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Beantwortung der Mündl. Anfrage der CDU zur Ausstattung der Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten in Niedersachsen

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 16. September 2016; Fragestunde Nr. 16

Das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport antwortet namens der Landesregierung auf die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Thomas Adasch, Horst Schiesgeries und Angelika Jahns (CDU) wie folgt:

Vorbemerkung der Abgeordneten

In Gesprächen mit Polizistinnen und Polizisten aus Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten der niedersächsischen Bereitschaftspolizei (BFE) wird immer wieder die mangelnde Ausstattung seitens des Landes beklagt. So sollen sich diese aus privaten Mitteln für die Einsätze benötigte Ausstattung, wie beispielsweise Leitern oder Werkzeuge zum Aufbruch von Türen, beschafft haben. Bemängelt wird in diesen Gesprächen auch die Ausrüstung der BFE mit schutzsicheren Westen. So fehle es an Schutzwesten der Schutzklasse 2 oder höher. Diese müssten sich die Einheiten für Großeinsätze, beispielsweise bei Razzien im Drogenmilieu, bei anderen Einheiten ausleihen.

Die Bundespolizei stattet manche ihrer BFE inzwischen mit Sturmgewehren (Modell H&K G 36) für Terrorszenarien aus. Laut Presseberichten schaffen andere Bundesländer ebenfalls zusätzliche Sturmgewehre an, weil Maschinenpistolen nicht für alle Szenarien ausreichten.

Vorbemerkung der Landesregierung

Zur Wahrnehmung ihrer vielfältigen Aufgaben verfügt die Polizei des Landes Niedersachsen über eine umfangreiche und moderne Ausstattung. Diese an den sich ständig verändernden Einsatzbedingungen und an der technischen Weiterentwicklung auszurichten, um so die Handlungs- und Interventionsfähigkeit der Einsatz- und Ermittlungskräfte aufrecht zu erhalten wie auch deren Sicherheit zu garantieren, wird als dauerhafte Notwendigkeit betrachtet und mit hohem fachlichen und finanziellen Engagement umgesetzt. Für die Polizei des Landes Niedersachsen stehen dafür jährlich mehr als 33 Millionen Euro allein im investiven Bereich für die Sachausstattung zur Verfügung.

Die Verbesserung der Eigensicherung und die Erhöhung der Handlungs- und Interventionsfähigkeit der Polizeivollzugsbeamtinnen und –beamten (PVB) im Einsatz- und Streifendienst (ESD) sowie in den geschlossenen Einsatzeinheiten stehen bei Beschaffungsüberlegungen im Mittelpunkt. Seit dem Jahr 2013 wurde insbesondere die persönliche Ausstattung einer deutlichen Optimierung und Modernisierung unterzogen.

Die Bereitschaftspolizei des Landes Niedersachsen verfügt insgesamt über fünf Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten (BFE). Diese sind jeweils integraler Bestandteil einer Bereitschaftspolizeihundertschaft (BPH) und disloziert an den Standorten Oldenburg, Hannover (2 BFE'en), Braunschweig und Göttingen untergebracht.

Diese Einheiten sind spezialisiert auf die beweissichere Festnahme von Gewalt- bzw. Straftätern aus gewalttätigen oder gewaltbereiten Menschenmengen heraus oder von gewalttätigen Einzeltätern.

Die Ausstattungen für Angehörige der Bereitschaftspolizei und auch der BFE´en ergibt sich aus der „Ausstattungsnachweisung für die Bereitschaftspolizei des Landes Niedersachsen“ in der aktuellen Fassung. Die Ausstattung erfolgt durch zentrale Beschaffungsmaßnahmen aus Mitteln des Bundes und des Landes Niedersachsen sowie, soweit erforderlich und möglich – aus Mitteln des Bereichsbudgets der Zentralen Polizeidirektion Niedersachsen (ZPD NI), zu der die Bereitschaftspolizei gehört. Sie wird ergänzt durch zugelassene persönliche Ausstattungs- bzw. Ausrüstungsgegenstände, die über die dienstlichen Bekleidungskonten beim Logistikzentrum Niedersachsen (LZN) bezogen werden können.

Führungs- und Einsatzmittel (FEM) bedürfen für den Einsatz bzw. die Verwendung in der Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben durch die Polizei des Landes Niedersachsen einer expliziten Zulassung bzw. sind dafür ausschließlich dienstlich zu beschaffen. Dies gilt insbesondere bei der Anwendung unmittelbaren Zwanges z. B. gegen Sachen.

Die Ausstattung u.a. der BFE´en unterliegt einem stetigen Anpassungsprozess, der sich aus der Gewinnung neuer Erkenntnisse (Gefahrenlage, Störertaktiken, Bewaffnung von Störern etc.), erkannten Gewaltphänomenen und Vorgaben aus Auswertungen und Besprechungen ergibt.

Vorhandene dienstlich ermittelte Bedarfe werden aus den dafür vorgesehenen Mitteln gedeckt. Darüber hinausgehende Bedarfe sind hier wie in der ZPD NI nicht bekannt.

1. Welche Maßnahmen sind geplant oder bereits umgesetzt, um die BFE der Bereitschaftspolizei in Niedersachsen besser mit Schutzwesten und anderer Ausstattung auszurüsten?

Die Angehörigen der BFE‘en sind einheitlich ausgestattet und verfügen neben der in der Polizei Niedersachsen obligatorischen persönlichen ballistischen Unterziehschutzweste der Schutzklasse 1 u. a. über eine persönliche Körperschutzausstattung mit hoher Schutzklasse (KSA schwer, Firma MK Technologie, Einsatzweste, Typ A 19 (029 Schlag-/ Stichschutz gem. TRL 12/59). Diese Körperschutzausstattung mit hoher Schutzklasse ist ausschließlich für die BFE‘en vorgesehen, um das Verletzungsrisiko insbesondere bei beweissicheren Festnahmen von Gewalt- bzw. Straftätern aus gewalttätigen oder gewaltbereiten Menschenmengen heraus zu minimieren.

Zur persönlichen Ausstattung gehören u. a. weiterhin eine Brandschutzhaube, ein Schutzhelm, ein Paar Schlagschutzhandschuhe, ein Einsatzmehrzweckstock und ein Reizstoffsprühgerät. Sie führen aktuell die im Land Niedersachsen beschaffte Pistole „P 2000“ des Herstellers Heckler & Koch.

Weitere Ausrüstungsgegenstände werden in Poolausstattung in den Einheiten vorgehalten. Dazu gehören u.a. die Maschinenpistolen „MP 5“ der Firma Heckler & Koch, größere Reizstoffsprühgeräte, Schutzwesten der Schutzklasse 2, wie auch z. B. Teleskopleitern und Werkzeuge zum Aufbruch von Türen. Die wechselseitige Nutzung der in den Ausstattungspools bereitgestellten Waffen und sonstigen FEM ist systemimmanent und gewollt. Sie ist im Hinblick auf die vorhandene Vorbereitungszeit bei den in aller Regel zu Grunde liegenden planbaren Einsatzlagen unkritisch.

Derzeit werden im Land Niedersachsen u. a. auch für die Bereitschaftspolizei und damit die BFE´en neue Schutzausrüstungen beschafft.

Es handelt sich um Westen mit speziellen Einschubplatten der Schutzklasse 4 (sog. „Plattenträger“), die über der vorhandenen ballistischen Weste der Schutzklasse 1 getragen werden. Es ist geplant, die Angehörigen der BFE´en in „Mannausstattung“ zu versorgen. Zu Beschaffungs-, Auslieferungs- und Verteilungskontingenten sowie den Zeiträumen der Neuausstattung verweise ich auf die Beantwortung der Frage 2.

Im Weiteren ist es nach erfolgtem Vergabeverfahren vorgesehen, landesweit die vorhandenen MP 5 zur Verbesserung der Interventionsfähigkeit mit sogenannten Leuchtpunktvisieren auszurüsten, sowie zusätzlichen Magazinen und Magazinhalteklammern auszustatten.

Zur Entscheidung über die Einführung neuer Ausrüstungsgegenstände wie z. B. ballistischen Schutzhelmen wird im Rahmen von Transparenz und Beteiligung am 26. Oktober 2016 ein weiterer Workshop des Landespolizeipräsidiums mit rund 150 Experten und Anwendern stattfinden. Das Votum der betroffenen Polizistinnen und Polizisten ist bei der Entscheidung über die Einführung neuer FEM ein wesentlicher Aspekt.

2. Wie ist die Verteilung der von der Landesregierung angekündigten zusätzlichen Schutzwesten (Schutzklasse) und Maschinenpistolen über welchen Zeitraum geplant?

Nach aktuellem Stand soll die Auslieferung der „Plattenträger“ ab Mitte Oktober 2016 erfolgen. Eine weitergehende Ausstattung der Polizei Niedersachsen mit zusätzlichen Maschinenpistolen ist derzeit nicht vorgesehen.

3. Welche Einheiten der Polizei in Niedersachsen sind oder werden mit wie vielen sogenannten Sturmgewehren ausgerüstet, um auf Terrorszenarien vorbereitet zu sein?

Für Niedersachsen ist festzustellen, dass es aktuell keine Fähigkeitslücke zwischen den Erstinterventionskräften und den für diese Einsatzlagen ausgerüsteten und trainierten Spezialeinheiten gibt, des Aufbaus sogenannter robuster Einheiten bedarf es nach hiesiger Bewertung nicht.

Die Spezialeinheiten der Polizei Niedersachsen, Mobile Einsatzkommandos (MEK) sowie das Spezialeinsatzkommando (SEK), verfügen u.a. über Gewehre H&K G 36. Die differenzierte Ausstattungsnachweisung der Spezialeinheiten unterliegt aus taktischen Gründen der Verschlusssachenanweisung.

Es ist nicht vorgesehen, für weitere Einsatzbereiche über die Polizeipistole P 2000, künftig die H&K SFP 9, und die MP 5 hinaus andere Waffenarten einzuführen.

Presseinformation

Artikel-Informationen

erstellt am:
16.09.2016
zuletzt aktualisiert am:
28.03.2022

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