Nds. Ministerium für Inneres und Sport Niedersachsen klar Logo

Beantwortung der Mündl. Anfrage der FDP zur Zuweisung von Flüchtlingen

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 13. Mai 2015; Fragestunde Nr. 56.

Das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport antwortet namens der Landesregierung auf die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Horst Kortlang, Jan-Christoph Oetjen, Björn Försterling, Hillgriet Eilers und Christian Dürr (FDP) wie folgt:

Vorbemerkung der Abgeordneten

Viele Kommunen suchen händeringend geeigneten Wohnraum, um weitere Flüchtlinge aufnehmen zu können. Die Bedarfe werden auch in Zukunft noch weiter wachsen. Das Innenministerium hat die Aufnahmequote bereits im Dezember 2014 neu festgesetzt.

Gerade Kommunen, in denen ohnehin ein Mangel an Wohnraum besteht, haben nun zusätzlich Schwierigkeiten, geeignete Unterkünfte zur Verfügung zu stellen. Dies betrifft gerade Ballungsgebiete, die weiter Bevölkerungszuwächse verzeichnen. Dem stehen Regionen gegenüber, die Leerstände von Wohnraum verzeichnen. Diesen fehlt es aber zum Teil an den finanziellen Mitteln, um weitere Flüchtlinge aufzunehmen.

Vorbemerkung der Landesregierung

Nach dem Gesetz zur Aufnahme von ausländischen Flüchtlingen und zur Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes (Aufnahmegesetz – AufnG) vom 11. März 2004 (Nds. GVBl. S. 100), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. März 2012 (Nds. GVBl. S. 31) erfolgt die Verteilung von Flüchtlingen auf die Kommunen unter maßgeblicher Berücksichtigung der Einwohnerzahl der Kommunen. Dieser gesetzlich vorgegebene Verteilungsmaßstab trägt dem öffentlichen Interesse an einer gleichmäßigen landesinternen Aufgabenverteilung auf die kommunalen Kostenträger Rechnung. Im Grundsatz begrüßt die Landesregierung Möglichkeiten einer Flexibilisierung der Unterbringung von Flüchtlingen, wenn dadurch unterschiedlichen örtlichen Rahmenbedingungen verbessert Rechnung getragen werden kann. Es erscheint jedoch nur auf den ersten Blick schlüssig, Flüchtlinge vermehrt in Gegenden mit vergleichsweise hohem Wohnungsleerstand – insbesondere in Regionen mit rückläufiger Bevölkerungsentwicklung – unterzubringen und auf der anderen Seite Kommunen mit begrenztem Flächen- und Raumangebot – insbesondere Ballungsräume mit steigenden Bevölkerungszahlen – von der Aufnahmeverpflichtung in gewissem Umfang zu entlasten. Allerdings darf der Wunsch, unterschiedliche örtliche Gegebenheiten bei der Verteilung in stärkerem Maße zu berücksichtigen, nicht außer Acht lassen, dass ein Verteilsystem nicht nur räumliche und finanzielle Aspekte berücksichtigen darf. Daneben ist nicht nur im Interesse aller aufnahmepflichtigen Gebietskörperschaften sondern auch im Interesse der Flüchtlinge und der Gesamtbevölkerung sicherzustellen, dass sämtliche Faktoren, die bei einer Aufnahme von Flüchtlingen ausschlaggebend sind, ausreichende Berücksichtigung finden. Hierzu gehören zum Beispiel migrations- und integrationspolitische Aspekte, eine gleichmäßige Auslastung der örtlichen Infrastruktur (Schulen, Kindergärten, Krankenhäuser), hinreichende Kapazitäten zur (sozialen) Eingliederung in die örtliche Gemeinschaft, Chancen für die Integration in den Arbeitsmarkt und Akzeptanz der Bevölkerung. Das Fehlen entsprechender Voraussetzungen lässt sich auch durch zusätzliche finanzielle Mittel nicht ohne weiteres kompensieren. Es sprechen daher verschiedene Aspekte für die grundsätzliche Beibehaltung des gesetzlich vorgesehenen Verteilsystems. Um sicherzustellen, dass im Einzelfall allen relevanten Gesichtspunkten hinreichend Rechnung getragen wird, ist für eine Abweichung vom bestehenden Verteilsystem das Einvernehmen aller jeweils betroffenen Gebietskörperschaften die Voraussetzung.

1. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, dass sich Kommunen untereinander über eine Verteilung abweichend von den festgesetzten Aufnahmequoten einigen?

Nach dem Aufnahmegesetz erfolgt die Festsetzung der Aufnahmeverpflichtungen der Kommunen unter Berücksichtigung der Einwohnerzahlen nach der amtlichen Statistik. Für Ausländerinnen und Ausländer, die auf die Kommunen verteilt werden, sind die Landkreise und kreisfreien Städte für die Unterbringung und Versorgung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zuständig. Als örtliche Kostenträger obliegt es den Landkreisen, die kreisangehörigen Gemeinden und Samtgemeinden zur Erfüllung dieser Aufgabe heranzuziehen (§ 2 Abs. 3 AufnG). Damit liegt es auch in der Entscheidung der Landkreise, über die landkreisinternen Verteilkontingente für die kreisangehörigen Gemeinden zu entscheiden. Die Verteilung orientiert sich zwar grundsätzlich an der Einwohnerzahl. Die Landkreise sind jedoch nicht gehindert, die interne Verteilung nach den besonderen örtlichen Gegebenheiten und nicht ausschließlich nach der Einwohnerzahl vorzunehmen.

Bei landkreisübergreifenden Abweichungen von der festgesetzten Verteilquote ist zunächst Voraussetzung, dass eine Verständigung zwischen den betroffenen Landkreisen bzw. kreisfreien Städten getroffen wird. Im Übrigen hängt die Bewertung solcher Vereinbarungen von der konkreten Ausgestaltung dahingehend ab, ob hierbei die Aufnahmequote, die Zuständigkeiten (z. B. Ausländer- und/oder Sozialleistungsbehörde etc.) sowie die Kostenträgerschaft bei der abgebenden Gebietskörperschaft verbleiben sollen oder nicht.

Die Möglichkeit einer Vereinbarung, nach der die Zuständigkeiten und die Kostenträgerschaft, welche in der Regel an die Zuweisungsentscheidung oder die zu erteilende Wohnsitzauflage anknüpfen, von der abgebenden Gebietskörperschaft auf die aufnehmende Gebietskörperschaft übergehen, ist in jedem Fall gegeben.

Darüber hinaus können die Landkreise und kreisfreien Städte die Kooperationsmöglichkeiten nach dem Niedersächsischen Gesetz über die kommunale Zusammenarbeit (NKomZG) nutzen.

Vereinbarungen zwischen abgebender und aufnehmender Kommune mit dem Ziel der Beibehaltung der – z. B. ausländer- und sozialleistungsrechtlichen – Zuständigkeiten und der Kostenträgerschaft werden Grenzen insbesondere durch bundesgesetzliche Zuständigkeitsregelungen gesetzt.

2. Besteht die Möglichkeit, finanziellen Ausgleich anzubieten, um die Lasten bei einer abweichenden Verteilung auszugleichen?

Die tatsächliche Unterbringung bzw. Zuweisung von Personen an eine Kommune abweichend von der festgesetzten Aufnahmequote hat Auswirkungen auf den vom Land an die Kommunen zu leistenden finanziellen Ausgleich. Die Kostenabgeltung nach dem Aufnahmegesetz erfolgt für jede Person, für die der örtliche Kostenträger tatsächlich Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder gesetzlich bestimmte Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) gewährt hat. Damit ist sichergestellt, dass auch im Falle einer Vereinbarung der örtliche Kostenträger die Kostenabgeltungspauschale nach dem Aufnahmegesetz erhält, der die Sozialleistungen tatsächlich erbracht hat.

3. Wie steht die Landesregierung zu dem Vorschlag, dass Kommunen mehr Flüchtlinge aufnehmen könnten und hierfür einen entsprechenden finanziellen Ausgleich erhalten?

Hierzu verweise ich auf die Ausführungen in der Vorbemerkung und zu Frage 2.

Presseinformation

Artikel-Informationen

erstellt am:
13.05.2015

zum Seitenanfang
zur mobilen Ansicht wechseln