Nds. Ministerium für Inneres und Sport Niedersachsen klar Logo

Beantwortung der Mündl. Anfrage der CDU zu Lehrte

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 3. März 2017; Fragestunde Nr. 3

Das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport antwortet namens der Landesregierung auf die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Hans-Joachim Deneke-Jöhrens und Rainer Fredermann (CDU) wie folgt:

Vorbemerkung der Abgeordneten

Die Hannoversche Allgemeine Zeitung (HAZ) berichtete am 20. Februar 2017 erneut über die Abschiebung einer syrischen Mutter und drei ihrer Kinder nach Bulgarien. Die HAZ stellte in einer Chronologie den Ablauf des Asylverfahrens und der Abschiebung dar. Im Juli 2016 soll die gesamte Familie bereits auf dem Frankfurter Flughafen in einem Flugzeug auf ihre Ab-schiebung gewartet haben. Die Bremer Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) soll dann in letzter Sekunde ihre Meinung geändert und die Abschiebe-androhung aufgehoben haben. Eltern und Kinder dürften danach bleiben. Laut HAZ hätten Innenminister Pistorius und Regionspräsident Jagau hiergegen in Briefen an das Bundesamt protestiert.

Weiterhin schrieb die HAZ, dass im Oktober 2016 der Einwand Erfolg gehabt hätte. Die Familie müsse demnach das Land verlassen.

Im Dezember 2016 habe dann die Härtefallkommission des Landes abgelehnt, sich mit dem Fall zu befassen.

Am 3. Februar 2017 sei dann ein Teil der Familie nach Bulgarien abgeschoben worden, weil die Familie dort bereits Asyl erhalten hätte. Laut HAZ soll es unterschiedliche Entscheidungen von Gerichten zur Rechtmäßigkeit der Abschiebung der Familie geben. Der Flüchtlingsrat kritisiere die Abschiebung. Die Region Hannover sehe gegenwärtig laut HAZ kein Bleiberecht der Familie.

Vorbemerkung der Landesregierung

Es handelt sich bei der Familie um Personen mit ungeklärter Staatsangehörigkeit, die nach eigenen Angaben aus Syrien kommen. Dokumente zum Nachweis von Identität und Staatsangehörigkeit sind bislang nicht vorgelegt worden. Die Familie hat in Bulgarien bereits asylrechtlichen Schutz erhalten. Die zuständige Außenstelle des BAMF für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in Braunschweig hatte daher den Asylantrag der Familie als unzulässig abgelehnt. Ein erster Abschiebungsversuch scheiterte aufgrund massiver Widerstandshandlungen. Der zweite Versuch musste während der laufenden Maßnahme abgebrochen werden, da die Außenstelle des BAMF in Bremen dem Wiederaufgreifensantrag des Prozessbevollmächtigten der Familie entsprochen und ein Abschiebungsverbot für Bulgarien erlassen hatte. Diese Vorgehensweise bot Anlass für den Regionspräsidenten und den Innenminister, den Präsidenten des BAMF um Klärung der Verfahrensabläufe zu bitten.

Der begünstigende Bescheid der unzuständigen Außenstelle des BAMF in Bremen wurde in der Folge vom BAMF wieder aufgehoben.

Gegen den Aufhebungsbescheid wurde ein Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt, der vom Verwaltungsgericht Hannover zurückgewiesen wurde. In der Begründung stellte das Verwaltungsgericht Hannover fest, dass die Rücknahme des Bescheides rechtmäßig erfolgt und die ursprüngliche Abschiebungsandrohung vom 28. Oktober 2015 dadurch wiederaufgelebt sei. Die Region hat daraufhin die Abschiebung der Familie eingeleitet und unter Beachtung der Regelungen des Rückführungserlasses entschieden, dass wegen der Abwesenheit des Sohnes die Familie kurzzeitig getrennt wird und der Vater mit einem minderjährigen Sohn zurückbleibt.

Nach vollzogener Abschiebung hat das Verwaltungsgericht Hannover dann im Hauptsacheverfahren hinsichtlich der Abschiebeanordnung anders entschieden als im einstweiligen Rechtsschutzverfahren. Nach den Feststellungen des Gerichts sei die Abschiebung insoweit rechtswidrig gewesen, da zunächst eine neue Abschiebungsandrohung hätte erlassen werden müssen. Für die Zukunft würde auf der Grundlage einer neuen Abschiebungsandrohung einer Rückführung nach Bulgarien allerdings kein Abschiebungsverbot entgegenstehen. Aktuell hat der Prozessbevollmächtigte der Familie die Zulassung der Berufung gegen diese erstinstanzliche Entscheidung beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht beantragt.

1. Hat die Familie nach Ansicht der Landesregierung ein Bleiberecht in Deutschland?

Die Entscheidung über die Erteilung von Aufenthaltsrechten für Deutschland wird auf Grundlage des geltenden Rechts von den jeweils zuständigen Behörden getroffen. Nach dem Kenntnisstand der Landesregierung liegen bislang die Voraussetzungen für ein Bleiberecht der Familie nicht vor. Gegenstand der laufenden gerichtlichen Überprüfung ist allerdings, ob im Einzelfall ein Abschiebungsverbot nach Bulgarien vorliegt.

2. Was waren Ziel und Inhalt der Briefe des Innenministers und des Regionspräsidenten an das BAMF?

Da eine unzuständige und bislang mit dem Vorgang nicht betraute Außenstelle des BAMF die Entscheidung der zuständigen Außenstelle in einem laufenden Rückführungsverfahren aufgehoben hat, hat Herr Minister Pistorius sich an den Präsidenten des BAMF gewandt, um auf die mangelhaften Verfahrensabläufe aufmerksam zu machen. Inhaltlich hat sich der Minister nicht zu dem Einzelvorgang geäußert, sondern nur um Klärung der Verfahrensfragen gebeten. Der Innenminister hat sich in diesem konkreten Fall nicht über eine Schutzgewährung beschwert. Nach Kenntnis der Landesregierung hatte der Brief des Regionspräsidenten eine entsprechende Zielrichtung.

3. Gab es inzwischen Versuche, auch die verbliebenen Familienangehörigen nach Bulgarien zurückzuführen? Wenn nein, warum nicht?

Die Region Hannover hat den Vater der Familie und seinen Sohn zur Ausreise aufgefordert und ihnen die Abschiebung angedroht, um – nach Aussage der Region Hannover – die formalen Voraussetzungen für eine Ausreise des Vaters und des Sohnes zu schaffen. Gleichwohl werden weiterhin alle möglichen Verfahrensschritte – Rückführung, Rückholung und freiwillige Ausreise – intensiv geprüft.

Dementsprechend hat die Region Hannover gemäß des humanitären Ansatzes der Landesregierung in der Ausländerpolitik den Vater bei einer persönlichen Vorsprache auch umfänglich über die Vorteile und Möglichkeiten einer freiwilligen Ausreise nach Bulgarien informiert.
Presseinformation

Artikel-Informationen

erstellt am:
03.03.2017

zum Seitenanfang
zur mobilen Ansicht wechseln