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Einbürgerungsverfahren von Janine Menger-Hamilton

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 30.04.2010; Fragestunde Nr. 47


Innenminister Uwe Schünemann beantwortet die Kleine Anfrage der Abgeordneten Johanne Modder, Klaus-Peter Bachmann, Heiner Bartling, Karl-Heinz Hausmann, Jürgen Krogmann, Sigrid Leuschner, Jutta Rübke und Ulrich Watermann (SPD); Es gilt das gesprochene Wort!

Die Abgeordneten hatten gefragt:

Thema einer angeregten Debatte im Plenum des Niedersächsischen Landtages war am 17. März 2010 die bis zu diesem Zeitpunkt nicht erfolgte Einbürgerung von Frau Janine Menger-Hamilton, Mitglied der Partei DIE LINKE, die einen entsprechenden Antrag Jahre zuvor gestellt hatte. Innenminister Schünemann sagte in der benannten Plenardebatte, er habe im Jahr 2003 entschieden, dass der Verfassungsschutz die Partei DIE LINKE beobachte. Anzumerken ist an dieser Stelle, dass die Partei DIE LINKE zu diesem Zeitpunkt noch nicht existierte, der Herr Minister meint womöglich eine Vorgängerorganisation. Der Verfassungsschutz hatte der zuständigen Einbürgerungsbehörde, der Region Hannover, im laufenden Verfahren daher wiederholt neue, aus seiner Sicht verfahrensrelevante Erkenntnisse zukommen lassen, die sich allgemein aus der Beobachtung der Partei ergaben oder die Wahrnehmung bestimmter Ämter durch Frau Menger-Hamilton betrafen. Eine Weisung gegenüber der Region Hannover hat das Innenministerium nach Ansicht von Herrn Schünemann in diesem Zusammenhang nicht erteilt.

Vor dem Hintergrund, dass die Partei DIE LINKE weiterhin durch den niedersächsischen Verfassungsschutz beobachtet wird und dieser auch in anderen Einbürgerungsverfahren wie vorgestellt verfahren dürfte, fragen wir die Landesregierung:

  1. In wie vielen aktuellen Verfahren zur Erlangung der deutschen Staatsbürgerschaft unterrichtet der niedersächsische Verfassungsschutz derzeit die Einbürgerungsbehörden über Erkenntnisse hinsichtlich der Partei DIE LINKE und in derem Umfeld befindliche oder ihr nahestehende Organisationen wie Stiftungen und Jugendverbände?
  2. In wie vielen dieser Verfahren bestehen konkrete Anhaltspunkte oder sogar darüber hinausgehende Erkenntnisse zu verfassungsfeindlichen Aktivitäten der betreffenden Personen über die bloße Mitgliedschaft oder Inhaberschaft eines Amtes in einer der in Frage 1 benannten Organisationen hinaus, und, wenn dieses der Fall ist, in wie vielen dieser Fälle stehen die betreffenden Handlungen unter Strafe?
  3. Betrachtet die Landesregierung bereits die Mitgliedschaft in einer der in Frage 1 benannten Organisationen oder die Inhaberschaft eines Amtes in einer solchen als hinreichenden Grund, eine Einbürgerung zu versagen, und, wenn dieses nicht der Fall ist, empfiehlt die Landesregierung den zuständigen Behörden in diesen Konstellationen die Einbürgerung, oder wird darüber hinaus im Wege der Fachaufsicht auf die Einbürgerungsbehörden einwirken, um dieser Rechtsauffassung zur Geltung zu verhelfen und, wenn nicht, warum nicht?

Innenminister Uwe Schünemann beantwortete namens der Landesregierung die Kleine Anfrage wie folgt:

Nach § 11 Satz 1 Nr. 1 des Staatsangehörigkeitsgesetzes (StAG) ist die Einbürgerung ausgeschlossen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind.

Die Einbürgerungsbehörde ist gemäß § 37 Abs. 2 S. 1 StAG verpflichtet, den Verfassungsschutz zu beteiligen. Eine Mitteilung über tatsächliche Anhaltspunkte im Sinne des StAG erfolgt seitens des Niedersächsischen Verfassungsschutzes aufgrund einer Regelanfrage durch die Einbürgerungsbehörden. Gemäß § 32 Abs. 1 S. 2 StAG besteht eine Pflicht für den Verfassungsschutz, Erkenntnisse von Amts wegen an die Einbürgerungsbehörde zu übermitteln.

Zur Ermittlung von Ausschlussgründen nach § 11 StAG übersenden die Einbürgerungsbehörden den Verfassungsschutzbehörden gemäß § 37 Abs. 2 StAG die bei ihnen gespeicherten personenbezogenen Daten der Antragsteller, die das 16. Lebensjahr vollendet haben. Die Verfassungsschutzbehörden unterrichten die anfragende Stelle unverzüglich nach Maßgabe der insoweit bestehenden besonderen gesetzlichen Verwendungsregelungen.

Im Jahr 2009 hat die Niedersächsische Verfassungsschutzbehörde gemäß § 37 Abs. 2 StAG zu 10164 Einbürgerungsanträgen im Rahmen einer Regelanfrage von den Einbürgerungsbehörden mitgewirkt, wobei in weniger als 1% der Anfragen sicherheitsrelevante Erkenntnisse übermittelt wurden.

Bei der Mitwirkung wird geprüft, ob der Niedersächsischen Verfassungsschutzbehörde Erkenntnisse vorliegen, dass der Einbürgerungsbewerber Bestrebungen verfolgt, oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind. Erhebt der Verfassungsschutz Bedenken, so teilt er dies der Einbürgerungsbehörde mit und übermittelt dabei die den Bedenken zugrunde liegenden Sachverhalte und fachlichen Bewertungen; anderenfalls wird das Formblatt an die Einbürgerungsbehörde zurückgesandt mit der Stellungnahme, dass keine Bedenken geltend gemacht werden.

Die Einbürgerungsbehörde bewertet und entscheidet in eigener Zuständigkeit, ob aufgrund der Stellungnahme des Verfassungsschutzes ein gesetzlicher Ausschlussgrund nach § 11 StAG vorliegt und dies zu einer Versagung der Einbürgerung führt. Vor einer Versagung ist der oder die Betroffene anzuhören.

Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1. und 2.:

Die Niedersächsische Verfassungsschutzbehörde unterrichtet die zuständigen Einbürgerungsbehörden zurzeit in keinem aktuellen Einbürgerungsverfahren über Erkenntnisse hinsichtlich der Partei DIE LINKE. oder in deren Umfeld befindliche oder ihr nahestehende Organisationen wie Stiftungen und Jugendverbände.

Zu 3.:

Auf die Vorbemerkungen wird verwiesen.

Da die nach § 11 StAG erforderlichen "tatsächlichen Anhaltspunkte" in Bezug auf die Person des Einbürgerungsbewerbers vorliegen müssen, ergibt sich aus einer bestehenden Mitgliedschaft in einer Partei oder Organisation, die als Ganzes oder in Teilen Bestrebungen gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung verfolgt, nicht zwangsläufig ein Versagungsgrund im Sinne des § 11 StAG. Bei der Einbürgerung eines Ausländers bedarf es vielmehr einer Prüfung im Einzelfall, ob eine subjektive Zurechenbarkeit gegeben ist und der Betroffene selbst entsprechende Bestrebungen verfolgt oder unterstützt. Im Einzelfall kann ein bestimmtes Amt, eine anderweitige Tätigkeit des Einbürgerungsbewerbers in einer bestimmten Organisation oder, je nach Intensität der von der jeweiligen Organisation oder ihren Teilen verfolgten Bestrebungen, auch die bloße Zugehörigkeit von solchem Gewicht sein, dass die Zweifel an der Organisation zugleich auch solche an der Person begründen.

Zur Bearbeitung von Einbürgerungsanträgen sind von den zuständigen Behörden Regelanfragen an das Bundeszentralregister, die Polizei und an die Verfassungsschutzbehörde sowie auf den konkreten Einzelfall bezogene weitere Anfragen z.B. an die Meldebehörde, das Sozialamt etc. zu richten. Die Bewertung der abgegebenen Stellungnahmen obliegt den Einbürgerungsbehörden in eigener Zuständigkeit.

Die Rechtslage ist unstreitig und den Einbürgerungsbehörden bekannt. Die Ausführung des Staatsangehörigkeitsgesetzes ist in den Niedersächsischen Durchführungsbestimmungen zum Staatsangehörigkeitsrecht geregelt. Ferner finden regelmäßige Dienstbesprechungen des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport mit den Einbürgerungsbehörden statt. Ein darüber hinaus gehender Bedarf, auf die Einbürgerungsbehörden einzuwirken, besteht derzeit nicht.

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
30.04.2010
zuletzt aktualisiert am:
20.05.2010

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