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Grenzdurchgangslager Friedland

Rede von Innenminister Uwe Schünemann zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen; Es gilt das gesprochene Wort!


Sehr geehrte Damen und Herren,

die historische Bedeutung des Grenzdurchgangslagers Friedland ist unbestritten. Herr Bundespräsident Dr. Köhler hat im Rahmen des Festaktes aus Anlass des 60 jährigen Bestehens des Grenzdurchgangslagers und des 50. Jahrestages der Rückkehr der letzten Kriegsgefangenen - der Spätheimkehrer – am 12.Oktober 2005 die Bedeutung Friedlands als Teil der deutschen Geschichte hervorgehoben. Ich freue mich außerordentlich, dass dies auch die Damen und Herren der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen so sehen und Friedland als "Tor zur Freiheit" erhalten wissen wollen.

Friedland ist heute die einzig verbliebene Einrichtung für die Aufnahme von Spätaussiedlern in Deutschland. Das Bundesverwaltungsamt unterhält in Friedland eine Außenstelle, die das Aufnahmeverfahren durchführt. Die Kosten für die Erstaufnahme der Spätaussiedler trägt der Bund.

Das Grenzdurchgangslagers Friedland ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für Südniedersachsen.

Es trifft zu, dass der Zuzug und die Antragszahlen schon seit Jahren zurückgehen. Dies liegt vor allem daran, dass die Familienzusammenführung weitgehend abgeschlossen ist. Dank der in Russland und Kasachstan wirkenden deutschen Hilfsmassnahmen und der Verbesserung der wirtschaftlichen Situation sehen viele Menschen dort wieder eine Zukunft. Ich unterstütze die Politik der Bundesregierung, die Menschen zu motivieren in den Herkunftsländern zu bleiben. Bei meinem Besuch in Kasachstan Anfang April konnte ich mich davon überzeugen, dass die Deutschstämmigen dort gern gesehen sind.

Auch wenn die Zahlen rückläufig sind - der Landesbeauftragte für Heimatvertriebene und Spätaussiedler, der Kollege Rudolf Götz hat vorhin die Zahlen genannt - bleibt für die deutschen Volkszugehörigen aus der ehemaligen Sowjetunion das Tor nach Deutschland offen. Friedland wird daher auch künftig als zentrale Aufnahmeeinrichtung benötigt.

Die rückläufigen Aufnahmezahlen bieten uns die Chance, Friedland verstärkt für Integrationsaufgaben zu nutzen.

Erste Schritte sind bereits unternommen:

So werden seit Anfang 2005 in Friedland sog. Willkommenskurse für die auf Niedersachsen verteilten Spätaussiedler und jüdische Zuwanderer durchgeführt. Diese enthalten neben einem Sprachkurselement auch lebenspraktische Informationen und Hinweise für die nachfolgenden Integrationsschritte. Die Pilotphase dieser Kurse wurde von der Universität Göttingen wissenschaftlich begleitet und evaluiert. Das Konzept und die Durchführung der Kurse wurden durchweg positiv beurteilt. Aufgrund des erfolgreichen Starts hat sich Bayern dazu entschlossen, seine Spätaussiedler ebenfalls an den Willkommenskursen teilnehmen zu lassen. Die daraus gewonnenen Erfahrungen wollen wir für weitere Schritte zur Verbesserung der Integrationsarbeit nutzen.

Vor diesem Hintergrund habe ich Herrn Bundesinnenminister Dr. Schäuble vorgeschlagen, einen Teil des Integrationskurses, d.h. 200 - 300 Stunden, für alle Spätaussiedler und ihre Familien bereits im Grenzdurchgangslager Friedland im unmittelbaren Anschluss an das Erstaufnahmeverfahren durchzuführen. Der Rückgang der Aufnahmezahlen der Spätaussiedler bietet die Chance, den Neuankömmlingen diese Integrationshilfen gleich nach der Einreise und damit früher als bisher anzubieten. Die Kurse können differenziert nach einzelnen Altersgruppen ausgerichtet werden. Dabei können die in Friedland tätigen Mitarbeiter - häufig zweisprachig - wegen ihrer langjährigen Erfahrung auf die Spätaussiedler eingehen und den Wechsel aus dem russischsprachigen Raum nach Deutschland erleichtern.

Mehrkosten für die Kurse entstehen nicht. Der Bund finanziert Integrationskurse unabhängig davon, an welchem Standort sie durchgeführt werden. Zu den Kosten ihres Aufenthaltes während des Kurses in Friedland können die Spätaussiedler herangezogen werden, weil sie einen Anspruch auf Arbeitslosengeld II oder anderweitige Ansprüche besitzen.

Ich habe meine Vorstellungen zwischenzeitlich Herrn Dr. Schäuble auch in einem persönlichen Gespräch näher erläutert. Er ist meinem Vorschlag gegenüber sehr aufgeschlossen. Eine endgültige Entscheidung wird das Bundesinnenministerium nach der derzeit laufenden Evaluation der Integrationskurse, die bis Ende des Jahres abgeschlossen werden soll, treffen.

Unabhängig davon werde ich in einem ersten Schritt Teile der Integrationskurse für die auf Niedersachsen verteilten Spätaussiedler in Friedland durchführen lassen. Ich freue mich, dass erste Gespräche mit dem Bürgermeister der Gemeinde Friedland deutlich gemacht haben, dass dort meine Pläne rückhaltlos unterstützt werden. Die Gemeinde hat dabei die Bereitschaft betont, vorhandene Raumkapazitäten für Schul- und Förderunterricht sowie Kinderbetreuung mit einzubringen. Auch die Nutzung von Sport- und Freizeitanlagen kann sich die Gemeinde Friedland vorstellen.

Zur konkreten Ausgestaltung des Projektes sind weitere Gespräche mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, dem Kultusministerium, dem Landkreis Göttingen, Vertretern von Sportvereinen, kirchlichen Einrichtungen und Wohlfahrtsverbänden zu führen. Ich bin zuver-sichtlich, dass wir mit diesem Projekt an die erfolgreiche Zusammenarbeit hinsichtlich der Willkommenskurse anknüpfen und die Integration der Spätaussiedler in den künftigen Wohnorten deutlich verbessern können.

Für Friedland bedeutet dieses Konzept, dass nachhaltig der Bestand der Einrichtung durch eine wirtschaftliche Nutzung der Ressourcen sichergestellt werden kann.

Deshalb teile ich die Sorgen der Damen und Herren der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen nicht, dass die Unterbringung in Friedland für die Zeit der Kursteilnahme sich nachteilig auf den Fortschritt der Integration auswirken könnte. Das Gegenteil ist der Fall. Alle Generationen werden von der frühzeitigen Sprachvermittlung in Friedland profitieren.

Unser gemeinsames Ziel muss es sein, dass die Spätaussiedler an ihren neuen Heimatorten die deutsche Sprache so gut beherrschen, dass sie dort gleich als neue Nachbarn und Mitbürger akzeptiert werden.

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
19.05.2006
zuletzt aktualisiert am:
20.05.2010

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