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Neuausrichtung des Nds. Verfassungsschutzes

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 22.10.2014; TOP 4 Rede von Innenminister Boris Pistorius zum Gesetzentwurf der Landesregierung


Sehr geehrter Herr Präsident,

meine sehr geehrten Damen und Herren!

Ich bedanke mich zunächst für die zahlreichen positiven Reaktionen, die es auf den heute vorliegenden Gesetzesentwurf von ganz verschiedenen Seiten gegeben hat. Ich freue mich besonders über den konstruktiven Geist, der jetzt deutlich wird und der uns sicherlich allen bei den anstehenden Beratungen helfen wird.

Eines möchte ich vorweg unterstreichen: Dieser Gesetzesentwurf wäre in der Form nicht ohne die vielen Beteiligten möglich gewesen. Das sind vor allem die Arbeitsgruppe für eine Reform des Verfassungsschutzes, die ich als Innenminister eingesetzt habe, und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Verfassungsschutzes. Wir konnten dadurch die Erfahrung von innen mit neuen Ideen und Gedanken von außen verbinden. Das hat im Ergebnis zu einem zuverlässigen, zeitgemäßen und innovativen Gesetzesentwurf geführt.

Ich freue mich, dass die Arbeit dieser Beteiligten heute entsprechend gewürdigt und wertgeschätzt wird, zumal diese Verfahrensweise in der Vergangenheit ja immer wieder einmal kritisiert wurde. Dieser Prozess ist bundesweit einmalig, er ist insoweit ein Leuchtturm, nicht nur für Niedersachsen!

Wir haben heute also eine hervorragende Basis für einen Neustart. Dieser Neustart war auch dringend nötig, um neues Vertrauen zu schaffen. Das gilt nach dem Bekanntwerden der NSU-Machenschaften und den teilweise sehr fragwürdigen Datenspeicherungen und Beobachtungsobjekten, die es hier in Niedersachsen gegeben hat.

Unser Ziel ist dabei klar: Wir wollen einen leistungsstarken, aber eben auch einen modernen und sensiblen Verfassungsschutz. Seine Arbeit soll sich nach dem vorliegenden Gesetzesentwurf an den drei K’s orientieren: Klarheit, Kommunikation, Kontrolle. Mehr Transparenz, Klarheit und Präzision bei den Vorschriften, eine stärkere interne und externe Kontrolle, eine Stärkung der parlamentarischen Kontrolle – all das sind die Gebote der Stunde, an die wir uns halten sollten!

Wir haben zum Teil schon diskutiert und werden auch in den nächsten Wochen viel darüber sprechen, was im Einzelnen dahinter steht. Ich möchte dennoch einige aus meiner Sicht zentralen Dinge ansprechen:

  • Mit dem Paragrafen „Be­obachtungsobjekte“ erhält das Gesetz eine Regelung, die in dieser Form bundesweit einmalig ist. Erstmals werden damit in einem Landesver­fassungsschutzgesetz die Entscheidungsabläufe transparent gemacht, bis hin zu dem Entschluss, dass ein Personenzu­sammenschluss planmäßig und systematisch vom Verfassungsschutz beobach­tet wird. Ein solcher Personenzusammenschluss ist dann nach dem Ende der Beobachtung entsprechend zu unterrichten.
  • Der Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel wird neu und übersichtli­cher geregelt. Zusätzliche Voraussetzungen, Anordnungskompetenzen und weitere Verfahrensregelungen werden als flankierende Maßnahmen bei besonderen Grundrechtseingriffen neu eingeführt. Auch das schafft mehr Transparenz gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern.
  • Ein weiteres Kernstück sind die umfangreichen Vorgaben zum Einsatz von Vertrauenspersonen und anderen verdeckt eingesetzten Personen. Es wer­den Regelungen zur Auswahl von Vertrauenspersonen getroffen, und es werden klare Grenzen für ihren Einsatz und die Zusammenarbeit mit ihnen gezogen. Um Vertrauenspersonen dauerhaft einzusetzen, muss zukünftig das entsprechende parlamentarische Kontrollgremium zustimmen. Auch diese Kontrollfunktion halte ich für sehr wichtig!
  • Und schließlich möchte ich die umfangreichen Dokumentationspflichten besonders hervorheben, gerade bei den nachrichtendienstlichen Mitteln und bei der Bestimmung von Beobachtungsobjekten. Die interne Kontrolle wird dadurch gestärkt, die externe Kontrolle wird erleichtert.

All diese Maßnahmen werden im Ergebnis dazu führen, dass der Verfassungsschutz in einer ausgewogenen Balance zwischen Freiheit und Sicherheit operiert. Ein effektiver und anerkannter Verfassungsschutz muss von der Gesellschaft getragen werden. Mit diesem Gesetz holen wir den Verfassungsschutz raus aus der Schlapphutecke und machen ihn zu einer modernen Sicherheitsbehörde, offen und effektiv zugleich. Das liegt in unser aller Interesse. Ich freue mich in diesem Sinne auf die Beratungen mit Ihnen in den nächsten Wochen!

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erstellt am:
22.10.2014

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