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Beantwortung der Mündl. Anfrage der CDU zur Statistikpflicht bei Ehrenamtlichen des Landes

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 16. September 2016; Fragestunde Nr. 12

Das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport antwortet namens der Landesregierung auf die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Axel Miesner und Editha Lorberg (CDU)

wie folgt:

Vorbemerkung der Abgeordneten

Zunehmend berichten Ehrenamtliche, dass ihnen vom Land Niedersachsen für ihr zivilgesellschaftliches Engagement Statistikpflichten auferlegt werden. So schrieb das Landesamt für Statistik Niedersachsen im Januar 2016 die Träger der Jugendarbeit wegen der verpflichtenden Teilnahme an einer statistischen Umfrage an. Diese haben teilweise hauptberufliche Mitarbeiter. Ein Großteil des Engagements geschieht aber im Ehrenamt. Die Angeschriebenen äußerten im persönlichen Gespräch Unverständnis, weil ihnen hiermit zusätzliche bürokratische Arbeit auferlegt werde.

Vorbemerkung der Landesregierung

In ihrer Vorbemerkung beziehen sich die Abgeordneten allgemein auf Berichte von Ehrenamtlichen über Statistikpflichten. Offensichtlich verweisen sie auf die Erhebung der Kinder- und Jugendhilfestatistik Teil II „Angebote der Jugendarbeit“. Zu dieser Statistik, die die einzige amtliche Statistik im Landesamt für Statistik Niedersachsen (LSN) ist, bei der sich aus einem Ehrenamt im engeren Sinne eine Berichtspflicht zu einer amtlichen Statistik ergeben kann, wird im Einzelnen wie folgt Stellung genommen:

Die neu konzipierte Statistik wurde für das Berichtsjahr 2015 erstmalig und wird in der Folge künftig zweijährig durchgeführt. Hintergrund der Neukonzeption war das Bedürfnis vor allem der großen Verbände, die Maßnahmen der Jugendarbeit besser sichtbar zu machen. Dieser Wunsch zeigt das Spannungsfeld, in dem sich zivilgesellschaftliches Engagement und Planung sowie Evaluation staatlicher Fördermaßnahmen und Unterstützungsleistungen bewegt. Die bis zum Jahr 2008 durchgeführte 4-jährliche Statistik bildete die vielfältige Landschaft der Angebote der Kinder- und Jugendarbeit nur unzureichend ab.

Zweck der neu konzipierten Erhebung ist die Beobachtung der Auswirkungen der rechtlichen Bestimmungen zur Kinder- und Jugendarbeit sowie zur Förderung von Fortbildungen der ehrenamtlichen Mitarbeiter/innen. Die rechtliche Grundlage findet sich in den §§ 98-103 SGB VIII.

Mit der Neukonzeption werden Daten nicht mehr nur bei den Jugendämtern, sondern allgemein bei den jeweiligen öffentlichen und anerkannten freien Trägern erhoben. Dazu zählen zum einen öffentliche Träger wie Jugendämter, Gemeinden und andere Gebietskörperschaften sowie die Kirchen als gesetzlich anerkannte Träger.

Zum anderen sind aber auch Jugendverbände des DRK und der Kirche (z. B. BDKJ, AEJ), Pfadfinderverbände, Wohlfahrtsverbände (z. B. AWO, Caritas), Jugendgruppen und Initiativen, die nicht verbandlich organisiert sind (z. B. freie Jugendclubs), andere Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts sowie sonstige juristische Personen und andere Vereinigungen, auskunftspflichtig.

Im Vorfeld der Erhebung wurde bei den Verbänden sowie den Jugendämtern der Berichtskreis festgestellt. Bei dem Berichtskreis handelt es sich um die Berichtspflichtigen, die von den Verbänden, Organisationen und Jugendämtern selbst ermittelt wurden und die Auskunft zur Erhebung geben sollen. Dabei wurden Angaben zum Träger und die Anschrift des Landesamtes für Statistik Niedersachsen (LSN) übermittelt sowie Ansprechpartner benannt. Es liegen dem LSN jedoch keine Informationen darüber vor, ob es sich bei den angeschriebenen Berichtspflichtigen um ehrenamtlich oder hauptamtlich tätige Personen handelt.

Die Erteilung von erhebungsrelevanten Auskünften nach §§ 98-103 SGB VIII ist grundsätzlich Aufgabe von hauptamtlichen Mitarbeitern der Träger der Jugendarbeit. Für diese Aufgabe gewährt das Land anerkannten Trägern, die Jugendverbände sind, Zuschüsse zu den Aufwendungen für notwendigen Personal- und Sachbedarf nach § 7 Jugendförderungsgesetz (JFG) in Höhe von jährlich 3,192 Mio. Euro, u. a. mit dem Ziel, ehrenamtlich in der Jugendarbeit Tätige von Erhebungen zu entlasten. Nur für nichtverbandliche Träger der Jugendarbeit, wie z. B. kleine Vereine mit ehrenamtlicher Struktur, ist der Aufwand der Erhebung im zweijährigen Rhythmus zu leisten.

1. Welche Statistikpflichten für ehrenamtliche und eingetragene Vereine gibt es in Niedersachsen?

Zunächst ist klarzustellen, dass in der vielfältigen und unterschiedlichen Organisationsstruktur zivilgesellschaftlichen Engagements vom persönlichen Einsatz des einzelnen Bürgers über gemeinschaftliche Initiativen ohne feste Rechtsform, der Vereins- und Verbandslandschaft bis hin zu privaten Stiftungen, keine abschließende Aussage darüber getroffen werden kann, welche der um Auskunft gebetenen Personen ehrenamtlich tätig ist. Ebenso ist in der Kürze der für die Beantwortung einer mündlichen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht zu ermitteln, welche ehrenamtlichen und eingetragenen Vereine mit Statistikpflichten belegt werden, zumal eine Vielzahl der Vereine und Verbände nicht ausschließlich ehrenamtlich organisiert sind.

Eingetragene Vereine können an verschiedenen Stellen auskunftspflichtig für amtliche Statistiken sein. Die Meldepflicht ergibt sich aber nicht aus der Tatsache, dass es sich um einen eingetragenen Verein handelt, sondern aus dem Tätigkeitsbereich des Vereins. So sind eingetragene Vereine zum Beispiel nicht selten Träger einer Tageseinrichtung für Kinder mit Betriebserlaubnis nach § 45 SGB VIII und damit in der Erhebung „Tageseinrichtungen für Kinder“ auskunftspflichtig.

Für eingetragene Sportvereine besteht die Verpflichtung, jährlich ihre Vereinsdaten an den Landessportbund (LSB) zu melden. 2014 waren insgesamt 9.616 Vereine, 2015 insgesamt 9.559 Vereine ordentliches Mitglied des Landessportbundes. Der Aufwand für die Erhebung der Daten für die Mitgliedsvereine des LSB wurde durch den Einsatz von elektronischen Medien, bzw. elektronischen Datenbanken deutlich reduziert.

Den freiwilligen Feuerwehren, deren Mitglieder überwiegend ehrenamtlich tätig sind, wird vom Land Niedersachsen die Feuerwehrverwaltungssoftware („FeuerON“) als Web-Anwen-dung zur kostenfreien Nutzung zur Verfügung gestellt. Über die Nutzung der Anwendung entscheidet die Kommune für ihre Feuerwehr selbst. Sie erleichtert die tägliche Arbeit gerade der ehrenamtlichen Führungskräfte.

Zugleich werden über die Software statistische Daten gesammelt und für eine landesweite Auswertung zugänglich gemacht. Der Aufwand für die Erstellung einer gesonderten Statistik entfällt für die teilnehmenden Feuerwehren.

2. Wie viele Vereine oder Personen waren in den Jahren 2014 und 2015 mit solchen Anfragen konfrontiert?

Auch zu dieser Frage lässt sich aus den unter 1. genannten Gründen keine abschließende Aussage treffen.

Zum konkret in Bezug genommenen Beispiel der Kinder- und Jugendhilfestatistik Teil II „Angebote der Jugendarbeit“ wird wie folgt ausgeführt:

Der Gesetzgeber hat ab 2015 einen zweijährigen Turnus bei der Statistik der Angebote der Jugendarbeit festgelegt. Das erste Berichtsjahr war 2015, zu übermitteln waren die Ergebnisse dem LSN bis zum 29. Februar 2016. Im Jahr 2014 gab es noch keine Statistik mit Auskunftspflicht.

Für das Berichtsjahr 2015 wurden knapp 5400 Träger angeschrieben. Davon haben ca. 3100 Träger Fehlanzeige gemeldet, weil sie nicht im Sinne der Statistik auskunftspflichtig waren. Im Juli lagen ca. 1650 Eingänge vor, hiervon waren 350 von öffentlichen Trägern und 1300 von freien Trägern. Darüber wie viele Meldungen der freien Träger von ehrenamtlich Mitarbeitenden ausgefüllt wurden, liegen keine Informationen vor.

3. Was tut die Landesregierung, um Ehrenamtlichen bürokratische Arbeiten bei ihrem zivilgesellschaftlichen Engagement abzunehmen?

Das Land unterstützt mit einem umfassenden Maßnahmenbündel die Bürgerinnen und Bürger Niedersachsens in ihrem bürgerschaftlichen Engagement. Laut Freiwilligensurvey 2014 waren im Jahr 2014 in Niedersachsen rund 2,8 Millionen Menschen bürgerschaftlich für das Gemeinwohl tätig. Sie leisten damit einen wichtigen Beitrag für den Zusammenhalt in der Gesellschaft und tragen zu einem lebenswerten Niedersachsen bei.

Zu den Maßnahmen der Landesregierung im Bereich des bürgerschaftlichen Engagements gehört unter anderem die Schaffung einer Kultur der Anerkennung. So gibt es beispielsweise die niedersächsische Ehrenamtskarte, mit der herausragendes Engagement gewürdigt und den Menschen etwas zurückgegeben wird, die sich in besonderer Weise für die Nächste oder den Nächsten einsetzen, das Zusammenleben bereichern und die Solidarität in der Gesellschaft fördern. Die Karte ist mit zahlreichen Vergünstigungen verbunden und stärkt unmittelbar und unbürokratisch das bürgerschaftliche Engagement vor Ort.

Zudem gibt es seit dem 1. Oktober 2003 einen Versicherungsschutz im Ehrenamt. Wer sich privat selbst gegen Unfälle und Haftpflichtschäden versichert hat, braucht sich nicht zu sorgen. Gleiches trifft auf die vielen Aktiven zu, die sich in Sportvereinen, bei Wohlfahrtverbänden, im kirchlichen oder kommunalen Bereich bürgerschaftlich engagieren. In kleinen Initiativen oder bei befristeten gemeinwohlorientierten Projekten wird in manchen Fällen der Haftpflicht- oder Unfallversicherungsschutz vergessen. Deshalb hat die Landesregierung die Initiative ergriffen und die Sicherheit beim Engagement verbessert. Niedersachsen war das zweite Bundesland, das am 1. Oktober 2003 bestehende Lücken beim Versicherungsschutz für freiwillig Engagierte geschlossen hat. So werden insbesondere kleinere Initiativen bürgerschaftlichen Engagements von bürokratischen Arbeiten entlastet.

Außerdem betreibt die Landesregierung den FreiwilligenServer Niedersachsen (http://www.freiwilligenserver.de/). Das ist der virtuelle Anlaufpunkt für alle an bürgerschaftlichem Engagement Interessierten und auch für bereits Aktive. Über 30.000 Vereine, Selbsthilfegruppen und Initiativen und auch Agenturen, die freiwilliges Engagement vermitteln können, sind dort gespeichert und bieten direkte Auskünfte über Mitwirkungsmöglichkeiten. Das Land Niedersachsen stellt darüber hinaus den Freiwilligen Feuerwehren die Feuerwehrverwaltungssoftware („FeuerON“) als Web-Anwendung zur Verfügung (s. Frage 1).

Presseinformation

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erstellt am:
16.09.2016

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