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Beantwortung der Mündl. Anfrage der CDU zu Rückführungen

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 18. September 2015; Fragestunde Nr. 5. Das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport antwortet namens der Landesregie-rung auf die Mündliche Anfrage der Abgeordneten A. Jahns und A. Focke wie folgt:


Vorbemerkung der Abgeordneten

Die Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 20. Juli 2015 berichtete über eine Äußerung von Ministerpräsident Stephan Weil im Hinblick auf die Situation der abgelehnten Asylbewerber: „Die Kehrseite der Medaille ist laut Weil, dass der Staat Zuwanderer, die keinen Asylgrund hätten, konsequent aus dem Land weisen müsse. ‚Diese Menschen müssen in ihre Heimat zurückkehren, gar keine Frage.‘“

Am 19. August berichtete die Hannoversche Allgemeine Zeitung von Aussagen der Migrationsbeauftragten der Landesregierung, Doris Schröder-Köpf, zu den Balkan-Flüchtlingen: „Schröder-Köpf warnte zugleich davor, ‚wieder in das alte Spiel zu verfallen und die Welt in gute Flüchtlinge und schlechte Flüchtlinge zu unterteilen‘, wie es derzeit etwa mit den Migranten vom Balkan geschehe. Sie widersprach auch Forderungen von Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), Menschen aus diesen Regionen abzuschieben.“

Die Hildesheimer Allgemeine Zeitung berichtete am 21. August 2015 unter der Überschrift „Abschiebung mit Ansage - der richtige Weg?“ über Probleme bei der Rückführung von abgelehnten Asylbewerbern: „Landesweit ist in Niedersachsen nach Angaben des Innenministeriums seit Jahresanfang ein Drittel der geplanten Abschiebungen daran gescheitert, dass Flüchtlinge sich abgesetzt haben.

„Das Ministerium ermittele derzeit, inwiefern sich die neuen Bestimmungen in der Praxis bewährt haben, berichtet W..“

1. Entspricht die Position der Landesregierung bei der Landesaufgabe einer Rückführung der abgelehnten Asylbewerber der Aussage von Ministerpräsident Weil oder der Aussage der Migrationsbeauftragten Schröder-Köpf?

Ministerpräsident Weil hat in seiner Regierungserklärung vom 10. September 2015 „Flüchtlinge in Niedersachsen – Weltoffenheit schützen, Herausforderungen annehmen, Chancen nutzen“ unter anderem die Position der Landesregierung zu Rückführungen dargestellt.

Die Landesregierung bekennt sich ohne Einschränkungen zum Grundrecht auf politisches Asyl. Außerdem haben alle Asylsuchenden einen Anspruch auf ein rechtsstaatliches Verfahren. Allerdings sind die Betroffenen im Falle einer Ablehnung eines Asylantrages verpflichtet, in ihre Heimat zurückzukehren.

Rückführungen sind jedoch im Rahmen des geltenden Rechts so zu organisieren, dass für die betroffenen Personen die mit der zwangsweisen Durchsetzung der Ausreisepflicht verbundenen psychischen Belastungen so gering wie möglich gehalten werden. Hierzu zählt auch die Entscheidung, der Förderung der freiwilligen Ausreise grundsätzlich Vorrang zu geben. Dessen ungeachtet bleibt als ultima ratio die zwangsweise Durchführung der Rückführung, die im Rahmen der rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten konsequent durchzuführen ist.

Die Äußerungen der Landesbeauftragten für Migration und Teilhabe stehen nicht im Gegensatz zur Position der Landesregierung. Die Landesbeauftragte spricht sich nicht per se gegen Abschiebungen aus. Allerdings ist sie der Meinung, dass die Menschen, die aus wirtschaftlichen Gründen und Perspektivlosigkeit ihre Heimat verlassen und nach Deutschland kommen, nicht in das Asylverfahren gehören. Wie die Landesregierung spricht sie sich dafür aus, Menschen, die keinen Asylgrund vorweisen können, unter klar definierten Voraussetzungen die Möglichkeit zur legalen Einwanderung zu eröffnen.

2. Welche Ergebnisse hat die im Innenministerium durchgeführte Überprüfung der neuen Bestimmungen im Rückführungserlass erbracht?

Im Rahmen der Besprechung der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 18. Juni 2015 haben sich Bund und Länder auf die Umsetzung eines sog. Aktionsplans bezüglich Asylsuchender aus Herkunftsstaaten mit hoher Zugangszahl und geringer Anerkennungsquote, also aus den Westbalkanstaaten, verständigt. Dieser Aktionsplan sieht eine deutliche Beschleunigung der Asylverfahren vor. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge beabsichtigt, mit personellen, organisatorischen Maßnahmen sowie durch Prioritätensetzung zumindest einen Anteil der anhängigen Asylverfahren beschleunigt zu bearbeiten. Somit ist zu erwarten, dass in Zukunft vermehrt Personen mit nur kurzer Aufenthaltsdauer in Deutschland vollziehbar ausreisepflichtig sein werden.

Aus diesem Grund wird die Landesregierung abweichend von den Vorgaben des Rückführungserlasses vorgeben, dass bei Einzelpersonen, deren aktuelle Aufenthaltsdauer in Deutschland bis zum Zeitpunkt des in Aussicht genommenen Abschiebungstermins nicht mehr als 18 Monate beträgt, auf die Bekanntgabe des Abschiebungstermins verzichtet werden kann. Eine Bekanntgabe kommt in diesen Fällen nur ausnahmsweise in Betracht, wenn nach individueller Prüfung im Einzelfall aufgrund besonderer Umstände die Bekanntgabe des Abschiebungstermins geboten erscheint. Damit wird den Ausländerbehörden ein klarer Handlungsrahmen vorgegeben, der zugleich ausreichende Spielräume belässt, um die konkreten Umstände des Einzelfalles zu würdigen. Im Übrigen werden die Regelungen des Rückführungserlasses unberührt bleiben. Dies gilt insbesondere für den Vorrang der freiwilligen Rückkehr wie auch im Hinblick auf Abschiebungen zur Nachtzeit. Auch für Familien oder Alleinerziehende mit Kindern bleibt es bei den Regelungen des geltenden Rückführungserlasses.

Zudem wird die Landesregierung abweichend vom Erlass zur Durchführung des Härtefallverfahrens nach § 23a des Aufenthaltsgesetzes regeln, dass bei ausreisepflichtigen Personen, deren aktuelle Aufenthaltsdauer in Deutschland bis zum Zeitpunkt der Duldungserteilung nicht mehr als 18 Monate beträgt, die Verpflichtung zur Belehrung über die Möglichkeit und das Verfahren für die Anrufung der Härtefallkommission entfällt. Der Katalog der absoluten Nichtannahmegründe in § 5 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung wird erweitert: Ausländerinnen und Ausländer, die sich noch nicht 18 Monate im Bundesgebiet aufhalten, wird zukünftig der Zugang grundsätzlich verwehrt sein.

Nur unter engen Voraussetzungen wird es hier im Wege eines Sonderprüfungsrechts der Vorsitzenden der Härtefallkommission Ausnahmen geben. Im Ergebnis wird damit die Entscheidungspraxis der Kommission berücksichtigt. Verfahren, die im Ergebnis auch heute regelmäßig ohne Erfolg bleiben, werden vermieden.

3. Wird die Landesregierung weiterhin am Rückführungserlass in seiner durch Innenminister Pistorius geänderten Fassung festhalten?

Siehe die Antwort zu Frage 2.

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erstellt am:
18.09.2015

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