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Informationsgruppe zur Beobachtung und Bekämpfung neonazistischer/ terroristischer, insbesondere fremden-feindlicher Gewaltakte (IGR)

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 09.12.2011; Fragestunde Nr. 53


Innenminister Uwe Schünemann beantwortet die mündliche Anfrage der Abgeordneten Kreszentia Flauger und Pia-Beate Zimmermann (LINKE)

Die Abgeordneten hatten gefragt:

Auf Beschluss der Innenminister von Bund und Ländern wurde Ende 1992 als eigenständiges Gremium die „Informationsgruppe zur Beobachtung und Bekämpfung neonazistischer/
terroristischer, insbesondere fremdenfeindlicher Gewaltakte (IGR)“ eingerichtet. Zu den Aufgaben der IGR zählten die Fortschreibung bestehender und die Entwicklung neuer Beobachtungs- und Bekämpfungskonzepte gegen neonazistische bzw. terroristische Gewaltakte sowie der Intensivierung des diesbezüglichen Erkenntnisaustausches zwischen den beteiligten Behörden.

Die IGR hat im Oktober 2003 eine Tagung abgehalten, die sich u. a. mit der Frage befasste, ob es im Bereich des Rechtsextremismus Gruppierungen gibt, von denen eine Gefahr der Entstehung terroristischer Strukturen ausgeht. Die IGR soll im Durchschnitt zweimal im Jahr getagt haben. Im vergangenen Jahr soll die Innenministerkonferenz den Arbeitskreis II Polizei und den Arbeitskreis IV Verfassungsschutz gebeten haben, die IGR fortzuführen durch eine Koordinierungsgruppe zur Bekämpfung der politisch motivierten Kriminalität - rechts. Beide Arbeitskreise sollen ein Konzept erstellt haben, das alle Maßnahmen, die die Polizei auf Bundes- und Länderebene ergreift, umfasst und zudem Maßnahmen des Verfassungsschutzes. Dieses Konzept soll auf der kommenden Innenministerkonferenz beschlossen werden, ebenso wie die Einrichtung einer „Koordinierungsgruppe PMK - rechts“.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Was hat die IGR in den letzten Jahren an Daten und Fakten zur Beobachtung und Bekämpfung neonazistischer/terroristischer, insbesondere fremdenfeindlicher Gewaltakte, vorgelegt?

2. Welchen Beitrag hat in diesem Zusammenhang das Land Niedersachsen u. a. bei der Tagung im Oktober 2003 geleistet?

3. Was sind die wesentlichen Inhalte des Konzepts, welches auf der kommenden Innenministerkonferenz beschlossen werden soll, und mit welchen konkreten inhaltlichen Vorschlägen hat sich das Land Niedersachsen an der Erarbeitung des Konzepts beteiligt?

Innenminister Uwe Schünemann beantwortete namens der Landesregierung die Anfrage wie folgt:

Die „Informationsgruppe zur Beobachtung und Bekämpfung rechtsextremistischer/-terroristischer, insbesondere fremdenfeindlicher Gewaltakte“ (IGR) wurde mit Wirkung vom 11.12.1992 als Bund-/Länder-Arbeitsgruppe aus Vertretern von Generalbundesanwalt (GBA), Bundeskriminalamt (BKA), Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) und den Ländern gegründet. Die Geschäftsführung oblag dem BfV. Die Gründung der IGR war eine Reaktion auf zahlreiche fremdenfeindliche Übergriffe mit Todesfolge. Für Niedersachsen nahmen ein Vertreter des Verfassungsschutzes und des Landeskriminalamtes an den Sitzungen der IGR teil. Die IGR tagte in unregelmäßigen Abständen ein- bis zweimal jährlich. Zuletzt hatte das BfV zu einer Sitzung im Oktober 2007 in Ahrensburg eingeladen.

Bereits im vergangenen Jahr wurde eine organisatorische Änderung der Gremienstruktur initiiert, um den Informationsaustausch und die Kooperation im Bereich des Rechtsextremismus weiter zu intensivieren.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1:

Zu den Aufgaben der IGR zählen u.a. die Intensivierung des Erkenntnisaustausches zwischen Verfassungsschutz, Polizei und Justiz, die Abstimmung einheitlicher Erfassungskriterien und Begriffsbestimmungen sowie regionaler personen- und sachbezogener Beobachtungs- und Bekämpfungsschwerpunkte, Analysen der Sicherheitslage, Fortschreibung bestehender und Entwicklung neuer Beobachtungs- und Bekämpfungskonzepte, Bündelung der Bekämpfungs-ressourcen und konzeptionelle Fragen der Zusammenarbeit.

Von der IGR initiiert, wurde zum Beispiel eine gemeinsame „Projektgruppe Kameradschaften“ des BfV und des BKA eingerichtet, die die Entwicklung im Bereich der neonazistischen Kameradschaften auch unter dem Aspekt möglicher rechtsterroristischer Strukturen analysieren sollte. Der Sprengstoffanschlag, den Angehörige der „Kameradschaft Süd“ unter Führung von Martin WIESE anlässlich der Grundsteinlegung des jüdischen Gemeindezentrums in München am 09.11.2003 planten, gab Anlass, sich schwerpunktmäßig der „Gewalt- und Terrorismusaffinität“ im Bereich des Neonazismus zuzuwenden. Der in der Sitzung der IGR im Jahr 2004 in Bad Zwischenahn vorgelegte aktualisierte Bericht der gemeinsamen „Projektgruppe Kameradschaften“ enthielt neben einer Einschätzung der Kameradschaft Süd und der Kameradschaft Pinneberg ein Lagebild über mögliche „Combat-18“ (C 18)-Strukturen in Deutschland. Dieser Lageeinschätzung waren mehrere Besprechungen auf Fachebene vorausgegangen.

Die Erstellung des Berichts der gemeinsamen „Projektgruppe Kameradschaften“ erfolgte unter Beteiligung der Sicherheitsbehörden der Länder, einschließlich Niedersachsens.

Zu Frage 2:

Die Vertreter der IGR haben im Rahmen ihrer Tagung am 15./16. Oktober 2003 u.a. eingehend die Frage erörtert, ob es im Bereich des Rechtsextremismus Gruppierungen gibt, von denen eine Gefahr der Entstehung terroristischer Strukturen ausgeht. Niedersachsen hat sich an der übereinstimmenden Analyse der vorliegenden Erkenntnisse und an der Entwicklung von Maßnahmen beteiligt.

Zu Frage 3:

Die Tagesordnung der 193. Sitzung der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder (IMK) am 08./09. Dezember 2011 sieht u.a. vor, die Erarbeitung einer Gesamtkonzeption von Polizei und Verfassungsschutz auf Basis des bereits im Jahr 2009 erstellten und 2010 fortgeschriebenen „Maßnahmenkatalogs zur Bekämpfung der Politisch motivierten Kriminalität –rechts– (VS-NfD)“ sowie der „Handlungsempfehlungen zur Optimierung der Bekämpfung der Politisch motivierten Kriminalität –rechts– (VS-NfD)“ zu beschließen. Der in der praktischen Umsetzung befindliche Katalog und die Handlungsempfehlungen umfassen beispielsweise Maßnahmen zur Kooperation und Zusammenarbeit mit anderen Behörden, Institutionen und Einrichtungen, zur Bund-Länder-Zusammenarbeit sowie zur Aus- und Fortbildung von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten des Bundes und der Länder. Ferner ist geplant, im Hinblick auf einen einheitlichen Bekämpfungsansatz eine Koordinierungsgruppe Politisch motivierte Kriminalität –rechts– (KG PMK –rechts) unter der Geschäftsführung des BfV und Beteiligung des BKA, aller Landeskriminalämter und Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern, des Militärischen Abschirmdienstes sowie des GBA einzurichten. Diese Koordinierungsgruppe soll sich künftig mit allen gewaltbereiten dem Rechtsextremismus zuzuordnenden Personen befassen und dabei sowohl extremistisch als auch terroristisch zu bewertende Taten einbeziehen.

Niedersachsen hatte sich bereits im Jahr 2009 an der Bund-Länder-Projektgruppe „PMK -rechts-“ zur Überprüfung, Fortschreibung und Aktualisierung des o.g. Maßnahmenkatalogs und der Beschreibung der Handlungsempfehlungen beteiligt und wird mit einem Vertreter des Verfassungsschutzes und des Landeskriminalamtes in der KG PMK –rechts– vertreten sein.

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erstellt am:
12.12.2011

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