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Informationsfreiheitsgesetz

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 27.05.04; TOP 24 Rede von Innenminister Uwe Schünemann zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen


Anrede,

die Forderung nach einem Informationsfreiheits- oder genauer Informationszugangsgesetz ist in der Vergangenheit - auf Antrag der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen - mehrfach erörtert worden. Ein nahezu inhaltsgleicher Entschließungsantrag wurde vom Landtag bereits in der letzten Legislaturperiode nach Durchführung einer Sachverständigenanhörung abgelehnt. Die Forderung taucht zudem regelmäßig in den Berichten des Datenschutzbeauftragten auf. Die Landesregierung hat hierzu ausführlich Stellung genommen.

Das Ergebnis der Erörterungen war eindeutig: Es gibt keinen Bedarf für ein solches Gesetz. Für die Bürgerinnen und Bürger ist damit kein wirklicher zusätzlicher Nutzen verbunden. In der Landesverwaltung und bei den Kommunen entstehen erheblicher Mehraufwand und weitere Kosten. Es ist daher kein Zufall, dass die meisten Bundesländer und der Bund kein Informationszugangsgesetz haben.

Die auch aus Sicht der Landesregierung notwendige Transparenz der öffentlichen Verwaltung wird bereits nach geltendem Recht durch vielfältige Akteneinsichts-, Auskunfts-, Beteiligungsrechte und Veröffentlichungspflichten gewährleistet. Jede Person hat weitgehende Informationsrechte zu den bei öffentlichen Stellen über sie gespeicherten personenbezogenen Daten.

Ein Informationszugangsgesetz soll quasi voraussetzungslos einen um-fassenden Anspruch auf Auskunft und Einsicht in Verwaltungsunterlagen geben. Welchen Sinn haben Informationsansprüche, die ohne Angabe eines Verwendungszwecks, ohne rechtliches oder berechtigtes Interesse geltend gemacht werden ? Ich erinnere daran, dass in den wenigen Bundesländern, die ein Informationszugangsgesetz erlassen haben, die Scientology-Organisation zu den ersten Antragstellern gehörte. Oder in einem anderen Fall ein Pensionär, der im Wochenrhythmus bei seiner Gemeinde Akteneinsicht begehrte.

Einem allgemeinen Informationszugangsrecht gehen bundesrechtliche und spezielle landesgesetzliche Regelungen wie zum Beispiel bereichsspezifische Geheimhaltungsvorschriften vor. Es kann nicht schrankenlos gewährt werden. Rechte Dritter wie der Schutz personenbezogener Daten und von Berufs-, Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen - übrigens in besonderer Weise bei Ausschreibungen - sowie das Urheberrecht sind zu beachten. Die Informationsmöglichkeiten des Einzelnen werden daher im Ergebnis durch ein Informationszugangsgesetz nicht nachhaltig verbessert.

Dem steht ein erheblicher zusätzlicher Verwaltungsaufwand gegenüber. Die Anträge müssen bearbeitet, die Antragsteller beraten werden. Die vielfältigen Ausnahmetatbestände und insbesondere die zu beachtenden Rechte Dritter erhöhen den Aufwand.

Damit die Höhe der Gebühren keine Abschreckungswirkung entfaltet, sollen nur der Material- und nicht der Arbeitsaufwand erstattet werden können. Dadurch entstehen erhebliche Mehrkosten bei der Landesverwaltung und vor allem bei den hauptsächlich betroffenen Kommunen. In der Sachverständigenanhörung wurde der mit einem Informationszugangsgesetz verbundene erhöhte Personalaufwand insbesondere von den kommunalen Spitzenverbänden und der Vereinigung der Industrie- und Handelskammern vorgetragen.

Die Landesregierung will den Personalbedarf für Verwaltungsaufgaben begrenzen und nicht erhöhen. Wir wollen deregulieren und nicht zur Führung von Aktenverzeichnissen und neuen Statistiken verpflichten. Genehmigungsverfahren sollen beschleunigt und nicht durch aufwändige Auskunftsansprüche völlig Unbeteiligter verzögert werden.

Interessant fand ich den Hinweis in der Begründung des Entschließungsantrages, dass der Bürger "als Steuerzahler" das Recht auf ein Informationszugangsgesetz habe. Nach meiner Auffassung haben die Steuerzahler ein Recht darauf, von Gesetzen verschont zu bleiben, die ihnen keinen wirklichen Nutzen bringen, jedoch die Kosten der Verwaltung bei Land und Kommunen erhöhen.

Meine Damen und Herren,

im Interesse der Bürgerinnen und Bürger wird die Landesregierung stattdessen ihre Internetinformationen und vor allem das e-Government fortentwickeln. Informationsangebote müssen sinnvoll gestaltet werden und nutzbar sein. Denn es gibt im Internetzeitalter tendenziell nicht zuwenig, sondern zu viele Informationen. Überinformation bedeutet aber Desinformation.

Vielen Dank.

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