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Beantwortung der Mündl. Anfrage der SDP zu Montagsdemo in Hannover

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 22. Januar 2015; Fragestunde Nr. 5 Innenminister Boris Pistorius beantwortet die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Marco Brunotte (SPD)


Der Abgeordnete hatte gefragt:

Am 12. Januar 2015 hat die Gruppe „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes - Hannover“ (Hagida) eine Kundgebung in Hannover auf dem Steintorplatz veranstaltet. An dieser sollen laut Presseberichten ca. 200 „Hagida“-Anhänger teilgenommen haben. Diesen standen unter dem Motto „Hannover ist bunt“ fast 20 000 Menschen gegenüber. Während sich „Hagida“ selbst als bürgerliches Bündnis darstellt und auch ein Ratsmitglied der CDU Hannover zur Teilnahme an der Kundgebung aufrief, offenbart ein Blick auf die Verantwortlichen ein anderes Bild. Im Umfeld des Organisationsteams für „Hagida“ scheinen sich Aktive mit Kontakten zu den rechtspopulistischen und rechtsextremen Organisationen „Die Hannoveraner“, „German Defence League“ zu bewegen, „Identitäre Bewegung“ und „AfD“. So war nach eigenen Angaben mit Sebastian Rinke ein AfD-Funktionär für die Lautsprecheranlage der Kundgebung verantwortlich.

Eine größere Anzahl von ehemaligen Aktivisten der mittlerweile verbotenen Organisation „Besseres Hannover“, eine Gruppe „HoGeSa“-Anhänger und Mitglieder „Freier Kameradschaften“ (u. a. Aktionsgruppe Weserbergland) waren auf der Kundgebung. Von Teilen dieser Gruppe gingen körperliche Angriffe auf Journalisten, Fotografen und Kamerateams aus.

In der Presse sind weitere Versammlungen der „Hagida“ angekündigt. Für den 19. Januar 2015 hat eine Gruppierung unter dem Namen „Bragida“ eine ähnliche Versammlung in Braunschweig angemeldet.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Erkenntnisse hat sie über die Gruppe „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes - Hannover“ „Hagida“ sowie über organisatorische Verbindungen zwischen „Hagida“ und dem Braunschweiger Ableger „Bragida“?

2. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über die Zusammensetzung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der „Hagida“-Kundgebung am 12. Januar 2015 in Hannover?

3. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung zu den Übergriffen auf Journalisten, Fotografen und Kamerateams im Rahmen der „Hagida“-Kundgebung am 12. Januar 2015 in Hannover?

Innenminister Boris Pistorius beantwortet namens der Landesregierung die Anfrage wie folgt:

Die Aktionsform „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Pegida), der „Hagida“ zuzurechnen ist, ist kein Beobachtungsobjekt und auch kein Prüffall der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder. Die Sammlung von Informationen konzentriert sich derzeit auf die Einflussnahme und die Beteiligung von Rechtsextremisten an Kundgebungen der „Pegida". Die Aktionen unterliegen keiner zentralen Steuerung. Die Internetpräsenz dokumentiert zwar die Aktionen, ist aber nicht als Steuerungsinstrument zu betrachten. Ein einheitliches Gesamtbild des Demonstrationsgeschehens ergibt sich deshalb nicht. Das Ausmaß der rechtsextremistischen Einflussnahme und Beteiligung variiert von Stadt zu Stadt. Rechtsextremisten bilden dabei keinen ideologisch in sich geschlossenen Block, sondern repräsentieren die gesamte Bandbreite des Rechtsextremismus.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:

Seit dem 15. Dezember 2014 ist ein Profil in dem Sozialen Netzwerk Facebook mit der Bezeichnung „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes - Hannover“ (Hagida) bekannt. Als Anmelder für die erste Kundgebung am 12. Januar 2015 in Hannover fungierte ein Angehöriger des „Identitären Großraum Hannover“, einer regionalen Untergruppe der rechtsextremistischen „Identitären Bewegung Deutschland“ (IBD). Erkenntnisse über die Struktur oder die personelle Zusammensetzung der „Hagida“ liegen derzeit nicht vor. In Braunschweig existiert bereits seit dem 25. November 2014 das Facebook-Profil „Braunschweig gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Bragida). Über „Bragida“ liegen hier bislang keine weiteren Erkenntnisse vor. Auf diesem Facebook-Profil wurde der am 19. Januar mit ca. 500 Teilnehmern durchgeführte erste Spaziergang von „Bragida“ beworben. Eine offizielle Anmeldung der Veranstaltung erfolgte bei der Stadt Braunschweig durch zwei Personen, die bislang weder polizeilich noch verfassungsschutzrelevant in Erscheinung getreten sind. Beide sind mittlerweile von der Anmeldung zurückgetreten, die Veranstaltung soll jedoch laut Darstellung auf der Facebook-Seite dennoch stattfinden. Erkenntnisse über organisatorische Verbindungen der Verantwortlichen von „Hagida“ und „Bragida“ liegen nicht vor.

Zu 2.:

Unter den ca. 200 Demonstranten der „Hagida“ Veranstaltung in Hannover befand sich ein nicht unerheblicher Teil an Mitgliedern und Anhängern unterschiedlicher rechtsextremistischer Gruppierungen. So wurden zum Beispiel Angehörige der islamfeindlichen, rechtsextremistischen „German Defence League“ (GDL) oder der „Identitären Bewegung Deutschland“ (IBD) festgestellt. Daneben waren bei der Demonstration vereinzelt auch Mitglieder der NPD sowie drei Personen der verbotenen Gruppierung „Besseres Hannover“ anwesend. Später stießen außerdem gewaltbereite Personen aus der Hooliganszene dazu.

Zu 3.:

Am 12. Januar 2015, gegen 18 Uhr, wurde eine ca. 60-köpfige Gruppe, die an der Versammlung "Hagida" teilnehmen wollte, durch Einsatzkräfte über die Kurt-Schumacher-Straße zum Steintorplatz begleitet.

Vor dem Hintergrund, dass sich auf dem Steintorplatz bereits über 2.000 Gegendemonstranten befanden, war es nicht sofort möglich, die Gruppe in die „Hagida"-Versammlung einzugliedern. Dieses bemerkten auch mehrere Pressefotografen, die sich der genannten Gruppe näherten, um offensichtlich auch Portraitaufnahmen zu fertigen. Angehörige der rechten Gruppierung reagierten gereizt in Form von Pöbeleien und auch beleidigenden Äußerungen.

Um die Lage zu entspannen wurden die Pressefotografen aufgefordert, einen Mindestabstand von drei Metern einzuhalten. Dieser Aufforderung kamen sie zunächst auch nach.

Gegen 18.10 Uhr stürmten plötzlich mehrere Angehörige der rechten Gruppierung in Richtung der Pressefotografen, wurden jedoch unverzüglich durch die anwesenden Einsatzkräfte zurückgedrängt. Einem Angehörigen der rechten Gruppierung gelang es, einem Pressefotografen, der unmittelbar neben den polizeilichen Absperrkräften stand, zielgerichtet auf die Kamera zu schlagen, wodurch diese beschädigt wurde. Der Täter konnte überwältigt und zwecks Prüfung/Durchführung weiterer strafprozessualer Maßnahmen vorläufig festgenommen werden. Nach Abschluss der Maßnahmen wurde er wieder entlassen.

Weitere anlassbezogene Sachverhalte in Bezug auf Übergriffe auf Journalisten, Fotografen und Kamerateams sind polizeilich nicht bekannt geworden.

Presseinformation

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erstellt am:
22.01.2015

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