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Deutsche Sprache Voraussetzung für Integration

Landesregierung verabschiedet "Handlungsprogramm Integration in Niedersachsen"


Hannover. Die Niedersächsische Landesregierung hat am Dienstag das von Innenminister Schünemann vorgelegte "Handlungsprogramm Integration in Niedersachsen" verabschiedet. Innenminister Uwe Schünemann erläuterte anschließend das Handlungsprogramm:

"In Deutschland leben 7,3 Mio. Ausländer. Seit 1990 sind 2,4 Mio. Spätaussiedler aus Osteuropa zu uns gekommen. Es gibt alarmierende Hinweise, dass die Eingliederung dieser Menschen in unsere Gesellschaft zu scheitern droht. Hierzu einige Fakten:

-Seit Erlass des Anwerbestopps hat sich die Zahl der Ausländer von 4 auf 7,3 Mio. erhöht. Im gleichen Zeitraum ist die Zahl der sozialversicherungspflichtigen beschäftigten Ausländer von 2,6 auf 2,2 Mio. zurückgegangen.

-Die Arbeitslosenquote beträgt bei Ausländern ca. 20 % (bei Tür-ken ca. 25 %) und ist damit doppelt so hoch wie bei Deutschen.

-Der Anteil der Ausländer an den Sozialhilfeempfängern (BSHG und AsylBLG) beträgt ca. 30 % bei einem Anteil von 8,9 % an der Gesamtbevölkerung.

-Nur 9 % der türkischen Jugendlichen besuchen im Alter von 14/15 Jahren das Gymnasium gegenüber von 44 % bei der Vergleichsgruppe der einheimischen Deutschen

-51 % aller hier lebenden türkischen Männer heiraten Frauen aus der Türkei, die so gut wie kein Deutsch können. Da die Frauen nach dem traditionellen türkischen Rollenverständnis für die Kindererziehung zuständig sind, setzen sich die Probleme der nächsten Generation verstärkt fort, anstatt sich zu reduzieren.

-Ausländer sind an Gewalttaten wie Raub, Körperverletzung, Tötungsdelikten oder Gewalt an Schulen weit überproportional (bis zu 32 %) beteiligt.

-Männliche Jugendliche und Heranwachsende aus Spätaussiedlerfamilien werden häufiger straffällig als einheimische Jugendliche.

-Die Zahl der Jugendlichen aus Spätaussiedlerfamilien in der Jugendanstalt Hameln hat sich von 1998 bis 2001 von 60 auf 115 beinahe verdoppelt.

Diese Beispiele ließen sich in Bezug auf Sprachkenntnisse bei der Einschulung, Schulabschlüsse, berufliche Bildung, Universitätsabschlüsse u.s.w. beliebig erweitern.

Bei der Integration von Ausländern und Spätaussiedlern in die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Strukturen unseres Landes besteht also ein enormer Handlungsdruck. Die Landesregierung stellt sich dieser Herausforderung. Das Aufgabenfeld der Integration und Prävention ist ein politischer Schwerpunkt ihrer Arbeit.

2. Maßnahmen der Landesregierung

Das Land Niedersachsen hat in den Bundesrat einen Gesetzentwurf zur Förderung der Integration von Zuwanderern eingebracht (wird am 11.09. im BR-Innenausschuss beraten). Inhalt des Gesetzentwurfs sind die vom Bund durchzuführenden Deutsch- und Orientierungskurse und die verpflichtende Teilnahme von Ausländern an diesen Kursen. Familienangehörige von Spätaussiedlern, die bisher größtenteils ohne Deutschkenntnisse eingereist sind, müssen künftig vor der Einreise Grundkenntnisse der deutschen Sprache nachweisen.

Diese Gesetzesinitiative wird nunmehr ergänzt durch das von der Landesregierung heute beschlossene "Handlungsprogramm Integration in Niedersachsen".

Dabei handelt es sich um eine zusammenfassende Darstellung aller Bemühungen und Maßnahmen des Landes zur Integration der Zu-wanderer. Das bisher unzureichend verbundene Nebeneinander un-terschiedlicher Integrationsmaßnahmen der verschiedenen Ressorts wird gebündelt und zu klarstrukturierten Maßnahmen verknüpft. Vorgesehen sind zielgerichtete Integrationsmaßnahmen im vorschulischen und schulischen Bereich bei Ausbildung, Qualifizierung und Beschäftigung, wie z.B.

- die Sonderlehrgänge für jugendliche Spätaussiedler zum Erwerb der Hochschulreife (MI),

- die Wiedereingliederung straffällig gewordener jugendlicher Spät-aussiedler (MI),

- Projekte zur Gewaltprävention (MS),

- Sprachförderung in der Schule durch Förderklassen und Förderkur-se (MK),

- Sozialarbeit mit ausländischen Gefangenen (MJ).

Ein besonderer Schwerpunkt ist die Sprachförderung bei Migranten-kindern. Für Kinder ohne ausreichende Deutschkenntnisse wird ab dem Schuljahr 2003/04 flächendeckend eine Sprachförderung ein halbes Jahr vor Schuleintritt eingeführt.

Begleitet werden die Integrationsmaßnahmen durch ein vom Land finanziertes Beratungsnetzwerk. Landesweit unterstützen in zehn regionalen Beratungsverbünden mehr als 80 Beraterinnen und Bera-ter den Integrationsprozess ("Integrationslotsen").

Die Umsetzung und Weiterentwicklung des Programms wird von ei-ner interministeriellen Arbeitsgruppe begleitet, in der die Kommunalen Spitzenverbände und der Landespräventionsrat teilnehmen. In diese Arbeit werden in einem "Forum Integration" weitere wichtige Akteure – Verbände, Institutionen und Organisationen – eingebunden.

Nach zwei Jahren erfolgt eine Auswertung der Erfolge des Programms.

Das Finanzvolumen für das Integrationsprogramm des Landes Niedersachsen liegt bei knapp 55 Mio. € für das Jahr 2003, davon entfallen fast 50 Mio. € auf vorschulische und schulische Maßnahmen. So fließen z.B. in das Maßnahmebündel Sprachförderung in Kindertagesstätten 3,4 Mio. € Barmittel und 4,6 Mio. € Verpflichtungsermächtigungen. Für 2004 wird die Sprachförderung in Kindergärten nochmals verstärkt, und zwar auf 7,2 Mio. € Barmittel und 4,6 Mio. € Verpflichtungsermächtigungen.

3. Leitlinien für die Integrationspolitik der Landesregierung

Neue gesetzliche Regelungen und staatliche Förderprogramme werden allein nicht zum Erfolg führen. Die Aufgabe der Integration kann nur gelingen, wenn auch die Zuwanderer ihren Beitrag hierzu leisten. Integration kann nicht verordnet werden, sie muss aus eigenem Bemühen erwachsen. Integration ist ein gegenseitiger Prozess, der auch den Zuwanderern eine Veränderung ihrer Einstellungen und Verhaltensweisen abverlangt, insbesondere wenn sie aus einem für diese Gesellschaft fremden Kulturkreis kommen.

Die wichtigste der von der Landesregierung beschlossenen Leitlinien für die Integrationspolitik in Niedersachsen ist daher die Prämisse "Fördern und Fordern".

Ich will gerne zugeben, dass es bei der Eingliederung der Zuwanderer Versäumnisse der Politik gegeben hat. Aber an der Bildungsmisere der Migrantenkinder ist nicht nur die Politik schuld. Es ist für mich offenkundig, dass auch die Eltern in zu vielen Fällen ihrer eigenen Verantwortung nicht gerecht werden. Oft sind sie zu sehr auf ihre alte Heimat fixiert und interessieren sich nicht für das Schulleben ihrer Kinder in Deutschland. An Elternabenden nehmen sie auch deshalb nicht teil, weil – wie ich weiß – in ländlichen türkischen Schulen z.B. solche Treffen nicht üblich sind.

Ohne die Mitarbeit der ausländischen Mütter und Väter jedoch nutzen alle staatlichen Konzepte wenig. Dabei reichen öffentliche Appelle an die Einsichtsfähigkeit der Eltern allein nicht aus. Wir legen großen Wert darauf, dass eigene Integrationsbeiträge der Zuwanderer durch klare rechtliche Verpflichtungen eingefordert werden. Deshalb werden z.B. in unserer Gesetzesinitiative wirksame Instrumente zur Verfügung gestellt, um die Pflicht zur Teilnahme an Deutsch- und Orientierungskursen auch durchsetzen zu können. Wir sind davon überzeugt, dass dieser Grundgedanke Leitbild auch bei den vom Land durchgeführten Integrationsmaßnahmen sein sollte, damit die Eltern von Migrantenkindern ihre Verantwortung für die Zukunftschancen ihrer Kinder in dieser Gesellschaft stärker als bisher wahrnehmen."

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