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Modellversuch Public-Private-Partnership im Justizvollzug

Einleitung
Die Beschränkung des Landes auf seine Kernaufgaben wird mit einer Initiative zur verstärkten Privatisierung von staatlichen Aufgaben fortgesetzt. Viele Aufgaben der Verwaltung können wirtschaftlicher und effizienter von Privaten erledigt werden. Eine Form sind öffentlich-private Partnerschaften (Public-Private-Partnership = PPP). Findet eine derartige Partnerschaft bei einem Bauprojekt statt, wird das Vorhaben von einem Privaten geplant, finanziert, gebaut, verwertet und zumindest teilweise betrieben. PPPs erstrecken sich über den gesamten Lebenszyklus des Vorhabens.

Innovation durch Modellversuch PPP in Niedersachsen
In der zweiten Phase der Verwaltungsmodernisierung soll daher für Aufgaben der Landesverwaltung ein Pilotprojekt PPP realisiert werden. Damit sollen Erfahrungen und Erkenntnisse über die Eignung und Wirtschaftlichkeit von PPP-Verfahren gesammelt werden. PPP-Projekte sind bisher in erster Linie auf kommunaler Ebene durchgeführt worden. Bei diesen Projekten spielt die Mittelstandsförderung eine wesentliche Rolle. Zunehmend richten jedoch auch die Länder ihr Augenmerk auf diese Option, da insbesondere bei einer Ausschöpfung der Möglichkeiten eines privaten Betriebs einer Einrichtung der Landeshaushalt entlastet werden kann.

Die Fraktionen von CDU und FDP haben die Landesregierung bereits am 30.04.2003 gebeten zu prüfen, ob die Errichtung von Justizvollzugsanstalten durch private Investoren möglich ist und ob auch der Betrieb durch private Betreiber in nicht sicherheitsrelevanten Bereichen umsetzbar ist. Seither haben die zuständigen Ausschüsse Anhörungen von Experten durchgeführt und haben sich vom MJ berichten lassen.

Im Rahmen dieses Prüfauftrages hat die Landesregierung im am 15. Juli 2003 ihre Absicht bekundet, Modelle verstärkter Zusammenarbeit von öffentlicher Hand und Privaten im staatlichen Hochbau zu erproben. MF ist beauftragt worden, in Abstimmung mit StK und MW geeignete Vorhaben zu benennen, die rechtlichen und wirtschaftspolitischen Voraussetzungen sowie ihre haushaltsmäßige Absicherung darzulegen und der Landesregierung einen Beschlussvorschlag zu unterbreiten. Aufgrund einer im Herbst 2003 erfolgten Ressortumfrage über die Eignung von entsprechenden Hochbauvorhaben und daran anschließender Ressortgespräche ist eine vorläufige Auswahl von geeigneten PPP-Projekten im Landesbereich vorgenommen worden. Wegen der vorübergehenden Zurückstellung neuer Bauvorhaben sind auch die PPP-Modelle zunächst nicht weiter verfolgt worden.

Als PPP-Modell sollte der Bau einer neuen JVA angegangen werden. Dabei sollen Erfahrungen aus Baden- Württemberg, Hessen und NRW berücksichtigt werden.

PPP-Projekt JVA
In Niedersachsen müssen mehrere kleinere Vollzugseinrichtungen mit insgesamt ca. 300 Haftplätzen geschlossen werden, weil sie marode und personell unwirtschaftlich sind. Allein ihre bauliche Sanierung würde Investitionen in Höhe von ca. 7. Mio. € erfordern. Die Abteilungen blieben jedoch weiterhin unwirtschaftlich.

Es bietet sich daher an, eine größere JVA neu zu errichten. Die neu zu errichtende JVA soll Platz für mindestens 300 Gefangene bieten. Die Baukosten würden im Falle einer staatlichen Errichtung ca. 55,5 Mio. € betragen. Das entspricht den Baukosten der größenmäßig vergleichbaren JVA Oldenburg. Die Baukosten bei der von Privaten geplanten und gebauten JVA Hünfeld in Hessen (500 Haftplätze) beliefen sich auf weniger als 50 Mio. €. Ein privat gebauter Haftplatz ist daher deutlich kostengünstiger als ein in staatlicher Regie gebauter.

Anders als bei den alten Abteilungen kann in der neuen JVA den Gefangenen eine sinnvolle und wirtschaftliche Arbeit angeboten werden. Mit dem Neubau kann zudem den durch das Bundesverfassungsgericht und Bundesgerichtshof formulierten Anforderungen an eine menschenwürdige Unterbringung entsprochen werden, was bisher in den kleinen Vollzugsabteilungen überwiegend nicht der Fall ist.

Durch die Zusammenfassung der zu ersetzenden Abteilungen zu einer neuen JVA ergeben sich erhebliche Einspareffekte. Nach ersten modellhaften Überlegungen können mehr als 20 Stellen eingespart werden. Durch die Beteiligung von Privaten bei der Bauplanung können sich Einsparpotentiale ergeben, wenn es gelingt, gemeinsam mit dem Nutzer die Abläufe zu optimieren. Indem nach den Vorstellungen des MJ 35 % der Aufgaben einer JVA an Private übertragen werden können, werden rund 10 % der Gesamtpersonalkosten eingespart werden können. Im Rahmen der Projektarbeit wird die Zahl der einzusparenden Stellen zu konkretisieren sein. Auch wird angestrebt werden, die Privatisierungsquote beim Betreib zu erhöhen. In Hünfeld (Hessen) sind über 40 % der Aufgaben für den Betrieb der JVA privatisiert.

Im Rahmen einer Ausschreibung soll im Sinne des Modellprojekts einer echten PPP ein Investor gefunden werden, der möglichst sowohl die Planung, die Finanzierung, den Bau, den nicht hoheitlichen Betrieb der neuen JVA und ggf. die Vermarktung der aufzulösenden Abteilungen übernimmt. Der Investor wäre dann sowohl für die ordnungsgemäße Errichtung als auch die spätere Bewirtschaftung verantwortlich. Das Land würde über einen Zeitraum von 20 – 30 Jahren nur noch als Nutzer dieser Anstalt auftreten, den vereinbarten Mietpreis entrichten und eine Belegungsgarantie abgeben.

In Niedersachsen sollen die Planung, der Bau, die Finanzierung, eine Vermarktung und der Betrieb möglichst an einen einzigen Unternehmer vergeben werden. Eine Vergabe an Bietergemeinschaften ist zur Berücksichtigung von Mittelstandsaspekten ggf. zu prüfen. Ziel muss der größtmögliche finanzielle und rechtliche Vorteil für das Land sein. Das Projekt sollte sich vollständig selbst tragen und darüber hinaus Einsparungen für den Landeshaushalt generieren.

Bausteine des Vorhabens
In dem Vorhaben werden nach Erstellung eines Projektauftrages und Verständigung über die Projektorganisation folgende Arbeitsschritte zu leisten sein:

• Durchführung eines Interessenbekundungsverfahrens

• Erstellung einer funktionalen Leistungsbeschreibung

mit dem Ziel einer maximalen Privatisierungsquote

• Ausschreibung von Planung, Bau, Finanzierung und Teilbetrieb und Verwertung

• Abgestuftes Verhandlungsverfahren und Auswertung der Angebote

• Erstellung einer Vergleichsberechnung Angebote des Privaten mit konventioneller Durchführung des Vorhaben und Betrieb in Eigenregie

• Vertragsverhandlungen/ Vergabe

• Einstellung der erforderlichen Sachmittel in den Landeshaushalt

• Bau und Baufinanzierung der Anstalt durch den Privaten

• Betrieb der Anstalt unter Berücksichtigung der privaten Betreiberanteile

Mehrere Bundesländer haben ihre PPP-Kompetenz unter Federführung der Finanzressorts gebündelt. Die Bündelung ist Voraussetzung, um bei PPP-Projekten den Anbietern hoch qualifizierte Gesprächspartner der Landesverwaltung gegenüber setzen zu können. Niedersachsen besitzt derzeit keine derartige zentrale Ansprechstelle. Vielmehr halten div. Ressorts zu ihren Vorhaben Experten vor. Im Rahmen des Projektes sollte kurzfristig ein organisatorischer Vorschlag entwickelt werden, wie in der niedersächsischen Landesverwaltung dieser Sachverstand gebündelt werden kann.

Bei Konkretisierung der Planung wird die Hinzuziehung externen Sachverstandes für das PPP-Projekt notwendig, insbesondere für die Erarbeitung der Ausschreibungsunterlagen. Hierfür ist eine Finanzierung in Höhe von mindestens 100.000 € notwendig. Eine kalkulierbare Größenordnung lässt sich jedoch erst dann einschätzen, wenn der Anteil der freiberuflich Tätigen festgelegt ist.

Bei einem günstigen Verlauf der Projektarbeit, d.h. sofern die angemessenen Rahmenbedingungen für die Arbeit der Projektgruppe geschaffen werden, wird eine Entscheidung über die Vergabe in ca. 24 Monaten getroffen werden können.

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