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Beantwortung der Mündl. Anfrage der CDU zum „kleinen“ Waffenschein in Niedersachsen

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 16. September 2016; Fragestunde Nr. 13

Das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport antwortet namens der Landesregierung auf die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Angelika Jahns und Editha Lorberg (CDU)

wie folgt:

Vorbemerkung der Abgeordneten

Das Göttinger Tageblatt berichtet in seiner Ausgabe vom 29. August 2016 („Kleiner Waffenschein: Rasanter Anstieg“,) dass die Behörden im Landkreis Göttingen deutlich mehr Lizenzen für Schreckschusspistolen, Reizgas und Signalwaffen erteilten als zuvor. Hätten bis Ende 2015 nur acht Personen aus Duderstadt einen solchen Antrag gestellt, seien inzwischen 36 Personen Inhaber einer solchen Lizenz.

Auch aus anderen Regionen des Landes Niedersachsen wird ein deutlicher Anstieg berichtet. Immer wieder wird dabei auch auf die Vorfälle in Köln in der Silvesternacht als Auslöser Bezug genommen.

1. Wie viele Anträge für „kleine“ Waffenscheine sind in diesem Jahr bislang in Niedersachsen gestellt worden, und liegt hier eine Steigerung gegenüber den Vorjahren vor?

Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Kleinen Waffenscheins sind in §§ 4 Abs. 1, 10 Abs. 4 Satz 4 Waffengesetz (WaffG) in Verbindung mit seiner Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 3 Ziffern 2 und 2.1 geregelt. Danach muss die Antragstellerin oder der Antragsteller volljährig sein und der zuständigen Waffenbehörde gegenüber nachweisen, dass sie oder er die waffenrechtliche Zuverlässigkeit nach § 5 WaffG besitzt und gemäß § 6 WaffG persönlich für den Umgang mit Waffen und Munition geeignet ist. Ein Bedürfnis ist vom Antragsteller gegenüber der zuständigen Waffenbehörde nicht nachzuweisen. Die Prüfung der Waffenbehörden ist nur auf die genannten Versagungsgründe beschränkt. Bei Erfüllung der Voraussetzungen haben die Antragsteller einen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis.

Das Waffenrecht ist Gegenstand der ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes. Insofern obliegt die Entscheidung über eine Anpassung der Anforderungen zum Erwerb des Kleinen Waffenscheins zunächst dem Bundesgesetzgeber.

Die aktuellen Zahlen für die Erteilung eines Kleinen Waffenscheins sind Anlass für die Landesregierung, die weitere Entwicklung, angesichts der Risiken beim Führen bestimmter Waffen kritisch zu beobachten und erforderliche Handlungsbedarfe, nicht zuletzt auch gesetzgeberische Handlungsbedarfe, in der Diskussion mit dem Bundesgesetzgeber und den anderen Ländern zu formulieren.

Darüber hinaus sollen die Waffenbehörden in Niedersachsen gebeten werden, die Antragsteller auf mögliche Risiken, die im Zusammenhang mit dem Führen von Waffen oder Abwehrgeräten entstehen können, hinzuweisen. Dies insbesondere vor dem Hintergrund das ein Täter, der sich mit einer Waffe konfrontiert sieht, seine Gewaltbereitschaft bzw. Aggressivität noch weiter steigern könnte.

Erkenntnisse über die Anzahl der bei den unteren Waffenbehörden gestellten Anträge liegen nicht vor. Der Statistik zum Nationalen Waffenregister (NWR) kann aber die Zahl der dort gespeicherten aktuell gültigen Kleinen Waffenscheine entnommen werden.

Der Betrieb des NWR wurde zum 1. Januar 2013 aufgenommen. Die seit Februar 2013 den bezugsberechtigten Behörden vom Bundesverwaltungsamt zur Verfügung gestellte Standardstatistik wurde zum 1. April 2014 optimiert, so dass die Aussagekraft der statistischen Angaben erst seit diesem Zeitpunkt genauer, jedoch aufgrund der andauernden Aktualisierung und Datenbereinigung noch nicht vollständig belastbar ist.

In Niedersachsen wurden nach den Landesmonatsstatistiken des NWR seit Beginn des Jahres bis Ende August 2016 insgesamt 14.168 Erlaubnisse zum Führen von Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen nach Anlage 2 zum Waffengesetz (Kleiner Waffenscheine) erteilt. Das bedeutet gegenüber dem Stand zum Jahresende 2015 bisher einen Anstieg um 53,6 % (Stand 31. August 2016: insgesamt 40.597 Kleine Waffenscheine; Stand 31. Dezember 2015: insgesamt 26.429 Kleine Waffenscheine).

Im Jahr 2014 stieg die Anzahl der erteilten Kleinen Waffenscheine um 6,1 % (insgesamt 1.398 Kleine Waffenscheine) und im Jahr 2015 um 9,3% (insgesamt 2.251 Kleine Waffenscheine) an.

2. Welche Erklärungen für einen Anstieg der Antragszahl für den „kleinen Waffenschein“ sieht die Landesregierung?

Der Landesregierung liegen keine gesicherten Erkenntnisse vor, die den Anstieg der Antragszahlen für den Kleinen Waffenschein erklären.

3. Wie bewertet die Landesregierung die steigende Anzahl von Anträgen?

Das Landeskriminalamt Niedersachsen führt seit 2013 alle zwei Jahre eine Dunkelfeldbefragung durch, bei der 40.000 Einwohnerinnen und Einwohner Niedersachsens ab 16 Jahren u.a. zu ihrem Sicherheitsempfinden befragt werden. Die repräsentativen Ergebnisse aus 2015 belegen, dass sich die Bürgerinnen und Bürger in Niedersachsen grundsätzlich sicher fühlen:

- 85% der Befragten geben ein eher hohes raumbezogenes Sicherheitsgefühl an.

- 86% der niedersächsischen Bevölkerung schätzt das persönliche Risiko, in den nächsten 12 Monaten Opfer einer Straftat zu werden, eher gering oder gering ein.

Die Furcht der Menschen in Niedersachsen vor Kriminalität ist insgesamt gering und hat sich seit der ersten Befragungswelle aus 2013 noch verringert. Dies gilt für alle gemessenen Dimensionen – die Befürchtung, Opfer einer Straftat zu werden, die konkrete Wahrscheinlichkeitseinschätzung einer eigenen Opferwerdung sowie die raumbezogene Kriminalitätsfurcht.

Unabhängig von diesen Ergebnissen beobachtet die Landesregierung den zuletzt feststellbaren Anstieg der Antragszahlen für den „Kleinen Waffenschein“ sehr aufmerksam.

Sollten sich im Zusammenhang mit dem sog. Kleinen Waffenschein bedenkliche Fehlentwicklungen (z. B. Fälle von Missbrauch oder Notwehrüberschreitung) ergeben, könnte sich für den für das Waffenrecht zuständigen Bundesgesetzgeber insoweit ein Handlungsbedarf ergeben.

Presseinformation

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erstellt am:
16.09.2016

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