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Abschiebungen in den Kosovo

Rede des Innenministers Uwe Schünemann in der Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 09.05.2012; TOP 14 c) Aktuelle Stunde zum Antrag der Fraktion DIE LINKE


Sehr geehrte Damen und Herren,

ich habe mir ausführlich über die Reise berichten lassen. Mit großem Interesse habe ich auch die sehr ehrliche, differenzierte und schlicht und ergreifend um Wahrheit bemühte Pressemitteilung von Herrn Jansen und Herrn Dr. Meyer zur Kenntnis genommen. Es ist doch bezeichnend, dass die Vertreter von Caritas und Kommunalen Spitzenverbänden zu einem so ganz anderen Ergebnis kommen, als Sie, Frau Zimmermann. Aber auch andernorts wird die Situation im Kosovo anders wahrgenommen – übrigens auch von Vertretern der SPD und der GRÜNEN. Hören Sie gut zu, Frau Zimmermann, was zum Beispiel der Petitionsausschuss des Landtags von Baden-Württemberg am 28. März dieses Jahres einstimmig beschlossen hat, nachdem die Mitglieder, wie Sie ja wissen, im Januar 2012 – also zur Winterzeit! – das Kosovo besucht hat:

„Die Erkenntnisse dieser Delegationsreise führen zunächst zu der Feststellung, dass im Zuge der fünftägigen Delegationsreise in die Republik Kosovo eine generelle konkrete „Gefahr für Leib und Leben“ der ethnischen Minderheiten der Roma, Ashkali und Ägypter aus dem Kosovo, die die Anordnung eines generellen Abschiebestopps gemäß §§ 60, 60a Aufenthaltsgesetz im Einvernehmen der Innenministerkonferenz ermöglichen würde, nicht festgestellt werden konnte.“ Bemerkenswert ist auch, was auf der Homepage der Stuttgarter SPD-Landtagsfraktion zu lesen ist. Dort heißt es unter der Überschrift „Kein generelles Abschiebehindernis ins Kosovo“: „Zwei Monate nach Abschluss einer Delegationsreise in die Republik Kosovo hat der Petitionsausschuss in seiner heutigen Sitzung einstimmig beschlossen, dass ein generelles Abschiebehindernis in die Republik Kosovo nicht vorliege.

Ein solches wäre nur gegeben, wenn für zurückgeführte Roma wegen ethnischer Verfolgung Gefahr für Leib und Leben bestünde. Das konnte die Delegation nicht feststellen – im Gegenteil.“

Und weiter:

Für den Obmann der SPD-Fraktion im Petitionsausschuss, Nik Sakellariou, steht fest, dass sich die junge Republik Kosovo als Vielvölkerstaat verstehe, der die Minderheiten der Roma, der Ashkali und der Ägypter sogar verfassungsrechtlich schütze, ihnen beispielsweise fünf Abgeordnetenmandate garantiere und der die Integration dieser Minderheiten gesetzlich fordere.

„Dieser jungen Republik zu bescheinigen, sie verfolge Roma, wäre nicht nur ungerechtfertigt, sondern auch ein ganz falsches Signal an diejenigen Staaten in Europa, die beim Umgang mit den Roma noch lange nicht so weit sind wie die Republik Kosovo“, so Sakellariou.

Ein Zitat meines geschätzten Innenministerkollegen Jäger will ich Ihnen nicht vorenthalten. Der hatte am 16. November 2011, nachdem er im Juni 2011 selbst im Kosovo war, im Düsseldorfer Landtag erklärt [Plenarprotokoll LT NRW 15/46, S. 4664]:

„Insgesamt habe ich bei dieser Reise den Eindruck gewonnen, dass sich nicht nur die Lebensumstände der Minderheitenangehörigen, sondern auch die Startbedingungen für alle Rückkehrer deutlich verbessert haben.“ Ich will auf Ihre gebetsmühlenartig wiederholte Forderung nach einem generellen Abschiebungsstopp inhaltlich nicht weiter eingehen. Dass die Voraussetzungen für einen Abschiebungsstopp nach § 60a Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes für vollziehbar ausreisepflichtige Personen aus dem Kosovo nicht erkennbar sind, ist eine Tatsache, die offensichtlich nur noch von der Opposition in diesem Land geleugnet wird.

Das ist nicht neu. Neu ist lediglich, dass die Forderung jetzt nicht mehr mit der drohenden Gefahr für Rückkehrer begründet wird, sondern mit deren ungünstigen Lebensbedingungen im Kosovo. Auch Ihnen ist bekannt, dass mit dieser Begründung kein Abschiebungsstopp erlassen werden kann. Da sind die Kolleginnen und Kollegen von SPD und GRÜNEN in Baden-Württemberg und NRW schon ein ganzes Stück weiter.

Ich habe eine Bitte:

Die im Verlauf der Reise gewonnenen Erkenntnisse sollten in Ruhe mit den allen Delegationsteilnehmern aus dem Innenausschuss und den weiteren Teilnehmern von Pro Asyl, dem Roma-Center Göttingen, der Caritas sowie des Niedersächsischen Landkreistages besprochen werden. Darüber hinaus muss die Delegationsreise im Innenausschuss mit Besonnenheit ausgewertet werden.

Anschließend wird zu klären sein, wie die Rückkehrprogramme und die Reintegration vor Ort im Einzelnen noch weiter verbessert werden können.

Presseinformation

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erstellt am:
09.05.2012

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