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Beantwortung der Mündl. Anfrage der CDU zur Flüchtlingsunterkunft Celle

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 3. März 2017; Fragestunde Nr. 49

Das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport antwortet namens der Landesregierung auf die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Thomas Adasch, Angelika Jahns und Editha Lorberg (CDU) wie folgt:

Vorbemerkung der Abgeordneten

Die Hannoversche Allgemeine Zeitung (HAZ) berichtete in ihrer Ausgabe vom 17. Februar 2017 über eine Durchsuchung einer Flüchtlingsunterkunft in Celle. Mehr als 100 Beamte sollen dazu eine Flüchtlingsunterkunft auf Drogen, Diebesgut und untergetauchte Personen durchsucht haben. Laut HAZ hätten zu fünf der dort festgestellten Personen Haftbefehle vorgelegen. Diese würden jedoch nicht vollstreckt, weil nach Einschätzung der Behörden keine Fluchtgefahr bestanden habe. Sie sollten in den Unterkünften bleiben, bis sie abgeschoben würden. Die Personen sollten sich aber weiterhin frei bewegen und das Gelände verlassen können. Laut einer Sprecherin der Polizei, sei dies gängige Praxis.

Weiterhin befänden sich laut HAZ unter den 202 Flüchtlingen auf dem Areal auch zehn Personen, für deren Aufenthaltsort sich verschiedene Staatsanwaltschaften interessierten. Auch hier sei keine Person festgenommen, sondern die jeweiligen Behörden über den derzeitigen Aufenthaltsort der Besuchten in Kenntnis gesetzt worden.

Laut HAZ stieß der Einsatz auf Kritik im Celler Rathaus. Der noch bis zum 24. Februar 2017 amtierende Oberbürgermeister Dirk-Ulrich Mende (SPD) hatte demnach gesagt: „Auf den ersten Blick scheint der Einsatz bei der Anzahl der Bewohner und der Berücksichtigung des hohen Anteils an Kindern und Jugendlichen überdimensioniert.“

Vorbemerkung der Landesregierung

Zielrichtung der polizeilichen Einsatzmaßnahmen in der „Hohen Wende“ vom 16. Februar 2017 war die Vollstreckung von zwei Durchsuchungsbeschlüssen für jeweils eine Wohneinheit in der Einrichtung, die Vollstreckung von Haftbefehlen, Aufenthaltsermittlungen sowie die Ermittlung von Zeugen und weiteren Beschuldigten in diversen Ermittlungsverfahren. Der gewählte Kräfteansatz ergibt sich insbesondere aus Größe und Struktur der Unterkunft in der „Hohen Wende“. Insbesondere lag ein Augenmerk auf einer möglichst zügigen und damit für die Bewohnerinnen und Bewohner möglichst wenig belastenden Durchführung der Maßnahmen; die Betreuung Nichtbetroffener, insbesondere von Kindern und schwangeren Frauen, wurde gewährleistet. Ein signifikant geringerer Kräfteansatz hätte insofern zu einer erheblich längeren Einsatzdauer geführt.

Bezüglich der angeblichen Kritik des Celler Oberbürgermeisters an dem Einsatz hat sich auf Grundlage seiner eigenen Angabe herausgestellt, dass seine Bewertung des Einsatzes durch einige Medien verkürzt und somit unzureichend wiedergegeben worden ist. Insgesamt bewertete der Celler Oberbürgermeister den Einsatz auf Basis hier vorliegender Unterlagen wie folgt: „Auf den ersten Blick scheint der Einsatz bei der Anzahl der Bewohner und der Berücksichtigung des hohen Anteils an Kindern und Jugendlichen überdimensioniert. Da allerdings das Unterkunftsgebäude sehr verwinkelt ist und im Einzelnen die Tatbestände, die zu diesem Einsatz führten, nicht bekannt sind, kann dies nicht abschließend beurteilt werden. Die örtlichen Gegebenheiten sind der Polizei natürlich im Detail bekannt. Das weitläufige Gelände, die Mehrgeschossigkeit der Gebäude, die verwinkelten Korridore und mehrere Treppenhäuser haben die Polizei so entscheiden lassen.“

Der Celler Oberbürgermeister bedankte sich ferner „ausdrücklich bei den Einsatzkräften der Polizei für die umsichtige Art und Weise, wie der Einsatz durchgeführt wurde!“

1. Gegen wie viele Asylbewerber oder abgelehnte Asylbewerber liegen in Niedersachsen gegenwärtig Haftbefehle vor, und wie viele davon werden auch vollzogen?

Die bei der Polizei eingehenden Haftbefehle werden, soweit ein Antrag zur Fahndung durch die ausschreibende Behörde vorliegt, gespeichert. Ein personenbezogener Hinweis „Asylbewerber“ (unabhängig vom Status) ist bei der Speicherung allerdings nicht vorgesehen, da er aus polizeilicher Sicht für die Fahndung selbst nicht erforderlich ist.

Eine automatisierte Selektion der gespeicherten Haftbefehle mit den in Rede stehenden Merkmalen ist insoweit nicht möglich, sodass eine händische Auswertung der gespeicherten Haftbefehle und ein jeweils anschließender manueller Abgleich mit den Daten des Ausländerzentralregisters erforderlich wäre. Angesichts der Vielzahl der gespeicherten Haftbefehle ist dies in der zur Beantwortung dieser parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich, da die hierfür zuständigen Stellen in der Polizei anderenfalls ihre sonstigen Aufgaben in unvertretbarem Umfang vernachlässigen müssten und so eine wesentliche Beeinträchtigung der Funktionsunfähigkeit in diesen Bereichen zu befürchten ist.

2. Warum wurden die gegen fünf Personen vorliegenden Haftbefehle nicht vollstreckt?

Polizeiliche Ermittlungen bei den zuständigen Ausländerbehörden bzw. der Bundespolizei haben während des Einsatzes ergeben, dass die Personen bereits in der Vergangenheit aus dem Bundesgebiet abgeschoben beziehungsweise in andere Länder zurückgeschoben wurden und folglich für diese Personen eine Einreisesperre bestand. Entgegen ihrer Einreisesperre sind diese Personen erneut illegal eingereist und haben zwischenzeitlich weitere Asylanträge gestellt. Für die Dauer der Prüfung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, ob aufgrund der Asylfolgeanträge ein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, werden aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen. Aufgrund der sich aus § 71 Abs. 2 Satz 2 Asylgesetz (AsylG) ergebenden Verpflichtung verblieben die Personen in der Einrichtung „Hohe Wende“.

3. Sind weitere Durchsuchungen von Flüchtlingsunterkünften an anderen Standorten in Niedersachsen geplant?

Die Landesregierung gibt grundsätzlich keine Auskünfte zu gegebenenfalls bevorstehenden Durchsuchungsmaßnahmen der Polizei, da andernfalls eine Beeinträchtigung möglicher Ermittlungserfolge zu befürchten ist.

Presseinformation

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erstellt am:
03.03.2017

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