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Beantwortung der mdl. Anfrage der CDU zu Fusionsgesprächen

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 16.05.2014; Fragestunde Nr. 38

Innenminister Boris Pistorius beantwortet die mündliche Anfrage der Abgeordneten

Angelika Jahns (CDU).

Die Abgeordnete hatte gefragt:

Der Landkreis Helmstedt und die Stadt Wolfsburg haben 2013 die Fusion ihrer beiden Gebietskörperschaften zu einem neuen Gebietsverband nach dem sogenannten Modell 2 der Gutachter Prof. Dr. Hagebölling und Prof. Dr. Mehde beschlossen. Im Oktober 2013 stellte die Landesregierung fest, die geplante Fusion widerspreche der regionalpolitischen Balance.

In einem Interview der Braunschweiger Zeitung mit dem neuen Landesbeauftragten für die Braunschweiger Region am 28. April 2014 wird festgestellt: „ 2011 wurde er (Wunderling-Weilbier) Landrat des Kreises Helmstedt. Als er erkannte, dass der Kreis überschuldet ist, reifte der Gedanke zur Fusion mit Wolfsburg. Ende 2013 musste er mit Wolfsburgs OB Mohrs die Idee auf Drängen des Landes aufgeben.“

Im Januar 2014 erklärte die Stadt Wolfsburg in einer Pressemitteilung: „die Bildung einer (Teil-) Region aus der Stadt Wolfsburg und dem gesamten Landkreis Helmstedt … soll aber nur akzeptiert werden, wenn damit Eingemeindungen einhergehen.“

Helmstedts aktueller Kreisverwaltungschef berichtet (Helmstedter Sonntag vom 28. April
2014) vom Treffen im April 2014 im Innenministerium in Hannover „es gibt keine neuen Erkenntnisse“. Er hegt Befürchtungen, dass die Fusion nicht in dem zur Verfügung stehenden Zeitraum zu schaffen sei. Nach Ankündigung durch die Landesregierung müssten die Zahlenwerke für die Fusion bis zum Sommer 2014 vorliegen. „Das ist in dem zur Verfügung stehenden Zeitraum einfach nicht mehr realistisch ..., über so wichtige Fragen, wie die, welche gesetzlichen Aufgaben der Gemeindeverband übernehmen und wo die neue Verwaltung ihren Sitz haben soll, sei noch nicht gesprochen worden,“ so der Kreischef im selben Artikel.

Der Bürgermeister der Stadt Helmstedt erklärt nach einem Bericht der Braunschweiger Zeitung vom 28. April 2014, für ihn sei es traurig, dass dieses Possenspiel noch weiter betrieben werde, weil die fusionswilligen Städte und Gemeinden innerhalb des Landkreises in ihrer weiteren Entwicklung blockiert würden. Entscheidungen auf Gemeindeebene würden unter Hinweis auf die Wankelmütigkeit in der Diskussion zur Fusion der Stadt Wolfsburg mit dem gesamten Kreis Helmstedt nicht getroffen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Ist die Fusion der Stadt Wolfsburg mit dem gesamten Landkreis Helmstedt nach dem Modell 2 der Gutachter Prof. Dr. Hagebölling und Prof. Dr. Mehde nach Auffassung der Landesregierung gescheitert?

2. Falls nein, welche Unterlagen müssen nach Auffassung der Landesregierung von der Stadt Wolfsburg und dem Landkreis Helmstedt bis wann vorgelegt und welche rechtlichen Entscheidungen müssen bis dahin getroffen werden, damit diese Fusion bis zur nächsten Kommunalwahl umgesetzt werden kann?

3. Müssen die Zahlenwerke für Zukunftsverträge bis Ende Juli/Anfang August dem Land vorliegen, damit die Kommunen die Millionenzuschüsse zur Entschuldung bekommen, wie vom Helmstedter Kreisverwaltungschef behauptet?

Innenminister Boris Pistorius beantwortete namens der Landesregierung die Anfrage wie folgt:

Seit Mai vergangenen Jahres werden unter Moderation des Niedersächsischen Innenministers intensive politische und fachliche Gespräche zwischen Vertretern der Stadt Wolfsburg, des Landkreises Helmstedt, - und wenig später auch - der Stadt Braunschweig sowie des Landkreises Wolfenbüttel über einen Zusammenschluss der Stadt Wolfsburg mit dem Landkreis Helmstedt und dessen Folgewirkungen geführt. In diesen Gesprächen ging es zunächst um das Modell 1 nach Maßgabe des von den Professoren Hagebölling und Mehde im Auftrag der Stadt Wolfsburg und des Landkreises Helmstedt zuvor „Zu den rechtlichen Aspekten einer Fusion des Landkreises Helmstedt mit der Stadt Wolfsburg …“ erstatteten Gutachtens. Das Modell 1 sieht die Auflösung des Landkreises Helmstedt und die Eingliederung aller Städte und Gemeinden des Landkreises Helmstedt in die kreisfrei bleibende Stadt Wolfsburg vor. Gegen die gesetzgeberische Umsetzung dieses Modells haben die Gutachter erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken vorgebracht. Diese Bedenken werden von der Landesregierung geteilt. Das Modell 1 wird von der Stadt Wolfsburg und dem Landkreis Helmstedt nicht mehr weiter verfolgt.

Weiterer Gesprächs- und Prüfungsgegenstand von Innenministerium und Kommunen war daraufhin das in dem besagten Gutachten der Professoren Hagebölling und Mehde ebenfalls untersuchte Modell 2. Das Modell 2 sieht die Auflösung des Landkreises Helmstedt und die Bildung eines der Region Hannover vergleichbaren neuen Gemeindeverbandes aus allen beteiligten Städten und Gemeinden unter Einschluss der Stadt Wolfsburg (mit Sonderstatus) vor. Einige regionalbedeutsame Aufgaben würden so durch den neuen Gemeindeverband in einheitlicher Verantwortung für die Stadt Wolfsburg und die Städte und Gemeinden des heutigen Landkreises Helmstedt erfüllt werden. Gleichzeitig würde die Stadt Wolfsburg wegen ihrer hohen Einnahmekraft über die Kreis- bzw. Regionsumlage den neuen Gemeindeverband und – zu einem geringeren Teil - auch die anderen kreis- bzw. regionsangehörigen Städte und Gemeinden finanziell stützen können.

Die gesetzgeberische Umsetzung des Modells 2 stößt nach Meinung der Gutachter – diesmal wegen des starken einwohnermäßigen Übergewichts der Stadt Wolfsburg in einem solchen Gemeindeverband – zwar ebenfalls auf verfassungsrechtliche Bedenken. Diese könnten hier allerdings, anders als beim Modell 1, mit Rücksicht auf die sonst kaum zu behebende finanzwirtschaftliche Problemlage des Landkreises Helmstedt überwunden werden. Die Vertreter der Landesregierung haben sich in den Gesprächen mit der Stadt Wolfsburg und dem Landkreis Helmstedt nach eigener Prüfung dieser Bewertung durch die Gutachter angeschlossen. Das im Mittelpunkt der Mündlichen Anfrage stehende Modell 2 ist deshalb aus Sicht der Landesregierung ein gesetzgeberisch grundsätzlich gangbarer Weg für einen Zusammenschluss der Stadt Wolfsburg mit dem Landkreis Helmstedt.

Nach aktuellem Gesprächsstand favorisiert die Stadt Wolfsburg eine Kombination aus den Modellen 1 und 2. So hat der Verwaltungsausschuss der Stadt am 7. März beschlossen, das Gemeindeverbandsmodell (Modell 2) nur zu akzeptieren, wenn es zusätzlich zur Eingliederung angrenzender Gebiete in die Stadt Wolfsburg im Sinne des Modells 1 komme. Dies lässt die Auffassung der Gutachter außer Acht, dass im Modell 2 schon das Übergewicht der bestehenden Stadt Wolfsburg „ein Risiko (darstellt), das sich auch als Hindernis für weitere Fusionen der Stadt Wolfsburg mit angrenzenden Gemeinden erweisen dürfte“ (Gutachten S. 127). Auch das Innenministerium hat daraufhin die Verfassungsrechtslage geprüft und sich im Ergebnis wiederum der diesbezüglichen Bewertung durch die Gutachter grundsätzlich angeschlossen. Die Abwandlung des Gemeindeverbandsmodells (Modell 2) durch gleichzeitige nicht nur unwesentliche Flächenvergrößerungen der Stadt Wolfsburg ist verfassungsrechtlich nicht vertretbar. Darüber hinaus wurde seitens des Innenministeriums speziell auch zu dem Kombinationsmodell darauf hingewiesen, dass Flächenvergrößerungen der Stadt Wolfsburg - anders als die Gemeindeverbandsbildung nach dem Modell 2 - immer auch die Entwicklungsperspektiven benachbarter Kommunen berührten und insofern auch mit diesen zu erörtern seien.

In der bisher letzten Besprechung am 2. April dieses Jahres haben die Beteiligten vereinbart, die Gespräche im Juni fortzusetzen und zu einem Abschluss zu bringen. Mit dem Abschluss der Gespräche wird die insoweit für fusionswillige Städte und Gemeinden im Landkreis Helmstedt zurzeit notgedrungen bestehende Unsicherheit über die künftige Kommunalstruktur in der Landkreisebene und mögliche Eingemeindungen in die Stadt Wolfsburg beseitigt sein.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:

Nein. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen.

Zu 2.:

Die Umsetzung des Modells 2 mit Wirkung vom 1. November 2016 (Beginn der nächsten allgemeinen Kommunalwahlperiode) setzt wegen des wahlrechtlich notwendigen Zeitvorlaufs voraus, dass das erforderliche Gesetzgebungsverfahren in der ersten Jahreshälfte 2015 eingeleitet wird. Zuvor, d. h. also grundsätzlich noch in diesem Jahr, müssten die Vertretungen der Stadt Wolfsburg und des Landkreises Helmstedt entsprechende Fusionsbeschlüsse fassen. Wesentliche weitere Voraussetzungen bestehen aus Sicht der Verfassung für die Fusion selbst nicht. Das gilt insbesondere auch für den Abschluss eines Zukunftsvertrages mit dem Land oder eines Gebietsänderungsvertrages zwischen den beteiligten Kommunen (s. § 26 NKomVG). Letzterer kann – wenn er denn überhaupt gewollt ist - noch bis zum letzten Tag vor dem Wirksamwerden des Zusammenschlusses abgeschlossen werden.

Zu 3.:

Ein Zukunftsvertrag mit dem Land über eine bis zum 31. März 2013 beantragte Entschuldungshilfe muss aus haushaltsrechtlichen Gründen grundsätzlich noch in diesem Jahr abgeschlossen werden. Für die vorgängige Prüfung der hierfür umfänglich einzureichenden Unterlagen und das Entscheidungsverfahren unter Beteiligung der sog. Entschuldungskommission besteht dabei ein Zeitbedarf von zumindest drei bis vier Monaten.

Presseinformation

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erstellt am:
16.05.2014

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