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Neuordnung der wasserschutzpolizeilichen Aufgaben

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 23.03.2012; Fragestunde Nr. 11


Innenminister Uwe Schünemann beantwortet die mündliche Anfrage des Abgeordneten Ronald Schminke (SPD)

Der Abgeordnete hatte gefragt:

Die Landesregierung hat am 5. Oktober 2010 beschlossen, die wasserschutzpolizeilichen Aufgaben neu zu ordnen. Die Aufgabenwahrnehmung für die Bereiche von Fulda, Werra und Weser in Südniedersachsen wurde in vollem Umfang auf die Verfügungseinheit der Wasserschutzpolizei Nienburg übertragen. Schwerpunkt ist der Bootsstreifendienst mit Streckenboot zur Überwachung des gewerblichen Schiffsverkehrs und stetig ansteigender Sportbootverkehre.

Weiter haben die Beamten Arbeitsschwerpunkte bei der Überwachung von wasserbaulichen Einrichtungen, Schleusen und Wehranlagen sowie bei Kontrollen der Berufsfischerei oder bei tierschutzrechtlichen Bestimmungen und bei Anglern im Freizeitbereich. Im Bereich Umweltrecht und Umweltschutz sind die Beamten der Wasserschutzpolizei an Land und auf dem Wasser zuständig.

Die Wasserschutzpolizeistationen in Hann. Münden und Hameln wurden zum 31. Januar 2011 geschlossen, und die dort stationierten Wasserschützer wurden anderen Polizeidienststellen zugeordnet. Ihnen wurden andere Aufgaben übertragen.

Innenminister Schünemann erklärte, dass mit der Strukturreform keine Reduzierung der Aufgabenwahrnehmung verbunden sei. Vor Ort werden die Wasserschützer der Polizei jedoch immer seltener gesichtet. Die Klagen von Fischereigenossenschaften und Angelvereinen sowie der Fähr- und Fahrgastschifffahrt häufen sich. Umweltrechtliche Bestimmungen und Schiffsverkehre lassen sich nach Auffassung des hessischen Innenministers aus 220 km Entfernung nicht ordnungsgemäß kontrollieren.

Durch ein Verwaltungsabkommen zwischen Niedersachsen und Hessen wurde die wechselseitige Wahrnehmung wasserschutzpolizeilicher Aufgaben in den Stromgebieten Fulda und Weser geregelt. So nehmen hessische Beamte auf der Fulda im Bereich Spiekershausen WSP-Aufgaben für Niedersachsen wahr, und Beamte aus Niedersachsen sind auf der Weser in den Bereichen Reinhardshagen und Bad Karlshafen für Hessen tätig. Für diese Aufgabenteilung entstehen beiden Ländern bisher keine zusätzlichen Kosten. Innenminister Schünemann hatte auf Nachfrage erklärt, er werde auch zukünftig an den vereinbarten Verpflichtungen der beiden Bundesländer festhalten.

Gleichwohl hatte Hessens Innenminister für die hessischen Hoheitsgebiete eine Veränderung der Zuständigkeit angeregt, weil die Wahrnehmung wasserschutzpolizeilicher Aufgaben in Südniedersachsen von Nienburg aus wegen der enormen Entfernung von ca. 220 km nur noch vermindert erfolgen könne.

Hessen hatte deshalb Niedersachsen um eine Rückübertragung der wasserschutzpolizeilichen Aufgaben Hessens gebeten. Ferner wurde durch das Land Hessen angeboten, im Sinne einer bürgernahen, wirtschaftlichen und effektiven Aufgabenwahrnehmung die Zuständigkeit im gesamten Flussbereich der Weser bis Karlshafen (Flusskilometer 44,86) sowie in dem Bereich der Werra von Hedemünden (Flusskilometer 78,050) bis zur Weser zu übernehmen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie oft war im Jahre 2011 Nienburger Wasserschutzpolizei in Südniedersachsen auf den Flüssen Fulda, Werra und Weser präsent bzw. mit Streifenboot vor Ort im Einsatz?

2. Gibt es Verhandlungen zwischen Niedersachsen und Hessen mit dem Ziel, zukünftig eine Aufgabenübertragung wasserschutzpolizeilicher Aufgaben an das Land Hessen zurückzugeben bzw. niedersächsische Hoheitsgebiete zur Aufgabenwahrnehmung an Hessen zu übertragen?

3. Teilt die Landesregierung die Einschätzung des hessischen Innenministers, der eine Aufgabenwahrnehmung aus ca. 220 km Entfernung für unwirtschaftlich, ineffektiv und nicht bürgernah hält?

Innenminister Uwe Schünemann beantwortete namens der Landesregierung die Anfrage wie folgt:

Auf der Grundlage des Staatsvertrages zwischen den Ländern Hessen und Niedersachsen vom 22. Dezember 1953 wurden die wasserschutzpolizeilichen Aufgaben in den in Hessen gelegenen Stromgebieten der Fulda und der Oberweser durch das Land Niedersachsen wahrgenommen. Hintergrund dafür war, dass sich die Landesgrenze in großen Bereichen der Flussabschnitte im Stromdreieck von Fulda, Werra und Oberweser in der Strommitte befindet und es darüber hinaus in anderen Teilbereichen auch Grenzsprünge über den Strom hinweg gibt. Auf diese Weise konnte eine organisatorisch leicht nachvollziehbare polizeiliche Zuständigkeit gewährleistet werden.

Vor dem Hintergrund veränderter polizeilicher Anforderungen durch erhöhtes Verkehrsaufkommen im mittleren Abschnitt der Fulda kündigte das Land Hessen den Staatsvertrag zum 31. Januar 1995. Der grundsätzliche Inhalt des ursprünglichen Staatsvertrages wurde in dem Verwaltungsabkommen vom 15. November 1994 / 19. Januar 1995 mit einer Anpassung der Zuständigkeiten übernommen. Mit dem Änderungsabkommen vom 8. / 22. Februar 2008 erfolgte eine erneute Anpassung der Aufgabenwahrnehmung für den Bereich der Fulda.

Mit der von der Landesregierung am 5. Oktober 2010 beschlossenen Neuordnung der wasserschutzpolizeilichen Aufgabenwahrnehmung wird Niedersachsen neben einer Schwerpunktbildung im Bereich der Küste auch der fachlichen Verantwortung im Binnenland weiterhin uneingeschränkt gerecht. Die wasserschutzpolizeilichen Aufgaben im Binnenland und die damit einhergehende polizeiliche Präsenz an bzw. auf den Binnengewässern sind infolge der Anpassung des Organisationserlasses seit dem 1. Januar 2011 zentral an vier Standorten durch die regionalen Polizeidirektionen Göttingen, Hannover, Lüneburg und Osnabrück gewährleistet. Darüber hinaus wurde zur Sicherung der wasserschutzpolizeilichen Qualitätsstandards in ganz Niedersachsen sowie zur Gewährleistung der rechtlichen Verpflichtungen auf Länder-, Bundes- und internationaler Ebene zum 1. Januar 2011 das Kompetenzzentrum für wasserschutzpolizeiliche Aufgaben in Wilhelmshaven eingerichtet. Das Kompetenzzentrum stellt gemeinsame Fortbildungsplanung und -standards für die Küste und das Binnenland sicher und erhält damit die wasserschutzpolizeiliche Fachkompetenz in ganz Niedersachsen. Darüber hinaus sorgt es für ein gemeinsames Bootskonzept und stellt sicher, dass die Wartung und Instandhaltung sowie die Ersatzbeschaffung der Boote wirtschaftlich und effektiv gestaltet wird.

Dies vorangestellt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1:

Die wasserschutzpolizeiliche Aufgabenwahrnehmung erstreckt sich nicht ausschließlich auf die jeweilige Wasserstraße, sondern umfasst auch die angrenzenden Ufer- und Schifffahrtsanlagen sowie Kraftwerke. Vor diesem Hintergrund wird die wasserschutzpolizeiliche Präsenz sowohl vom Wasser als auch vom Land aus gewährleistet.

Im Jahr 2011 wurden durch die für die wasserschutzpolizeiliche Aufgabenwahrnehmung zuständige Verfügungseinheit der Polizeiinspektion Nienburg / Schaumburg insgesamt neun Präsenzstreifen durchgeführt. Die Bestreifung erfolgte mit einem Funkstreifenwagen und erstreckte sich unter Einbeziehung der Weser bis zur Ortslage Hameln über einen Zeitraum von jeweils etwa 10 Stunden. Darüber hinaus wurde am Himmelfahrtstag der Bereich der Oberweser in einem Zeitraum von etwa 14 Stunden mit einem Dienstboot zu Wasser bestreift.

Zu Frage 2:

Im Nachgang bilateraler Vorgespräche übermittelte das Land Hessen im Januar 2012 einen Entwurf zur Anpassung des o.g. Verwaltungsabkommens. Mit diesem Entwurf schlägt die hessische Seite vor, die wasserschutzpolizeilichen Aufgaben der in Niedersachsen gelegenen Flussgebiete der Fulda sowie der Weser bis Flusskilometer 43,02 zukünftig auf das Land Hessen zu übertragen. Darüber hinaus sollen nunmehr auch die bisher in dem Verwaltungsabkommen nicht erfassten niedersächsischen Flussgebiete der Werra in eine solche Aufgabenübertragung einbezogen werden.

Der hessische Vorschlag wird zurzeit insbesondere vor dem Hintergrund der vorstehend erwähnten Zielrichtung einer organisatorisch nachvollziehbaren polizeilichen Zuständigkeit aus niedersächsischer Sicht geprüft.

Zu Frage 3:

Für die niedersächsischen Flussabschnitte im Stromdreieck von Fulda, Werra und Oberweser obliegt die Wahrnehmung der wasserschutzpolizeilichen Aufgaben der Polizeidirektion Göttingen. Diese gewährleistet ihre wasserschutzpolizeilichen Zuständigkeiten mit einem hohen Sicherheitsstandard und einer zielgerichteten und wirkungsvollen Präsenz.

Im Übrigen siehe Vorbemerkung.

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erstellt am:
23.03.2012

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