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Beantwortung der Mündl. Anfrage der CDU zu Rückführungen

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 17. Juli 2015; Fragestunde Nr. 20. Das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport antwortet namens der Landesregierung auf die Mündl. Anfr. d. Abgeordn. A. Focke, E. Lorberg u. A. Jahns (CDU) wie folgt:


Vorbemerkung der Abgeordneten

Am 11. Juni 2015 berichtete der NDR auf seiner Homepage unter dem Titel „Flüchtlingspolitik: Weil kritisiert Regierung“über die Position von Ministerpräsident Weil zur Abschiebepraxis der Landesregierung: „Von einem zu laschen Vorgehen könne seiner Meinung nach nicht die Rede sein. Niedersachsen habe seit Jahren eine stabile Abschiebungsquote. ‚Da wir es heute mit sehr viel größeren Zahlen zu tun haben, werden auch sehr viel mehr Menschen abgeschoben‘, betonte der SPD-Politiker. Man müsse allerdings bedenken, dass viele Menschen trotz Abschiebungsbeschluss nicht ausgewiesen werden könnten. Zum Beispiel, wenn man nicht wisse, wohin man die Betreffenden abschieben solle, weil deren Identität völlig unklar sei oder weil es in deren Heimat Abschiebungshindernisse gebe.“

Vorbemerkung der Landesregierung

Die humanitäre Flüchtlingspolitik der niedersächsischen Landesregierung hat auch qualitative Auswirkungen auf den Rückführungsvollzug. Rückführungen sind im Rahmen des geltenden Rechts so zu organisieren, dass für die betroffenen Personen die mit der zwangsweisen Durchsetzung der Ausreisepflicht verbundenen psychischen Belastungen so gering wie möglich gehalten werden. Hierzu zählt auch die Entscheidung, der Förderung der freiwilligen Ausreise grundsätzlich Vorrang zu geben. Dessen ungeachtet bleibt als ultima ratio die zwangsweise Durchführung der Rückführung, die im Rahmen der rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten konsequent durchzuführen ist.

1.Wie hoch ist die Quote der Abschiebungen gemessen an der Zahl der Ausländer ohne Aufenthaltsberechtigung (kein Aufenthaltstitel oder Duldung) in Niedersachsen in den Jahren 2010, 2011, 2012, 2013 und 2014 sowie im ersten Halbjahr 2015 gewesen?

Voraussetzung für die Durchführung einer Abschiebung ist, dass die betroffene Person über keinen Aufenthaltstitel verfügt und dass deren Ausreisepflicht auch vollziehbar ist. Der Aufenthaltsstatus einer Ausländerin oder eines Ausländers wird im Ausländerzentralregister (AZR) des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gespeichert. Das BAMF übernimmt auch die statistische Aufbereitung der Daten des AZR und übermittelt monatlich Auswertungen an die Länder. Derzeit (Stand: 31. Mai 2015) halten sich in Niedersachsen 17.175 Personen auf, die ausreisepflichtig sind; davon ist allerdings bei 13.578 Personen der Vollzug der Abschiebung vorübergehend ausgesetzt (Duldung). Bei den verbleibenden 3.597 Personen ist zu berücksichtigen, dass in vielen Fällen die Ausreisepflicht noch nicht vollziehbar ist, so dass diese Zahl nicht zur Ermittlung einer Quote herangezogen werden kann.

Eine belastbare Datengrundlage bietet die Anzahl der angemeldeten und tatsächlich erfolgten Abschiebungen, die in Niedersachsen durch das Landeskriminalamt erfasst wird. Hiernach ergeben sich folgende Zahlen:


2010

2011

2012

2013

2014

2015

Summe







bis 30.06.


Abschiebungs-

ersuchen gesamt

1.661

1.556

1.501

1.862

2.929

1.715

13.672


532

589

563

649

855

454

4.863

abgeschoben:

(32,03%)

(37,85%)

(37,51%)

(34,85%)

(29,19%)

(26,47%)

(35,57%)


1.129

967

938

1.213

2.074

1.261

8.811

nicht abgeschoben:

(67,97%)

(62,15%)

(62,49%)

(65,15%)

(70,81%)

(73,53%)

(64,45%)

Anteil Überstellung

131

122

120

301

555

156

1.619

in Drittstaaten:

(7,89%)

(7,84%)

(7,99%)

(20,05%)

(18,95%)

(9,10%)

(11,84%)

2. Wie viele Abschiebungen begannen jeweils in den ersten sechs Monaten des Jahres 2015 in Niedersachsen zwischen 22:00 Uhr abends und 6:00 Uhr morgens (Nachtabschiebung)?

Abschiebungen sind in Niedersachsen auf der Grundlage des Runderlasses des MI vom
23. September 2014 – Organisation und Durchführung des Rückführungs- und Rücküberstellungsvollzugs (Abschiebung) und Beantragung von Abschiebungshaft; Rechtliche Hinweise und verfahrensmäßige Vorgaben – grundsätzlich so zu terminieren, dass ein Abholungstermin zur Nachtzeit – soweit möglich – vermieden wird. In der Zeit vom 1. Oktober bis 31. März (Winterzeit) dauert die Nachtzeit von 22.00 bis 6.00 Uhr und in der Zeit vom 1. April bis
30. September (Sommerzeit) dauert die Nachtzeit von 22.00 bis 4.00 Uhr morgens an. Kann eine Abholung zur Nachtzeit nicht vermieden werden, so sind die Betroffenen grundsätzlich auf den frühen Termin besonders hinzuweisen.

Im Zeitraum von Januar bis einschließlich Juni 2015 wurde vor dem Hintergrund von 1715 Abschiebungsersuchen bei insgesamt 145 Personen die Rückführung im Zeitraum zwischen 22.00 und 6.00 Uhr begonnen (davon 88 Dublin-Überstellungen). Dabei ist zu beachten, dass im Zeitraum April bis Juni bei 35 Personen die Abholung zwischen 4.00 Uhr und 6.00 Uhr stattfand. Somit wurde bei 110 Personen die zwangsweise Rückführung zur Nachtzeit im Sinne des Rückführungserlasses begonnen.

3.In wie vielen Fällen ist gegenwärtig in Niedersachsen eine Abschiebung von abgelehnten Asylbewerbern wegen Abschiebungshindernissen wie z. B. unbekannter Identität oder Abschiebungshindernissen in der Heimat nicht möglich?

Eine Abschiebung einer Ausländerin oder eines Ausländers ist nach § 60a Abs. 2 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Sie kann beispielsweise auch ausgesetzt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe vorliegen oder erhebliche öffentliche Interessen eine vorübergehende Anwesenheit der Ausländerin oder des Ausländers im Bundesgebiet erfordern.

Die Eltern und Geschwister von minderjährigen Kindern, die im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a AufenthG sind, werden ebenfalls geduldet.

Am 31. Mai 2015 hielten sich insgesamt 13.578 Ausländerinnen und Ausländer mit einer Duldung in Niedersachsen auf.

Wie eingangs erwähnt, wird der Aufenthaltsstatus einer Ausländerin oder eines Ausländers im AZR des BAMF gespeichert. Allerdings lassen sich die Duldungsgründe nur bezogen auf die jeweiligen Herkunftsländer abrufen, eine Gesamtstatistik wird nicht zur Verfügung gestellt. Exemplarisch sind aus der nachfolgenden Tabelle die Duldungsgründe der Ausländerinnen und Ausländer aus den zehn Ländern mit den höchsten Zugangszahlen im Januar 2015 dargestellt:

Anlage


























































































































Presseinformation

Artikel-Informationen

erstellt am:
17.07.2015

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