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Beantwortung der mdl. Anfrage der CDU zum Verfassungsschutz

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 27.02.2014; Fragestunde Nr. 4

Innenminister Boris Pistorius beantwortet die mündliche Anfrage des Abgeordneten

Rainer Fredermann (CDU)

Der Abgeordnete hatte gefragt:

Innenminister Pistorius wird in der Neuen Presse vom 8. Februar 2014 („Ich bin kein roter Sheriff“) u. a. zum Thema Verfassungsschutz befragt. In diesem Interview sagte er u. a.: „Aber die Struktur des Verfassungsschutzes muss so angelegt sein, dass keinerlei Form von politischer Beeinflussung möglich ist.“

Zur Frage unrechtmäßiger Datenspeicherungen durch den Verfassungsschutz sagt er auf die Frage, ob Enthüllungen zu erwarten sind: „Die Task-Force, die derzeit rund 9 000 Datensätze überprüft, wird ihre Ergebnisse im Frühjahr vorstellen. Ich kenne keine Zwischenstände. Aber es würde mich nicht überraschen, wenn es weitere Fälle unrechtmäßiger Speicherungen gäbe.“

Ich frage die Landesregierung:

1. Geht der Minister davon aus, dass unter 9 000 Datenspeicherungen immer einige Zweifelsfälle oder Irrtümer vorhanden sein werden, oder gibt es einen anderen Grund, warum er von Fällen der unrechtmäßigen Datenspeicherung nicht überrascht wäre?

2. Inwiefern geht der Minister davon aus, dass die Struktur des Verfassungsschutzes gegenwärtig so angelegt ist, dass eine politische Beeinflussung möglich ist?

3. Sieht der Innenminister vor dem Hintergrund seiner oben genannten Äußerung ein Problem in dem Umstand, dass die Präsidentin des Verfassungsschutzes, Maren Brandenburger, ausweislich der Homepage des SPD-Bezirks Hannover die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft verfolgter Sozialdemokraten (AvS) und des Arbeitskreises gegen Rechtsextremismus ist?

Innenminister Boris Pistorius beantwortete namens der Landesregierung die Anfrage wie folgt:

Der zwischen SPD und Bündnis 90/Die Grünen geschlossene Koalitionsvertrag sieht vor, aus der Aufarbeitung des NSU-Komplexes gewonnene Rückschlüsse auch für eine Reform des Niedersächsischen Verfassungsschutzes zu nutzen. Daraufhin hat der Minister für Inneres und Sport am 04.09.2013 eine Arbeitsgruppe (AG) zur Reform des Niedersächsischen Verfassungsschutzes einberufen, die konkrete Handlungsvorschläge zur Reform des Verfassungsschutzes erarbeiten soll. Die AG wird ihre Ergebnisse im Frühjahr 2014 zunächst den zuständigen Ausschüssen des Landtags und dann der Öffentlichkeit vorstellen.

Nach einer eingehenden Analyse der Ausgangssituation soll sich die Arbeitsgruppe folgenden Kernthemen widmen:

– Zusammenarbeit des Verfassungsschutzes mit anderen Sicherheitsbehörden,

– Einsatz von V-Personen,

– Personelle Ausstattung und Organisation,

– Anpassungsbedarf rechtlicher Grundlagen und Rahmenbedingungen.

Darüber hinaus hat der Innenminister am 27.09.2013 zur Überprüfung des personenbezogenen Datenbestandes des Verfassungsschutzes die Einrichtung einer Task Force angeordnet, die die nach § 8 des Niedersächsischen Verfassungsschutzgesetzes (NVerfSchG) vorgenommenen personenbezogenen Speicherungen auf ihre Rechtmäßigkeit und Erforderlichkeit überprüft. Ferner ist der Auftrag der Task Force, aus den aus der Überprüfung gewonnenen Erkenntnissen mögliche Handlungsempfehlungen für die Speicherung personenbezogener Daten zu entwickeln. Die Task Force hat Anfang Oktober 2013 ihre Arbeit aufgenommen und wird die Ergebnisse nach Abschluss ihrer Prüfung vorlegen; eine Zwischenberichterstattung ist nicht vorgesehen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:

Nachdem bereits bei einer kleinen Stichprobe der Verfassungsschutzpräsidentin im letzten Jahr rechtswidrige Speicherungen aufgefallen sind, liegt es nahe, dass sich unter der weitaus größeren Menge der Gesamtauswertung von 9000 Fällen weitere rechtswidrige Speicherungen befinden.

Zu 2.:

Der Minister geht gegenwärtig nicht davon aus, dass eine politische Beeinflussung des Verfassungsschutzes allein durch dessen Struktur möglich ist. Die Landesregierung strebt eine Reform des Niedersächsischen Verfassungsschutzes an. Die zu entwickelnden Rahmenbedingungen müssen sich daran messen, dass der Verfassungsschutz seine Aufgaben ausgerichtet an sachlichen und objektiven Erwägungen wahrnehmen kann und sich gerade nicht an politisch beeinflussten Überlegungen orientiert. Um dies zu gewährleisten, hat der Verfassungsschutz als Abteilung des Ministeriums für Inneres und Sport bereits jetzt eine gesetzlich normierte Sonderrolle inne. Nach dem NVerfSchG hat das Fachministerium eine gesonderte Abteilung zu unterhalten, um die Zusammengehörigkeit und Abgeschlossenheit der Aufgaben des Verfassungsschutzes gegenüber anderen im Fachministerium angesiedelten Aufgaben zu dokumentieren. Auch die Leiterin oder der Leiter der Verfassungsschutzabteilung ist mit gesetzlich vorgeschriebenen Entscheidungsbefugnissen ausgestattet und unterscheidet sich insoweit in ihrer oder seiner Behördenstellung von anderen Abteilungsleiterinnen oder Abteilungsleitern auf Ministerialebene.

Zu 3.:

Nach § 33 des Beamtenstatusgesetzes haben Beamtinnen und Beamte ihre Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen und ihr Amt zum Wohl der Allgemeinheit zu führen, bei politischer Betätigung haben sie diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus ihrer Stellung gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten ihres Amtes ergibt. Hieraus ergibt sich bereits, dass eine parteipolitische Betätigung von Beamtinnen und Beamten grundsätzlich zulässig ist. Es trifft zu, dass Frau Brandenburger in der Arbeitsgemeinschaft verfolgter Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten (Arbeitskreis gegen Rechtsextremismus) des SPD-Bezirks Hannover tätig gewesen ist. Unmittelbar nach der Ernennung zur Verfassungsschutzpräsidentin hat Frau Brandenburger gegenüber der Arbeitsgruppe erklärt, ihre Funktion als Sprecherin und ihre Mitarbeit in der Arbeitsgruppe ruhen zu lassen.

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erstellt am:
28.02.2014

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