafür ausgerüstet. Über weitere Hubschrauberfähigkeiten und –kapazitäten liegen hier keine Erkenntnisse vor.

Presseinformation

Artikel-Informationen

erstellt am:
15.04.2016

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